Essen. Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr erkennt bei 17 von 26 Essener Bahnhöfen teils großen Handlungsbedarf. So schnitten sie beim Stationstest 2021 ab.
Der Zustand der meisten Essener Bahnhöfe und S-Bahnstationen ist aus Sicht der Fahrgäste nicht zufriedenstellend. Zu diesem Ergebnis kommt der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) in seinem „Stationsbericht 2021“. Einmal mehr schneidet Essen schlechter ab als der Durchschnitt. Ein S-Bahnhof fiel sogar durchs Raster.
Zum 15. Mal haben Testpersonen die Bahnhöfe und S-Bahnhaltepunkte im Zuständigkeitsgebiet des VRR unter die Lupe genommen. Bewertet wurden Aufenthaltsqualität, Barrierefreiheit und Fahrgastinformationen. Das Ergebnis: Bei 17 der 26 Essener Bahnstationen erkannten die Tester Handlungsbedarf. 2020 galt dies noch für 19 Stationen. Zwar schneidet Essen damit etwas besser ab als noch 2020. Der „positive Trend“ den der VRR für das Verbundgebiet meldet, gilt hier allerdings nur mit Abstrichen. Im gesamten VRR-Gebiet war rund jeder zweite von insgesamt 295 Bahnstationen in einem „guten Zutand“. Ein Jahr zuvor galt das nur für 40 Prozent der Stationen.
Der Essener Hauptbahnhof wurde schlechter bewertet als noch 2020
Bemerkenswert: 2021 schaffte es keiner der 26 Essener Bahnstationen in die beste von insgesamt vier Kategorien. Im Jahr zuvor war dies noch dem Essener Hauptbahnhof gelungen sowie dem S-Bahnhalt Essen-Eiberg. Beide fielen diesmal um einen Kategorie zurück und wurden insgesamt mit „ordentlich“ bewertet. Das gilt insgesamt für neun der 26 Bahnstationen. Neben dem Hauptbahnhof und Eiberg sind dies Borbeck, Dellwig-Ost, Zollverein-Nord, Horst, Steele-Ost, Kupferdreh und Werden.
Als „nicht tolerierbar“ stuften die Tester den Zustand des S-Bahnhofs Frohnhausen ein. Keine der 26 Essener Bahnstationen schneidet so schlecht ab wie die im Essener Westen. Schon 2020 war der S-Bahnhof Frohnhausen das Schlusslicht. Als „unzureichend“ bewerteten die VRR-Tester die Aufenthaltsqualität, „sehr hohen Handlungsbedarf“ erkannten sie hinsichtlich Barrierefreiheit. Als „ordentlich“ wurde die Fahrgastinformation bewertet. Allerdings stellt diese an 95 Prozent aller Bahnhöfe und S-Bahnstationen laut VRR kein Problem da.
Bei sieben Essener Bahnstationen ist die Aufenthaltsqualität unzureichend
Eine unzureichende Aufenthaltsqualität erkannten die Tester insgesamt an sieben Essener Bahnstationen. Neben Frohnhausen nennt der Stationsbericht die S-Bahnhöfe Altenessen und Steele sowie die Haltepunkte Gerschede, Holthausen, Überruhr und Kettwig Stausee. Eingang in die Bewertung fanden Sauberkeit, Verschmutzungen durch Graffiti, aber auch Sitzgelegenheiten und bauliche Mängel, falls vorhanden.
Gerade in Städten wie Essen mit vielen S-Bahnstationen aus den 1970er und 1980er Jahren seien Defizite bei der Aufenthaltsqualität auffällig, sagt Lothar Ebbers, Sprecher des Fahrgastverbandes Pro Bahn. Gleiches sei in Düsseldorf zu beobachten. Anders in Dortmund, so Ebbers, was – so seine Vermutung – auch am dortigen Bahnhofsmanagement liegen könnte. Den S-Bahnhof Steele bezeichnet der Pro-Bahn-Sprecher als monströs, den Bahnhof Altenessen als Dauerproblem.
Graffiti und andere Testkriterien
Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hatte für seinen jährlichen Stationstest bereits im vergangenen Jahr andere Kriterien angelegt. So fallen Verschmutzungen durch Graffiti weniger stark ins Gewicht als in den Jahren zuvor, als Bahnstationen wegen Farbschmierereien besonders schlecht bewertet wurden. Gleichwohl spielt Graffiti bei der Bewertung der Aufenthaltsqualität nach wie vor eine Rolle. Eingang in die Testergebnisse findet auch das unmittelbare Umfeld der Bahnstationen. Nicht immer ist die Deutsche Bahn als Betreiber dafür zuständig.Die Kriterien wurden im zweiten Jahr in Folge angelegt, so dass sich die Ergebnisse der Stationstests von 2021 und 2020 auch vergleichen lassen.
Hinsichtlich der Barrierefreiheit sehen die VRR-Tester an acht Bahnstationen Handlungsbedarf. Neben dem S-Bahnhalt Frohnhausen sind dies die Stationen Essen-West, Bergeborbeck, Borbeck-Süd, Dellwig, Kray-Süd, Kettwig Stausee und auch Stadtwald. Die Bahn hatte angekündigt, letzteren bis 2023 barrierefrei umzubauen. Probleme gab es zuletzt aber beim Bau einer Rampe.
Für Lothar Ebbers ist es keine Überraschung, dass es bei vielen Bahnstationen Nachholbedarf hinsichtlich der Barrierefreiheit gibt. Die Ursache sieht er vor allem im sogenannten „Mischverkehr“ Gemeint sind S-Bahnzüge unterschiedlichen Alters, die auf denselben Gleisstrecken unterwegs sind. So benötigten S-Bahnen auf der Linie S1 für einen barrierefreien Ein- und Ausstieg Bahnsteige mit einer Höhe von 96 Zentimetern. Züge auf den Linie S3 und S9 hingegen sind nur dann barrierefrei, wenn die Bahnsteige 76 Zentimeter hoch sind. „Für einen passt es nie“, sagt Ebbers. Bei einer durchschnittlichen Nutzungsdauer eines Zuges von 30 Jahren werde es noch Jahrzehnte dauern, bis die angestrebte Barrierefreiheit hergestellt ist.
Essens durchschnittliche Bahnstation ist übrigens der S-Bahnhalt „Hügel“. Dieser schneidet beim Stationstest mäßig ab und das gleichmäßig: Sowohl die Aufenthaltsqualität als auch die Fahrgastinformationen und die Barrierefreiheit sind laut Testergebnis „entwicklungsbedürftig“.