Essen. Die Taxiunternehmen in Essen kämpfen ums Überleben. Der Mindestlohn steigt und aktuell explodieren die Spritpreise. Sie sehen nur einen Ausweg.
Erst brach der Umsatz wegen Corona ein, gerade explodieren die Dieselpreise und demnächst steigt der Mindestlohn weiter in zwei Stufen. „Das Taxigewerbe steht mit dem Rücken an der Wand“, sagt Volker Lohmeier, Vorsitzender des Interessenverbandes der Mietwagen- und Taxiunternehmen in Essen. Er vertritt etwa 40 Prozent der Taxiunternehmen in der Stadt.
Lohmeier drängt auf eine Erhöhung der Taxipreise in Essen spätestens zum 1. Oktober dieses Jahres, wenn der Mindestlohn auf 12 Euro angehoben wird. „Aber eigentlich bräuchten wir sie schon jetzt“, sagt er. Allein die gestiegenen Dieselpreise in den vergangenen Wochen „brechen uns das Genick“.
Der Blick auf die Preistafel der Tankstellen versetzte auch am Montagmorgen Taxiunternehmer Joachim Steden wieder „einen Schlag“. 2,32 Euro für den Liter Diesel – „das ist gerade nicht erfreulich“, meint der Einzelunternehmer. Steden ist im Vorstand der Taxigenossenschaft Taxi Essen. Sie gehört zum Taxiverband NRW – neben Lohmeiers Interessenverband der Mietwagen- und Taxiunternehmen ist es die größte Interessensvertretung der Branche in Essen.
Immer mehr Taxen in Essen verschwinden von den Straßen
Auch Steden ist angesichts der vielen Teuerungen für eine Erhöhung der Taxitarife. Allerdings weiß auch er: „Kurzfristig wird uns das nicht helfen.“ Die Branche steckt in der derzeitigen Situation in einem Dilemma. Denn die Tarife sind vom Rat der Stadt festgesetzt, können anders als bei Mietwagen von den Unternehmern nicht einfach verändert werden. Eine Erhöhung ist in der Regel ein langwieriger Prozess, der mehrere Monate dauern kann und am Ende vom Stadtrat genehmigt werden muss.
Zuletzt wurden in Essen die Taxitarife im Jahr 2015 angehoben. Damit könne ein Unternehmer in Essen längst nicht mehr auskömmlich arbeiten, sagt Lohmeier und beklagt: „Allein die Lohnkostensteigerungen seither sind nicht weitergegeben worden.“
Die Folgen seien bereits zu spüren. Immer mehr Taxiunternehmer in Essen würden Taxen vorübergehend stilllegen und Fahrer entlassen. Auf rund 100 und somit 20 Prozent aller Taxen schätzt Lohmeier deren Zahl, die seit Corona von den Straßen verschwunden sind. Die aktuell hohen Preise an den Zapfsäulen dürften diese Entwicklung noch beschleunigen, glaubt der Verbandschef. Einzelunternehmer hätten diese Möglichkeit, ihre Kosten zu senken, allerdings nicht. „Die beuten sich aus“, so Lohmeier.
Essener Taxiverbände wollen über Erhöhung der Tarife reden
Am Mittwoch, 16. März, werden sich Essener Vertreter der beiden großen Verbände daher erneut treffen, um sich auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Erhöhung der Taxipreise zu einigen. Die vorangegangenen Verhandlungen hatten noch zu keiner Lösung geführt. Strittig sei allerdings nur die Ausgestaltung. Im Grundsatz stehe für beide Seiten fest: „Eine Erhöhung muss kommen“, betont Lohmeier. Ansonsten, so prophezeit er, werde die Mobilität gerade vieler älterer Menschen in Essen künftig deutlich eingeschränkt sein.
Lohmeier rechnet vor, dass die Taxitarife um bis zu 50 Prozent steigen müssten. Allein der Mindestlohn ist seit seiner Einführung 2015 von damals 8,50 Euro brutto pro Stunde auf nunmehr 9,82 Euro gestiegen. Im Juli ist eine Anhebung auf 10,45 Euro geplant und im Oktober soll er dann 12 Euro pro Stunde betragen. Auch wenn Taxen im Niedriglohnsegment unterwegs sind, sind die Löhne der größte Kostenfaktor. Sprit schlägt laut Lohmeier mit etwa 10 bis 15 Prozent zu Buche. „Das alles ist mit den derzeitigen Tarifen nicht mehr finanzierbar.“ Allerdings sei ihm auch bewusst, dass eine solch deutliche Erhöhung wohl kaum vom Rat der Stadt politisch mitgetragen würde.
Taxiunternehmer bleibt nur sparsames Fahren
Den Taxiunternehmern bleibt angesichts der hohen Spritpreise momentan nur, möglichst sparsam unterwegs zu sein. Für Joachim Steden heißt das beispielsweise, dass er seltener die Standplätze wechselt und bei den Fahrten durch die Stadt nun regelmäßig die Preistafeln im Blick hat, um die vergleichsweise günstigsten Tankzeiten zu erwischen. Seine Hoffnung ruht auf der Berliner Politik, die für eine Entlastung für Autofahrer und Unternehmer sorgen sollte. Bundesfinanzminister Christian Lindner lehnt zwar eine Senkung der Mehrwertsteuer ab, brachte dafür am Montag aber einen festen Benzinpreis-Rabatt in die Diskussion.
Unternehmer Rolf Prosch von der Taxizentrale Taxi Süd appelliert dagegen an die Solidarität auf kommunaler Ebene. Taxi Süd arbeitet seit vielen Jahren mit der Ruhrbahn zusammen, stellt sogenannte Taxibusse. „Wäre es nicht ein Zeichen der Solidarität unter Essenern, wenn die Ruhrbahn ihrem Partner erlauben würde, auf dem Betriebshof den preisgünstigeren Diesel der Ruhrbahn zu tanken?“, fragt Prosch.