Essen.. Kirschen, Sanddorn, Bärlauch: Die Internet-Plattform Mundraub zeigt Standorte herrenloser Obstbäume, Sträucher und Kräuter. Jeder kann Orte eintragen.

Ein Meer von Sanddorn wächst auf der Schurenbachhalde: Wer die 270 Stufen nach oben geschafft hat, der wird belohnt mit vielen Beeren. So hat es eine Nutzerin auf der Internet-Plattform „Mundraub.org“ eingetragen. Auf der digitalen Stadtkarte finden sich auch in Essen viele Obstzeichen. Ein Klick darauf führt zu den genauen Standorten herrenloser Obstbäume, Sträucher, Nüsse und Kräuter. Dort kann jeder kostenlos ernten.

Die Idee zu diesem Portal entstand bereits 2009 bei einer Paddeltour: Fünf Berliner wollten darauf hinweisen, was alles ungenutzt in der Natur wächst. Heute gehören acht Mitglieder zum Team, darunter Umweltingenieure, Obstgehölzpfleger und Tontechniker, denen gemein ist, „dass wir mit viel Idealismus bei der Sache sind“, sagt Medienpädagogin Andie Arndt, die im Team als Projektassistentin arbeitet und unter anderem für Workshops und Erntecamps verantwortlich ist. Denn ihr „Mundraub“ hat sich weiter entwickelt, längst steckt nicht mehr nur Spaß am Pflücken dahinter, sondern vor allem der Wunsch, nachhaltig zu wirken. So wollen die Organisatoren nach einem Pilotprojekt in Berlin auf Städte wie Essen zugehen, um sich mit ihnen beispielsweise um Ausgleichsflächen zu kümmern, auf denen alte Obstsorten gepflanzt und Bäume von Bürgern gepflegt werden könnten.

Mundräuber in den Garten einladen

Wer Mundräuber werden will, findet auf der Plattform in Essen Haselnussbäume, wie am Hardenbergufer in Werden oder an der Hatzper Straße in Haarzopf. Eingetragen sind auf der Mundraub-Map auch ein Apfelbaum hinter der Kirche St. Hubertus in Bergerhausen und an der Haltestelle Bolsterbaum in Katernberg. Und hilfreiche Tipps wie: „Leicht zugänglich und trägt schön, Leiter oder Apfelpflücker wäre von Vorteil.“ Am Tümpel hinter dem Parkfriedhof (Feldhauskamp), wächst wiederum jede Menge Bärlauch, „auf der Ecke, wo die beiden Spazierwege aufeinander treffen“, hat ein Mundräuber zum Fundort notiert.

Das Grundgesetz für die Mundräuber


Einige Mundraub-Regeln: Ein Eintrag auf der Mundraub-Map ist keine Garantie, dass es sich tatsächlich um einen herrenlosen Baum oder Strauch handelt. Pflücker sollten sich vor Ort vergewissern. Wer einen Baum auf der Karte einträgt, sollten sicher sein, dass keine Eigentumsrechte verletzt werden: z.B. können Bäume entlang einer Landstraße verpachtet sein. Obstwiesen sind nur selten eingezäunt, dennoch gelegentlich in Privatbesitz.
Im Zweifel sollten sich Mundräuber bei der Stadt erkundigen, ob der Obstbaum tatsächlich auf öffentlichem Grund steht.

Wer auf einen Obstbaum klettert, sollte das vorsichtig tun, damit weder er noch der Baum zu schaden kommt: Nichts zertrampeln oder Äste abbrechen, lieber eine Leiter nutzen. Für Tiere wie für Wespen, Ameisen, Schmetterlinge, Vögel, Mäuse und Igel sollten einige Früchte übrig bleiben.

Die Kontrolle über Einträge im Netz funktioniere über die Mitglieder, es gebe 24 000 eingetragene Nutzer. „Beanstandet werden weniger als ein Prozent der Einträge“, sagt Arndt. Vor Ort werden selten Klagen über rücksichtslose Mundräuber laut. Der Großteil benimmt sich bescheiden, so dass kaum Horden wildgewordener Sammler über Zwetschgen oder Waldmeister herfallen und alles niedertrampeln.

Hoch hinaus geht es übrigens im Frohnhauser Westpark – dort steht ein riesiger Kirschbaum – während ein Pfad in Vogelheim (Ecke Wiehagenstraße/Wildstraße) in ein Waldstück führt, wo mehrere Mirabellenbäume warten, die zur Saison „herrlich tragen“.