Essen.. Die Gründerszene erlebt gerade einen Aufschwung, sagen Wirtschaftsförderung und IHK. Im Vergleich zu anderen Großstädten ist Essen jedoch weit zurück.

Uli Sambeth ist im Moment vielleicht das schillernste Beispiel aus der Essener Gründerszene. Heute Abend hat der Softwareentwickler seinen Auftritt in der TV-Sendung „Die Höhle der Löwen“ auf Vox. Er stellt dort seine Erfindung, den eBall, vor. Ähnlich einem Segway können sich Menschen damit fortbewegen – nur balancieren sie dabei auf einer rollenden Kugel. Bei der Sendung geht es darum, Investoren zu begeistern und bei ihnen Geld locker zu machen. Am Ende wird Uli Sambeth vielleicht wissen: Ist das nur eine verrückte Idee oder hat seine Erfindung Potenzial für einen größeren Markt?

Das ist wohl für jeden Unternehmensgründer die entscheidende Frage – nur wird sie meistens nicht vor einem Millionenpublikum im Fernsehen entschieden. Doch gerade junge, innovative Gründer mit Technikbezug, so genannte Start-Ups, werden für die Wirtschaft immer wichtiger. Berlin gilt mittlerweile als die europäische Start-Up Hauptstadt, auch München oder Köln ziehen kreative Köpfe mit digitalen Ideen an. Doch wo steht Essen in diesem Wettbewerb?

Essen hinter anderen Städten

„Die Start-Up-Szene hier ist gut und lebendig“, sagt Claudia Peters von der Essener Wirtschaftsförderung (EWG). „Aber sie könnte größer sein.“ Konkrete Zahlen über innovative Gründer in der Stadt existieren nicht. Laut dem Bundesverband Deutsche Start-Ups gibt es deutschlandweit etwa 6000 solcher junger Unternehmen, rund 20 Prozent sitzen in NRW. Die meisten davon allerdings in Köln und Düsseldorf. Statistisch bewegt sich die Gründerszene in Essen demnach ziemlich weit unten.

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Doch die Akteure vor Ort beschwören eine gute Stimmung – und einen Trend, der nach oben zeigt. „Wir sind hier noch in einem Anfangsstadium, aber die Region hat sehr großes Potenzial“, sagt Eugenia Dottai von der Industrie- und Handelskammer und meint damit bewusst nicht nur Essen, sondern das gesamte Ruhrgebiet. Die Region profitiere von der Nähe zu großen Unternehmen, einer guten Infrastruktur, seinen Universitäten und den im Vergleich mit anderen Großstädten geringen Mieten für Büros und Wohnungen.

Essen kann Lücke alleine nicht schließen

Und nicht nur Dottai macht deutlich: Alleine kann Essen die Lücke zu den Städten im Rheinland nicht schließen. „Wenn wir das Ruhrgebiet auf die Landkarte der Start-Ups bringen wollen, müssen die Städte besser zusammenarbeiten“, sagt auch Ute Günther, Geschäftsführerin des Mittelstandsvereins Pro Ruhrgebiet. „Sonst kannibalisieren wir uns.“ Und Thomas Nussbruch, zuständig für Gründungen an der Uni Duisburg-Essen, wünscht sich mehr Selbstbewusstsein in Essen und im Ruhrgebiet – und eine Spezialisierung in der Gründerszene. „Industrielle Start-Ups wären durch die Nähe zu den Unternehmern und der Industrietradition hier perfekt geeignet.“ Auch Nussbruch hat in den vergangen anderthalb Jahren einen Stimmungsumschwung in Essen festgestellt, „es bewegt sich etwas.“

Serie zur Essener Gründerszene

Wo steht Essens Gründerszene? Wirtschaftsförderung, Industrie- und Handelskammer beschwören einen Aufwärtstrend, obwohl die Stadt rein von den Zahlen her hinter Düsseldorf oder Köln zurückliegt, von München oder Berlin ganz zu schweigen. Wir stellen in einer mehrteiligen Serie über die Essener Gründerszene Start-Ups vor und fragen, was für Essen spricht. Aber auch junge Unternehmen, die  den Standort verlassen haben, kommen zu Wort.Diese Folgen sind bisher erschienen:Gute Stimmung in der Essener Start-Up-Szene. Zum Artikel.Australier gründet sein Start-Up-Unternehmen in Essen. Zum Artikel.Chefs sehen sich in Essen im richtigen Film. Zum Artikel

Es gibt viele private Initiativen in der Stadt, die Gründer und mögliche Investoren zusammenbringen, wie die regelmäßig stattfindenden „Start-Up-Nights“ im Rüttenscheider Bürozentrum „Kabü“. Noch so ein Beispiel: die Start-Up-Konferenz Ruhr Summit, zu der im Juli über 250 Gründer nach Zeche Karl kamen. Auch die Gründung des Ruhr-Hub, dem überwiegend vom Land finanzierten Zentrum für digitale Wirtschaft in Essen, sei ein Schritt in die richtige Richtung, finden Günther und Nussbruch. Auch die Wirtschaftsförderung bemüht sich. Sie bietet Beratungen an, von der ersten Idee bis hin zur Umsetzung der Geschäftsidee. Sie arbeitet mit Uni und Wirtschaft zusammen. Personell ist die Ausstattung bei der EWG jedoch mehr als bescheiden, für die Gründungsberatung existiert gerade eine Stelle.