Essen.. Selbst Polizisten wollen von dem Essener Rapper und Ex-Gangster Sinan-G angeblich heimlich Autogramme für ihre Söhne haben. Während seiner Haftzeit wurde er über das Internet bekannt. Anfang Februar erscheint sein zweites Album.
Selbst Polizisten wollen von dem Essener Rapper und Ex-Gangster Sinan-G angeblich heimlich Autogramme für ihre Söhne haben. Während seiner Haftzeit wurde er über das Internet bekannt. Anfang Februar erscheint sein zweites Album.
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Die Musikvideos des 23-jährigen deutsch-iranischen Rappers werden auf der Internetplattform „YouTube“ hunderttausendfach angeklickt. Drei Millionen Treffer gibt es bei der Suchmaschine Google. „Hier herrscht der Hass, der dich frisst und das weiß ich auch. Und trotzdem bleibt Essen-City meine Town“, rappt er und zeichnet ein düsteres Bild der Ruhrmetropole. „Aber ich liebe Essen natürlich auch. Ich bin hier aufgewachsen.“ Seit einiger Zeit steht er für den Landesligisten Vogelheimer SV auf dem Fußballplatz. Seine Laufbahn bei Rot-Weiß Essen scheiterte, „weil ich zu undiszipliniert war“.
„Ich habe gearbeitet – im illegalen Bereich.“
Jetzt hat er Erfolg, vor allem bei Jugendlichen. „Ein Polizist hat mich mal heimlich nach einem Autogramm für seinen Sohn gefragt.“ Seine Lebensgeschichte fasst Sinan selbst prägnant zusammen: „Ich habe gearbeitet – im illegalen Bereich. Habe eine Akte, so dick wie eine Klopapierrolle. Aber ich habe mich geändert.“ Früher stand das G in seinem Namen für Gangster, heute stehe es für Germany.
Als Sinan 2007 in den Knast kam und sich dort im Spiegel betrachtete, begann er zu grübeln – und verarbeitete seine Gefühle und Gedanken im Sprech-Gesang. Zusammen mit anderen Insassen der JVA spielte er beim Theaterprojekt „Abstiegskampf“ mit, das später im Bonner Schauspielhaus aufgeführt wurde. Wegen „guter Führung“ wurde Sinan vorzeitig entlassen.
Plattenlabel heißt Callshopmafia
Am Anfang dieser Woche hockt er auf einem Sofa im Weigle-Haus, einer Einrichtung der evangelischen Jugend an der A 40 in der Nähe des Hauptbahnhofs. Der Deutsch-Rapper erzählt schnell und viel. Neben selbstbewussten Macho-Sprüchen („Mir kann keiner das Wasser reichen“) hört man auch nachdenkliche Töne. Einrichtungen wie das Weigle-Haus gebe es in Essen viel zu wenig. „Wer an der Jugendarbeit spart, spart an der falschen Stelle.“
Das findet auch sein Bruder „Rooz Beh“, der früher in diesen Räumen viel Zeit verbrachte. Der Student ist Sinans Manager und Produzent. Das Label heißt „Callshopmafia“. So nannte die Polizei damals ihn und seine Leute. „Wer glaubt schon, dass diese ganzen Callshops legal bestehen können, Bruder! Weißt du, was ich meine?“, sagt Sinan. Man müsse sich nur in diesen Läden ein paar Minuten vor einen PC setzen, dann würden die Geschäfte abgewickelt.
Texte sollen eine Nachricht transportieren
Vor einiger Zeit war er außerhalb von Essen ein völlig Unbekannter. Was ist das Geheimnis des schnellen Erfolgs von Sinan-G? Gut möglich, dass es seine Authentizität ist – mit der er auch gerne prahlt. Aus dem Knast in Siegburg heraus gab er Interviews und löste eine Online-Bewegung aus: „Free Sinan-G“ (Befreit Sinan-G).
Sinan knackte vor seiner Gefängnis-Zeit Tresore und war in Schießereien verwickelt. Auch auf ihn wurde geschossen. Wer zuerst abdrückte, weiß er gar nicht mehr so genau, sagt er. „Klar, hat mir das auch nicht gefallen, als plötzlich vermummte Polizeibeamten in meiner Wohnung standen.“ Er verklärt seine Vergangenheit nicht, sondern verarbeitet sie in seinen Liedern. „Meine Texte haben eine Message. Viele andere Rapper in Deutschland sind nur Fakes“, unecht. „Das sind Transen, tagsüber sind die harte Jungs und abends Mädchen. Rap hat zwar viel mit Entertainment und mit Geld verdienen zu tun, aber man muss deshalb keine Rollen spielen, sondern real bleiben.“
Er habe Mist gebaut, „aber ich habe meine Schuld beglichen. Allerdings dauert der Prozess der Wandlung lange.“ Als Ausländer, noch dazu als Iraner, stehe er trotzdem immer schnell „für die Achse des Bösen. Ich bekomme direkt einen Stempel, der sich nur schwer wegwischen lässt.“