Essener Norden. Kinder im Essener Norden leiden während Corona unter Bewegungsmangel. Ein Essener Verein will das ändern: Mit einem Lastenrad und Themenkisten.
- Besonders Kinder im Essener Norden leiden während Corona unter Bewegungsmangel.
- Der Verein Integration durch Sport und Bildung will von März bis Oktober Spielplätze im Nordviertel und in Altenessen mit einem Lastenrad anfahren und Bewegungsmöglichkeiten anbieten.
- Das Projekt soll frei von Beurteilungsdruck oder einer Wettkampforientierung umgesetzt werden und professionell begleitet werden.
Kinder sollen und wollen sich bewegen, spielen, Sport machen und vor allem auch andere Kinder treffen. Das ist wichtig für eine gesunde Entwicklung, darin sind sich Experten einig. All das konnte in den vergangenen beiden Jahren coronabedingt jedoch kaum stattfinden. Der Essener Verein Integration durch Sport und Bildung will das ändern. Mit einem Lastenrad sollen von März bis Oktober Spielplätze angefahren werden, um die Kinder direkt vor Ort zu erreichen.
Corona habe Nord-Süd-Gefälle in Essen verstärkt
Ein Team aus zwei Sportstudenten, Übungsleitern oder Sporthelfern soll dabei gezielt die Spielplätze im Nordviertel und in Altenessen anfahren, denn dort habe die Pandemie wie ein Brennglas gewirkt und das Nord-Süd-Gefälle auch im Bereich der Kindergesundheit verstärkt, wie Projektleiterin Katharina Althoff erklärt.
Bereits vor einem Jahr hatten Essener Kinderärzte Alarm geschlagen: „In unserem täglichen Umgang mit Kindern und Jugendlichen sehen wir mit großer Sorge, insbesondere seit dem zweiten Corona-Lockdown, eine massive Verschlechterung der psychischen und körperlichen Gesundheit unserer Patienten“, hieß es in einem Brief an Oberbürgermeister Thomas Kufen.
Zusammenarbeit mit Sportinstitut der Uni Duisburg-Essen
Der Verein Integration durch Sport und Bildung arbeitet in dem aktuellen Projekt mit dem Sportinstitut der Uni Duisburg-Essen zusammen und stützt sich auf Studien, die zeigen, dass Kinder in diesen Stadtteilen häufig mit vielen Familienmitgliedern auf beengtem Wohnraum leben. „Die haben oft keinen Garten, in dem sie toben und spielen können“, weiß Katharina Althoff. Oft würden die Kinder auch in ihrer direkten Nachbarschaft wenig Gelegenheit haben, ihren natürlichen Bewegungsdrang vollends auszuleben. Die Folge: „Aktuelle Studien belegen, dass während der Pandemie die körperlichsportliche Aktivität von Kindern, die in großen Wohnkomplexen wohnen und keinen direkten Zugang zu einem Garten haben, überproportional abgenommen hat“, weiß Althoff.
Ulf Gebken, Direktor des Instituts für Sport- und Bewegungswissenschaft an der Universität wollte bereits im vergangenen Jahr Straßen sperren, um dort mit dem Spielzeit-Mobil des Vereins vorfahren. Das habe aber organisatorisch nicht geklappt. Stattdessen steht der Bulli jetzt im Wechsel an verschiedenen Grundschulen und das Lastenrad soll die Spielplätze anfahren. Das Fahrrad ist dabei mit vielfältigen Sport- und Spielmaterialien ausgestattet. „Wir haben verschiedene Kisten etwa zu den Themen Balancieren, Jonglieren oder Großspiele“, erklärt Althoff. Mit dem Lastenrad will das Team einerseits ein Zeichen für nachhaltige Mobilität setzen und andererseits könne man schneller den Standort wechseln und direkt auf die Spielplätze fahren.
Essener Projekt soll frei von Leistungsdruck und Wettkampfgedanken sein
Althoff: „Unsere Analysen zeigen, dass viele Spielplätze in keinem guten Zustand und daher für Kinder nicht sehr attraktiv sind.“ Mit dem Lastenfahrrad und den damit transportierten Materialien könne die Attraktivität maßgeblich erhöht werden. Den Kindern können vielfältige Bewegungsanlässe geboten werden, sie sollen sich ungezwungen ausprobieren sowie eigene Talente entdecken. Das Ganze soll frei von Beurteilungsdruck wie er im Sportunterricht der Schule vorkommen kann oder einer Wettkampforientierung passieren.
So wird das Projekt gefördert
Das Projekt wird maßgeblich durch den Verfügungsfond der Stadt Essen für das Fördergebiet Nord – Altenessen Süd/Nordviertel gefördert.Darüber hinaus erhalten die Initiatoren eine Förderung für das Lastenfahrrad von den Bezirksvertretungen I und V, einen Zuschuss vom Landesprogramm NRW „progres.nrw – Emissionsarme Elektromobilität“ sowie einen weiteren Zuschuss vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
„Wichtig ist es uns nicht nur die Kinder, sondern die gesamte Familie für Bewegung, Spiel und Sport zu motivieren“, erklärt Althoff und lädt explizit die Eltern und Geschwister mit auf die Spielplätze ein: „Dort können sie sich gemeinsam bewegen und erhalten viele Anregungen, die sie mit nach Hause nehmen können.“ Außerdem würden die Übungsleiter als Ansprechpersonen dienen, wenn etwa das Interesse für eine bestimmte Sportart geweckt wurde, und sie könnten beispielsweise über Vereinsstrukturen informieren.
Die Kinder sollen direkt über die Schulen angesprochen und eingeladen werden. Mögliche Standorte wären in Altenessen Süd der Spindelmann-Park und im Nordviertel der Nordpark. Die letzten Vorbereitungen im Projektteam laufen, das Lastenrad soll in den nächsten Tagen geliefert werden und dann soll es Mitte März jeden Samstag für jeweils zwei Stunden an zwei verschiedenen Spielplätzen stehen.