Essen.. Derzeit wird geprüft, ob die RAG, das Land NRW oder womöglich ein Dritter für die Sanierungskosten des Schachts unter der A40 aufkommen muss. Und ob das „Allgemeine Preußische Landrecht“ von 1794 noch greift, das zur Zeit der Aufgabe des Schachts noch gegolten hat.

Er liegt zwar in ihrem Grubenfeld, doch ist es überhaupt ihr Schacht? „Das müssen wir erst noch klären“, sagt Christof Beike, Pressesprecher der RAG, über das Ärgernis zahlreicher Berufspendler im Revier – der marode Bergbauschacht unter der A 40. Im Zwei-Schicht-Betrieb wird er weiterhin mit Spezialbeton verpresst.

Wie lange die Arbeiten noch andauern, „können wir derzeit aber noch nicht präzise sagen“, sagt Andreas Roth vom Landesbetrieb Straßen.NRW. „Wir mussten ja schnell reagieren, da hatten wir keine Zeit für aufwändiges Planen.“ Dass die Arbeiten dieses Wochenende beendet werden, „hoffe ich sehr, kann es aber nicht versprechen“, so Roth.

Zusammengerechnet wird erst, wenn alles fertig ist

Und auch was die Höhe der Kosten angeht, die fürs aufwändige Sanieren anfallen, zeigt sich der Landesbetrieb zurückhaltend. „Spekulieren möchten wir nicht. Erst wenn alles fertig ist, rechnen wir zusammen und können eine genaue Summe nennen“, sagt Roth. Und auch bei der Frage, wer denn nun die Zeche zahlt, gibt es vorerst keine Antwort: Ist es die RAG, das Land NRW oder vielleicht ein bisher unbekannter Dritter? „Hier ist im Detail noch einiges klärungsbedürftig“, heißt es seitens der RAG Aktiengesellschaft. Die Prüfung der rechtlichen Situati­on sei bereits eingeleitet.

Und die Juristen haben reichlich zu tun, müssen sich ins Allgemeine Preußische Landrecht einarbeiten, das zur Zeit der Aufgabe des Schachts noch gegolten hat. Das lassen Karten von 1847 vermuten, auf dem er eingetragen ist. Das damalige Recht sah vor, „dass nach ordnungsgemäßer Verschließung die Verantwortung vom Schachtbetreiber auf denjenigen übergeht, der den Schacht überbaut“, sagt Beike. Wer den Bergbauschacht damals überbaut hat, wird nun in Erfahrung gebracht.

"Wir kontrollieren alle Tagesöffnungen"

Dass eine „akute Tagesbruchgefahr“ bestand, auf die womöglich nicht rechtzeitig reagiert worden sei, wie es Straßen-NRW-Projektleiter Frank Theißing gegenüber der NRZ äußerte, sieht die RAG anders.

In NRW geht man von 50.000 Tagesöffnungen aus dem Altbergbau aus, davon 4.000 im Zuständigkeitsbereich der RAG. „Wir kontrollieren alle Tagesöffnungen, bewerten sie in ihrem Gefährdungspotenzial und sanieren sie bei Bedarf - jedes Jahr rund 30“, so Beike. Die Erkundung von Schächten mit dem an der A40 gewählten Drehspülbohrungs-Verfahren habe zwangsweise zu einer erheblichen Wasserzufuhr geführt. Beike: „Dadurch wird der Gleichgewichtszustand im Schacht gestört. Hinzu kommt die Möglichkeit, dass das Wasser Stoffe aus der Umgebung ausschwemmt. Dies kann dann zu einer Tagesbruchgefährdung führen.“ Auch wenn die rechtliche Situati­on noch nicht geklärt ist, „haben wir allein als Vorsichtsmaßnahme den Schacht dort mit kontrolliert“, so der RAG-Sprecher. Einmal im Jahr, zuletzt Ende 2013 sei der Bereich, in dem der alte Schacht vermutet wurde, oberflächlich auf Veränderungen des Erdreichs kontrolliert worden. Dabei habe die RAG keine Veränderungen festgestellt. Bohrungen seien jedoch nicht vorgenommen worden.

Rechtliche Grundlagen gehen auf 1794 zurück

Das „Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten“ (ALR) war eines der modernsten Gesetzeswerke auf europäischem Boden. Es trat am 1. Juni 1794 in Kraft und umfasste 19.000 Paragrafen. In ihm war das Bergrecht geregelt. Maßgeblich federführend an diesem juristischen Standardwerk war der Oberjustizrat Carl Gottlieb Svarez.

Ersetzt wurde das ALR in Bergrechtsfragen vom „Allgemeinen Berggesetzes für die Preußischen Staaten“ vom 24. Juni 1865, das als Landesrecht noch heute gilt. Nach Paragraf 148 dieses Gesetzes muss der Bergwerksbesitzer für alle Schäden aufkommen, die der Bergbau hervorruft. Aus diesem Grund übernimmt etwa die RAG-Stiftung ab 2019 die so genannten „Ewigkeitsaufgaben“ des auslaufenden deutschen Steinkohlenbergbaus.