Essen-Karnap. Auf dem Karnaper Friedhof sind schon seit Monaten Metalldiebe unterwegs. Als Betroffene erzählt Doris Weißmüller-Brune von ihrer Wut und Trauer.
Am Grab ihrer Eltern auf dem städtischen Friedhof in Karnap traute Doris Weißmüller-Brune vor einigen Tagen ihren Augen kaum. Der große Grabstein war plötzlich leer. „Die Buchstaben sind verschwunden“, beklagt die 71-Jährige. Auch Tage später kämpft sie noch mit den Tränen, als sie davon berichtet – vor lauter Wut, Trauer und Fassungslosigkeit darüber, dass ausgerechnet ein Friedhof zum Ziel von Dieben wird.
Das Grab der Familie ist gepflegt, eine Kerze brennt und hinter rosafarbenen Blüten stützt sich eine kleine Engelsfigur auf einen Stein. Wessen hier gedacht wird, ist für Außenstehende jetzt nicht mehr erkenntlich. Der Grabstein steht kahl da, nur schemenhaft ist zu erkennen, wo bis vor Kurzem noch die Buchstaben angebracht waren. Für Weißmüller-Brune ist der Anblick nur schwer zu ertragen: „Ich bin sehr traurig, aber auch äußerst wütend.“ Den Schaden schätzt sie auf mehrere hundert Euro. Noch größer als der finanzielle Schaden aber sei die emotionale Belastung.
Auf dem Friedhof in Essen-Karnap gibt es zahlreiche Fälle von Diebstahl
Schon mehrfach war ihre Familie in diesem Jahr Opfer von Vandalismus und Diebstählen auf dem städtischen Friedhof in Karnap. „Uns sind in den letzten Monaten schon zwei Grablampen gestohlen worden“, sagt Weißmüller-Brune. Und damit ist sie längst nicht die einzige. „In der letzten Zeit kommt es verstärkt zu Vandalismus und Diebstählen auf dem städtischen Friedhof in Karnap und dem städtischen Nordfriedhof“, bestätigt Christina Waimann, Pressesprecherin von Grün und Gruga, auf Nachfrage. Mehrfach seien bereits Gegenstände von Gräbern gestohlen worden.
Mit den Betroffenen stehe man im Austausch, erklärt Grün und Gruga. Wichtig sei jedoch auch eine strafrechtliche Verfolgung. „Die betroffenen Angehörigen werden gebeten, jeden Diebstahl bei der Polizei zur Anzeige zu bringen“, sagt Waimann. Darum bitten auch kirchliche Friedhofsverwaltungen, so etwa in Frohnhausen und Altendorf, wo es zuletzt ebenfalls viele Diebstählen gab. In Altendorf waren laut Friedhofsverwaltung binnen kurzer Zeit mehr als 100 Gräber betroffen.
Diebe versuchen ihre Beute aus Metall zu verkaufen
„Grundsätzlich kann man sagen, dass wir im gesamten Essener Stadtgebiet einen Anstieg in diesem Deliktbereich verzeichnen können“, teilt Sylvia Czapiewski, Pressesprecherin der Essener Polizei, mit. Einen besonders starken Anstieg in einem bestimmten Stadtteil verzeichne die Polizei nicht – um einen solchen überhaupt öffentlich werden zu lassen, sind aus Sicht der Friedhofsverwaltung die einzelnen Strafanzeigen der Betroffenen nötig.
„Vorzugsweise stehlen Diebe gern Gegenstände aus Edelmetallen.“ So war es auch im Fall von Doris Weißmüller-Brune. Sowohl die Grablampen als auch die Buchstaben auf dem Grabstein seien aus Bronze gewesen. Die Diebe versuchen vermutlich anschließend, die Metalle zu Geld zu machen. „Ich kann die Schrotthändler nicht verstehen, die so etwas ankaufen“, sagt Weißmüller-Brune.
Zudem fühlt sie sich mit dem Problem allein gelassen. Schon zu Beginn des Jahres gab es in Karnap Klagen über Vandalismus auf dem Friedhof. Grablampen wurden entwendet, Blumen zertreten und es wurden illegale Müllablagerungen gefunden. Sogar Gullydeckel wurden gestohlen. Denis Gollan, ehemaliger Politiker des Essener Bürgerbündnisses, hatte Hinweise dazu auf der Facebook-Seite „Karnap im Wandel“ gesammelt. Er forderte schon vor Monaten verstärkte Kontrollen des Ordnungsamtes.
„Der städtische Ordnungsdienst wurde gebeten, verstärkt auf den Friedhöfen präsent zu sein, um die Täter gegebenenfalls auf frischer Tat zu ertappen. Auch die Polizei ist in diesem Sinne bereits mehrfach vor Ort aktiv gewesen“, teilt Waimann zu der aktuellen Diebesserie im Namen von Grün und Gruga mit. Doris Weißmüller-Brune ist mittlerweile allerdings fast so weit, die Grabstätte ihrer Familie aufzulösen.
Sicherheit auf kommunalen Friedhöfen in Essen
Die Essener Stadtverwaltung arbeitet bereits seit Längerem an einem Konzept zur „Gewährleistung der Sicherheit und Ordnung auf kommunalen Friedhöfen“.
Die Ratsfraktionen von CDU und Grünen hatten ein solches Konzept angefordert, nachdem es Ausschreitungen auf dem Hallo-Friedhof in Stoppenberg gab.
Denkbar sind demnach auch Videoüberwachungssysteme auf Friedhöfen, unklar ist allerdings, wie diese finanziert werden könnten und bis sie installiert werden können, wird es ohnehin noch dauern.