Essen-Bochold. Hebamme Katharina Zörkler begleitet im Essener Geburtshaus Schwangere. Corona hat das Leben der Familien und die Arbeit der Hebammen verändert.
Blaue, gelbe, grüne und rote Fußabdrücke schmücken die weißen Wände. Sie gehören zu Jona, Leandro, Lilly, Fina und Mats. Alles Kinder, die im Geburtshaus in Essen-Bochold zur Welt gekommen sind. Einige hat Hebamme Katharina Zörkler auf ihrem Weg ins Leben begleitet.
Die 26-Jährige arbeitet seit 2018 im Geburtshaus, eine Alternative zum Krankenhaus als Entbindungsort. Mit sechs anderen Hebammen betreut sie Familien, die dort ihr Kind gebären möchten. Sieben Tage die Woche, 24 Stunden lang, hat sie Rufbereitschaft. Danach folgt eine Woche mit normalen Bürozeiten.
Ihr Beruf habe eine soziale, medizinische und psychologische Komponente, das reize sie, erklärt Zörkler. Bereits mit 15 Jahren war sie bei einer Geburt dabei, damals als Praktikantin einer Hebamme. Erinnerungen an dieses Erlebnis habe sie aber kaum noch. Bei ihrer ersten Geburt als fertige Hebamme sei das anders. „Ich war aufgeregt, weil ich die Verantwortung für zwei Leben trug.“ Um die 250 Geburten hat sie seitdem betreut. Die Aufregung habe sich inzwischen gelegt, „ich freue mich stattdessen auf jede Geburt“.
Geburtshaus in Essen: Geburt ist für Hebamme ein ruhiger Moment
Katharina Zörkler ist für die Frauen von Beginn an der Schwangerschaft da, untersucht sie, beantwortet Fragen und nach der Geburt betreut sie die frischgebackene Mutter im Wochenbett und in der Stillzeit. Sie wird eine zutiefst Vertraute im Leben der Familie.
Trotz einer gewissen Routine, die man inzwischen habe, bleibe der Moment der Geburt etwas Besonderes. „Wenn das Baby da ist, ist es ein ruhiger Moment. Sehr ergreifend, wenn der Vater Tränen in den Augen hat und die Anspannung abfällt“, so die 26-Jährige.
Solche intimen Momente werden im Erdgeschoss erlebt. Dort liegt der Geburtsraum: warme Farben, indirektes Licht, Salzkristall-Lampe, ein Bett, Matten auf dem Boden, ein Gymnastikball, ein Geburtshocker. Nebenan gibt es eine große runde Wanne. „30 Prozent der Kinder kommen hier zur Welt“, berichtet Katharina Zörkler. Vor der Tür werden auf einer Tafel die Neugeborenen verkündet. „New Kids on the Block“ steht oben, es folgen Name, Geburtstag, Gewicht und Größe des Babys.
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Etwa 100 Geburtshäuser gibt es in Deutschland. Zwei Prozent aller Frauen hierzulande entscheiden sich für eine außerklinische Geburt, also das Gebären in so einer Einrichtung oder zu Hause. Im Essener Geburtshaus, das es seit 22 Jahren gibt, werden pro Monat 15 Paare zur Geburt aufgenommen, „gesunde Frauen mit gesunden Kindern“, so die Hebamme. Denn Schmerzmittel gibt es nicht.
Corona-Krise: Hebammen tragen jetzt Mundschutz
In Zeiten von Corona bekommt die Frage nach dem Ort der Geburt eine neue Dimension. Der Partner durfte zeitweise nicht mit in den Kreißsaal der Kliniken, viele werdende Eltern waren unsicher. „Corona war für viele ein Denkanstoß, nach alternativen Möglichkeiten zu suchen“, sagt Katharina Zörkler.
Im Geburtshaus am Wolfsbankring mussten die Frauen auch während des ersten Lockdowns im März die Geburt nicht ohne Mann erleben. „Gebären ist ein sensibler hormoneller Prozess, der gute Vorbereitung und Betreuung braucht. Den Frauen fehlt es, wenn sie keine Person bei sich haben, bei der sie sich sicher fühlen.“ Ohne dieses Gefühl von Sicherheit würden Geburten oft nicht reibungslos ablaufen.
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Zu den Vorsorgeuntersuchungen durften die Männer im Frühjahr allerdings nicht mitkommen. „Als sie im Sommer dann wieder dabei waren, und die Herztöne der Kinder hörten, waren sie sichtlich glücklich“, so Zörkler.
Auch die Hebammen mussten sich in der Corona-Krise neu aufstellen. „Wir haben unsere Arbeitsweise geändert. Nun tragen alle Mundschutz und bei der Geburt auch eine Schutzbrille“, erzählt die 26-Jährige. Zu Beginn der Pandemie sei sie zu Besuchen am Wochenbett sogar im Schutzanzug erschienen. „Seit Corona halten wir viel Abstand. Die Vertrautheit fehlt. Und die Abschlussumarmung nach der Geburt.“