Essen-Steele. 19 Institutionen aus Essen-Steele einigen sich auf fünf Lebensregeln, darunter der Moscheeverein Ditib. Was die Steeler Jungs damit zu tun haben.

19 Steeler Vereine und Institutionen wollen mit der Verabschiedung von fünf „Lebensregeln“ ein Zeichen für Zivilcourage, Vielfalt, Fairness und Nachhaltigkeit im Stadtteil setzen. Was die Beteiligten antreibt und was die Aktivitäten der „Steeler Jungs“ damit zu tun haben.

Vertreterinnen und Vertreter von Sportvereinen, Schulen, Stadtteilinitiativen, Politik, christlichen und islamischen Gemeinden, Handel und sozialen Gruppierungen haben sich zu einem Runden Tisch zusammengeschlossen, um das Miteinander vor Ort zu verbessern und Probleme anzugehen. Jetzt haben sie Regeln formuliert, die das Zusammenleben verbessern sollen. Diese sollen am Mittwoch, 8. September, im Kulturzentrum Grend in Anwesenheit von Oberbürgermeister Thomas Kufen und Bezirksbürgermeister Frank Stienecker unterzeichnet werden. Die Regeln sollen in zwölf Sprachen übersetzt werden.

Bürger in Essen-Steele sind von den Aktivitäten der „Steeler Jungs“ genervt

Seit Jahren nerven die Aktivitäten der sogenannten „Steeler Jungs“ viele Bürgerinnen und Bürger. Die als rechtslastig geltende Gruppierung und ihre „Spaziergänge“ seien unter anderem Anlass für die Gründung des Runden Tisches und die Aufstellung der Regeln gewesen, so Heiner Mausehund, ehemaliger Pfarrer der evangelischen Gemeinde Königssteele und einer der Moderatoren des Runden Tisches, an dem bisher Vertreter von 19 Vereinen und Institutionen sitzen. Besonders den Vertreterinnen von Ruder- und Schwimmverein war aufgefallen, dass sich die Teilnahme der Kinder am Training wegen der „Steeler Jungs“ an bestimmten Wochentagen schwierig gestaltete. „Wir wollen einfach Ruhe im Stadtteil“, so die Vertreterin des Steeler Ruderclubs.

Die Idee der „Miteinander-Lebens-Regeln“ ist nicht neu. In Altenessen (2016), Katernberg (2017), Altendorf (2018) und Kray (2019) gibt es bereits solche Konzepte, die auf Anregung der Initiative „Arche Noah Essen“ gemeinschaftlich ausgehandelt und am Ende verabschiedet wurden. Zwei Fragen stehen dabei im Mittelpunkt: Wie möchten wir in unserem Stadtteil zusammenleben? Welche Regeln sollen für jede Bürgerin, jeden Bürger gelten?

Ein Banner hängt bereits in Essen-Steele vor dem Vereinsheim des Steeler Rudervereins an der Westfalenstraße/Am Grendtor.
Ein Banner hängt bereits in Essen-Steele vor dem Vereinsheim des Steeler Rudervereins an der Westfalenstraße/Am Grendtor. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Mit Bannern und Schlagworten, die Jugendliche mit Sprühkreide an verschiedenen Stellen im Stadtteil anbringen, wollen die Steeler auf die Aktion aufmerksam machen und möglichst weitere Unterzeichner gewinnen. QR-Codes auf den Bannern vermitteln dabei zusätzliche Informationen. Die Vereine und Gruppe wollen persönlich und online für die Regeln werben.

Vernetzung der Stadtteil-Akteure

Dass sich durch den Runden Tisch die Stadtteil-Akteure vernetzen, sei ein positiver Nebeneffekt. Gemeinsame Aktionen wie Feste oder die Gründung eines Nachbarschaftsladens sind angedacht, können aber wegen Corona vorerst nicht realisiert werden. Als nächstes wolle man sich auf dem Steeler Weihnachtsmarkt präsentieren.

Man wolle mit den Lebensregeln für Vielfalt und Toleranz werben und niemanden von der Teilnahme ausschließen. Deshalb sei auch der umstrittene Verein Ditib der türkisch-islamischen Gemeinde dabei, so Stefan Koppelmann, Sprecher der evangelischen Kirche in Essen. „Wir wollen Ditib und die Nähe des Vereins zum türkischen Präsidenten Erdogan nicht verharmlosen, sind aber der Meinung, dass es hier um die Menschen in der Gemeinde geht. Wenn man etwas ändern will, ist miteinander reden der einzig mögliche Weg.“

Die Regeln sollen Diskriminierung entgegenwirken

„Wir sind offen für alle, die diese Regeln, die ja Diskriminierung entgegenwirken sollen, mittragen wollen“, betont auch Heiner Mausehund. Der Ditib-Vertreter sei in den Gesprächen sehr engagiert gewesen und habe zugesagt, eines der Banner in der Moschee aufzuhängen.

Der Moscheeverband Ditib

Die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V. , abgekürzt Ditib, wurde 1984 in Köln gegründet. Sie ist der größte Dachverband von Moscheevereinen in Deutschland. Der Verband gilt als Ableger des türkischen Präsidiums für Religionsangelegenheiten Diyanet. Die Religionsbehörde ist der türkischen Regierung unterstellt.Imame in der Ditib sind Angestellte des türkischen Staates, die Dienstaufsicht über sie führen die Religionsattachés der jeweiligen türkischen Generalkonsulate. Nach dem letzten Putsch in der Türkei sollen Imame in Deutschland im Auftrag der Ditib Gemeindemitglieder ausspioniert haben.

Bisher beteiligen sich 19 Steeler Akteure an der Aktion: Arche Wohngruppe, Bezirksvertretung VII, Caritas SKF Essen, Carl-Humann-Gymnasium, Ditib Türkisch-Islamische Gemeinde, Erich-Kästner-Gesamtschule, Evangelische Kirchengemeinde Königssteele, Gymnasium an der Wolfskuhle, Initiativkreis City-Steele, Islamisches Kulturzentrum, Katholische Kirchengemeinde St. Laurentius, Kinder- und Jugendhaus Hü-Weg, Kulturzentrum Grend, Mut machen – Steele bleibt bunt, Nachbarschaftsladen, Schwimmverein Steele 1911, Steeler Archiv, Steeler Bürgerschaft, Steeler Ruder-Verein.