Essen-Bredeney. Eigentlich sollte der Ziehsohn von Garip Acar den Kiosk an der Bredeneyer Gleisschleife übernehmen. Warum die Maklerin ihn jetzt selbst betreibt.
- Der Kiosk an der Bredeneyer Gleisschleife hat eine neue Betreiberin
- Garip Acar arbeitet zusätzlich als Immobilienmaklerin
- Aus familiären Gründen musste sie ihren ursprünglichen Plan aufgeben
Nach zwei Wochen Umbauphase ist es am Samstag, 5. März, soweit: Der Kult-Kiosk an der Gleisschleife in Essen-Bredeney eröffnet mit dem neuen Namen „Bredeneyer Treff“. Betreiberin ist jetzt Garip Acar. Dahinter steckt eine rührende Geschichte.
18 Jahre lang hatte Heinz Heuer den Bredeneyer Kiosk „Bredki“ mit viel Leidenschaft geführt und war für seine zahlreichen Stammkunden da. Zum Jahresende ging er in Rente, unterstützte seine Nachfolgerin Garip Acar aber im Januar noch tatkräftig. Ende Februar rückten die Handwerker für die grundlegende Sanierung der Räume an. Noch ist einiges zu tun, aber die neue Betreiberin ist sich sicher, dass bis zum 5. März alles erledigt ist. „Wir machen jetzt eben Nachtschichten.“
Die neue Betreiberin des Bredeneyer Kult-Kiosks zog vor 19 Jahren nach Essen
Die 43-Jährige lebt in Bredeney und kennt den Kiosk seit langem. „Ich war selbst Stammkundin“, sagt sie. Die jesidische Kurdin kam mit ihrer Familie aus der Türkei nach Deutschland, als sie sechs Jahre alt war. Sie lebte erst in Oldenburg, zog dann mit ihrer Familie – ihr Mann ist Jurist – nach Essen. „Inzwischen sind wir seit 19 Jahren hier“, sagt die Mutter zweier Kinder (17 und elf Jahre alt).
„Ich habe als Sprach- und Kulturmittlerin gearbeitet, hatte viel mit Menschen zu tun, die verfolgt oder vor Kriegen geflohen waren“, erzählt Garip Acar. Dabei lernte sie 2014 einen damals 15-Jährigen kennen, der ebenfalls der ethnisch-religiösen Gruppe der Jesiden angehört und aus dem Irak geflohen war. „Zu ihm habe ich eine ganz besondere Verbindung, er ist mein Ziehsohn und mir sehr ans Herz gewachsen“, sagt die 43-Jährige.
Der Ziehsohn der neuen Betreiberin sollte das Geschäft eigentlich übernehmen
Sie habe ihn unterstützt, ihm bei Anträgen und ähnlichen Dingen geholfen. Als sie ihren Job aufgab – „es war eine sehr belastende Arbeit, weil ich viel mit Kriegsflüchtlingen zu tun hatte“ – betreute sie ihn privat weiter. Als er ihrem Sohn eines Tages ein Geschenk machte, für das er wochenlang sein geringes Taschengeld gespart hatte, sei sie unglaublich gerührt gewesen.
Kiosk liegt gegenüber vom alten Rathaus Bredeney
Der Kiosk „Bredeneyer Treff“ ist an der Bredeneyer Straße 168 gegenüber vom alten Rathaus zu finden.Geöffnet ist vorerst in der Woche von 6 bis 18.30 Uhr, samstags und sonntags von 7 bis 13.30 Uhr.
„Ich wollte, dass er eine Wohnung, Arbeit und ein gutes Leben hat“, sagt Garip Acar. Als Kioskbetreiber Heinz Heuer ankündigte, irgendwann in Rente zu gehen, habe sie immer wieder nachgefragt, weil sie hoffte, ihr Ziehsohn könnte den kleinen Laden übernehmen. Dann sei ihr Vater in Oldenburg schwer erkrankt und pflegebedürftig geworden. „Mein Ziehsohn ist dann auf eigenen Wunsch zu ihm gezogen, um sich um den ,Opa’ zu kümmern. Er wollte uns etwas zurückgeben“, sagt Garip Acar. Inzwischen habe der junge Mann sich gut eingelebt, kümmere sich um ihren Vater und habe in Norddeutschland Arbeit gefunden.
Als feststand, dass Heinz Heuer den Kiosk in Bredeney Ende 2021 aufgeben würde, entschloss sich Garip Acar, das Geschäft selbst zu übernehmen. Künftig wird die 43-Jährige also selbst hinter der Theke stehen, wird ab 5 Uhr morgens alles vorbereiten, um ab 6 Uhr die Kundinnen und Kunden bedienen zu können. „Ich werde in der Regel bis mittags hier sein, weil ich auch als Immobilienmaklerin tätig bin und dann auch dafür Termine habe.“
Während der zweiwöchigen Renovierungsphase habe sie für die Stammkunden, die schon früh ihren Kaffee im Kiosk holen, täglich mehrere Kannen Kaffee gekocht und auf einem Tischchen vor dem Laden platziert, so dass sie sich trotz des geschlossenen Ladens bedienen und die Arbeiten im Inneren mitverfolgen konnten.
Kiosk-Betreiberin arbeitet zusätzlich als Immobilienmaklerin
Bei ihrer neuen Aufgabe wird sie von Sabine Alfonso Escobar, die seit 15 Jahren im Kiosk gegenüber vom alten Rathaus arbeitet und die Kundinnen und Kunden seit langem kennt, sowie einer weiteren neuen Mitarbeiterin unterstützt. „Ich bringe den vorwiegend älteren Stammkunden die Einkäufe auch gern nach Hause, wenn sie mal nicht kommen können.“ Das Sortiment bleibe ähnlich wie zuvor, werde allerdings ergänzt. „Unter anderem biete ich jetzt auch Schreibwaren an.“ Am Eröffnungstag will Garip Acar ihre Kundinnen und Kunden mit einigen Snacks begrüßen. Den Erlös des Kaffeeverkaufs an diesem Tag will sie verdoppeln und für die Ukraine spenden.