Essen.. Philip Schur und Giannis Paraskevopoulos gründeten in Essen ein Start-Up, sind dann jedoch nach Düsseldorf umgezogen. Im Interview erzählen sie warum.

Obwohl sie ein duales Studium bei Hochtief absolviert haben, konnten sich Philip Schur (25) und Giannis Paraskevopoulos (26) eine Karriere im Konzern nicht vorstellen. 2014 machten sie sich selbstständig und gründeten das Start-Up Brickspaces. Jetzt vermitteln sie leerstehende Räumlichkeiten, damit diese für einen begrenzten Zeitraum als Verkaufs-, Ausstellungs- oder Arbeitsraum genutzt werden können.

Vor gut drei Monaten gaben sie ihr Büro im Südviertel auf und sind nach Düsseldorf gegangen. Ein Gespräch mit Philip Schur darüber, was ein Start-Up braucht. Wie in der Branche üblich wurde das Interview per Du geführt.

Warum habt ihr Essen verlassen?

Philip Schur: Unsere Räume platzten aus allen Nähten. Es war Zeit für eine Veränderung. Dann stand ganz automatisch die Frage im Raum, ob wir in Essen bleiben. Außerdem hatten wir Schwierigkeiten, Personal zu finden. Für mich war das ein Zeichen, dass in Essen kein Interesse für Start-Ups besteht.

Was hat euch gefehlt?

Schur: Unterstützung von den großen, hier ansässigen Konzernen. Es wird immer nur von Innovationen geredet, aber es passiert wenig. Wir hätten uns Wettbewerbe, ein Gründerzentrum oder ein Förderprogramm gewünscht. Auch die Wirtschaftsförderung und die Industrie- und Handelskammer tun zu wenig. Für Gründer sind das vielleicht per se gute Anlaufstellen, aber für Start-Ups gibt es keine speziellen Formate. Von vielen Veranstaltungen waren wir enttäuscht. Du sitzt da, willst eine Online-Plattform aufbauen, ins Ausland expandieren und neben dir sitzt jemand, der einen Friseur-Salon eröffnen will. Das passt einfach nicht. Was am Ende wirklich fehlt, ist eine Vernetzung aller relevanten Akteure.

Warum habt ihr in Essen gegründet?

Schur: Ich komme aus Stoppenberg und Giannis aus Bottrop. In Essen zu gründen, lag auf der Hand. Zum Zeitpunkt der Gründung haben wir uns nicht viele Gedanken über den Standort gemacht.

Serie zur Essener Gründerszene

Wo steht Essens Gründerszene? Wirtschaftsförderung, Industrie- und Handelskammer beschwören einen Aufwärtstrend, obwohl die Stadt rein von den Zahlen her hinter Düsseldorf oder Köln zurückliegt, von München oder Berlin ganz zu schweigen. Wir stellen in einer mehrteiligen Serie über die Essener Gründerszene Start-Ups vor und fragen, was für Essen spricht. Aber auch junge Unternehmen, die  den Standort verlassen haben, kommen zu Wort.Diese Folgen sind bisher erschienen:Gute Stimmung in der Essener Start-Up-Szene. Zum Artikel.Australier gründet sein Start-Up-Unternehmen in Essen. Zum Artikel.Chefs sehen sich in Essen im richtigen Film. Zum Artikel

Warum seid ihr dann nach Düsseldorf gegangen?

Schur: Seit der Oberbürgermeister Thomas Geisel das Thema auf die Agenda gesetzt hat, passiert hier unglaublich viel. Wirtschaftsförderung und Unternehmen bieten zahlreiche Veranstaltungen an, es gibt einen regen Austausch unter den Start-Ups. Ich habe hier einfach das Gefühl, dass man die Bedeutung der Start-Ups realisiert hat. Außerdem ist Düsseldorf eine lebenswerte Stadt.

Warum seid ihr nicht nach Berlin?

Schur: Wir haben auch Berlin in Betracht gezogen. Köln und Hamburg waren auch dabei. Klar, gibt es in Berlin viele Start-Ups und Investoren, allerdings besteht auch die Gefahr unterzugehen. In Berlin gründet jeder irgendetwas, es ist fast schon wie ein Zwang.

Wieso wolltet ihr die Start-Up-Szene in Essen nicht aufbauen?

Schur: Unser Unternehmen beschäftigt uns praktisch rund um die Uhr, da bleibt keine Zeit, auch noch Veranstaltungen zu organisieren. Wir haben uns eingebracht, Veranstaltungen besucht, Anregungen an die Stadt gegeben, aber mehr war nicht drin.

Habt ihr nicht das Gefühl, zu früh weggegangen zu sein?

Schur: Möglich, dass sich in den nächsten Jahren etwas ändert, aber wir haben keine zwei, drei Jahre. Unser Ziel ist es, schnell zu wachsen. Wir haben keine Zeit, um zu warten. Trotzdem wäre es natürlich schön, wenn sich in Essen etwas bewegt.