Essen.. Dauerstau auf der Autobahn, Verkehrschaos in der City: Der Leiter des Essener Verkehrsamtes kritisiert, dass Straßen NRW nicht eine der drei Spuren auf der A40 für den Verkehr freigibt. Kaum zu glauben: Unbekannte Autofahrer räumten Sperren beiseite und fuhren über die gesperrte Autobahn.
Müssen die Autobahnen A 40 und A 52 in Fahrtrichtung Bochum wirklich voll gesperrt werden, um den alten Bergbauschacht zu verfüllen? Dieter Schmitz, Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr, schüttelt den Kopf. „Wenigstens eine der drei Spuren hätte man frei halten können, damit der Verkehr fließt“, sagt der Verkehrsexperte im Essener Rathaus.
Er weist darauf hin, dass auch die Evag-Busse weiterhin über die Busspur in der Mitte des Ruhrschnellwegs zwischen Zentrum und Kray hin- und herpendeln. Außerdem sei die Autobahn im Bereich des „Problemschachtes“ in den zurückliegenden Jahrzehnten erheblich belastet worden. „Deshalb ist für mich schwer nachvollziehbar, dass die linke Spur nicht frei bleiben kann“, findet Schmitz.
Stau am Donnerstag: „An vielen Stellen in der Stadt sah’s schlimm aus.“
Ein Einwand von höchst offizieller Seite, den insbesondere staugeplagte Autofahrer im Ruhrgebiet mit viel Beifall quittieren dürften. Ein Einwand, den die Verantwortlichen von „Straßen NRW“ und „Deutscher Montan Technologie“ (DMT) hingegen höchst irritiert von sich weisen. „Sackt der Schacht im schlimmsten Fall in sich zusammen, entstünde an der Oberfläche ein Tagesbruch, der alle drei Spuren auf der A 40 erfassen würden“, kontert Jörg Mittrach, der DMT-Sachverständige für Altbergbau.
Auch Projektleiter Frank Theißing von „Straßen NRW“ hält eine Teilsperrung für viel zu gefährlich: „Eine Spur freizuhalten, ist daher völlig ausgeschlossen.“ Die Evag-Busse, betonen die Experten, dürften aus gutem Grunde fahren, denn die Spur liege exakt außerhalb des Gefährdungsbereiches. Der rechteckige Problemschacht (2,40 Meter lang und wohl 1,80 Meter breit) liegt genau unterhalb der Mittelspur. Theißing: „Leider die ungünstigste Stelle, deshalb auch die komplette Sperrung.“
Zwei Jahre nach der spektakulären Vollsperrung der A40 trifft die Baustelle am morschen Bergbauschacht abermals die Schlagader des Ruhrgebiets. Wann der Verkehr wieder normal über die A 40 und A 52 rollen wird, bleibt vorerst ungewiss.
Gute Erfahrungen bei A40-Sperrung 2012 halfen in der City nicht
Offenbar haben die guten Erfahrungen mit der 2012er-Vollsperrung viele Auto- und Lkw-Fahrer am Gründonnerstag dazu verleitet, den Weg durch den engen Flaschenhals am Dreieck Essen-Ost zu riskieren. „Ein Fehler“, findet Dieter Schmitz, „denn anstatt die Baustelle weiträumig zu umgehen, sind viele direkt reingefahren.“ Die Folge: „An vielen Stellen in der Stadt sah’s schlimm aus.“ Auffällig viele Lastwagen, besonders solche mit ausländischen Kennzeichen, seien in die Staufalle getappt.
Zu einer dieser „schlimmen“ Staustellen zählte auch der A 40-Tunnel. Weil die Kohlenstoff-Dioxid-Belastung am Donnerstagmorgen dramatisch angestiegen war, musste die Unterführung vorübergehend in beide Richtungen gesperrt werden. Die Folge: Auch der von Bochum kommende Verkehr staute sich nun kilometerlang. Die Konsequenz: Im Tunnel ist der Verkehr seit Freitagmorgen auf eine Spur verengt. Ungläubiges Staunen und Entsetzen löste bei den Verantwortlichen ein Vorfall aus, der sich nur wenige Stunden nach der Vollsperrung ereignete: Unbekannte Autofahrer hatten kurzerhand die Absperrbaken beiseite geräumt, um die A 40 in Richtung Bochum zu befahren. „Unfassbar“, findet Theißing, „wer so etwas tut, gefährdet das Leben der Bauarbeiter.“
An der Baustelle selbst laufen die Arbeiten unterdessen auf Hochtouren. „Es wird keinen Leerlauf geben“, betont DMT-Experte Jörg Mittrach. Die Schräg-Erkundungsbohrungen auf der Huckarder Straße sind am Donnerstag im Zwei-Schicht-Betrieb fortgesetzt worden. Ein grünes Silo für die Verfüll-Baustoffe wurde aufgestellt, ebenso die Verfüllanlage, die Verpressanlage und eine große Arbeitsbühne (4 m x 14 m).
Risse in Gebäuden an der A40 doch durch den Problemschacht?
Um herauszufinden, ob es in dem offenbar 56 Meter tiefen und mit so genannten „Lockermassen“ gefüllten Schacht tatsächlich gefährliche Hohlräume gibt, sind nun senkrechte Erkundungsbohrungen vonnöten. Erst danach kann mit einem speziellen Zementgemisch verfüllt werden.
Die Anwohner auf der Huckarder Straße verfolgen das A 40-Spektakel, das jetzt täglich Fernsehteams in ihr Quartier lockt, mit großem Interesse. Und überwiegend mit Verständnis. „Wenn das Bohrgerät morgens um sechs angeht, wird’s eben ein bisschen lauter“, sagen Marion und Marek Kostorz. Zur Autobahn hin hat ihr renoviertes Eigenheim schallisolierte Fenster und auf der Rückseite genießen sie ihren schmucken Garten.
Nachdenklich stimmen sie neuerdings allerdings die Risse in ihrer Garage. „Bis jetzt waren wir sicher, dass sie von den ständigen Erschütterungen auf der A 40 kommen“, sagt Marion Kostorz. Doch neuerdings haben sie einen neuen Verdacht: „Liegt’s womöglich am alten Schacht?“