Essen. Nach Corona-Impfungen für Lehrkräfte wollten Schulen den Unterricht wegen möglicher Nebenwirkungen vorsorglich absagen. Das sorgte für Empörung.

Wenn Lehrkräfte gegen Corona geimpft werden – droht dann am nächsten Tag Unterrichts-Ausfall, weil sich viele Pädagoginnen und Pädagogen wegen der Nebenwirkungen krank melden würden? Das befürchteten zuletzt mehrere Grundschulen im Stadtgebiet und planten deshalb vorsorglich einen unterrichtsfreien Tag nach den Impfterminen.

Doch damit ernteten sie viel Ärger – in den Aufsichtsbehörden und bei den Eltern. Jüngstes Beispiel: die Carl-Funke-Grundschule in Heisingen. Dort kündigte die kommissarische Schulleiterin den Eltern an, am 22. Juni keinen Unterricht stattfinden zu lassen. Begründung: Am Vortag würde ein Großteil des Kollegiums die Zweit-Impfung erhalten. „Möglicherweise kann es am Folgetag zu Impfreaktionen kommen, die zu Personalausfällen führen. Aus diesem Grund wird kein Unterricht, sondern nur eine Notbetreuung stattfinden“, hieß es am Donnerstag gegenüber Vätern und Müttern in einem Schreiben.

Essener Grundschule: Väter und Mütter sofort sauer

In vielen Familien sorgte das für erhebliche Verstimmung – weniger wegen des neuerlichen Unterrichtsausfalls nach monatelangem Distanz- oder Wechselunterricht, sondern eher aus Prinzip: „Wo kämen wir hin, wenn auch Firmen und Betriebe so agieren würden“, hieß es vielfach. Die Eltern liefen Sturm gegen diese Entscheidung, was der örtlichen Schulaufsicht nicht entging.

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Die Behörde pfiff die Carl-Funke-Schule am Freitagmittag zurück: „Eine Schule kann nicht vorsorglich Unterrichtsausfall ankündigen, weil Nebenwirkungen der Impfungen zu befürchten sind“, stellt Schulrätin Silvia Tuchel klar. „Das ist nicht rechtens und wird auch so nicht realisiert werden.“

In den vergangenen Wochen, seitdem Lehrkräfte gegen Corona geimpft werden, gab es einige Anfragen von Schulen bei der Aufsichtsbehörde, ob man wegen der befürchteten Nebenwirkungen die Schule ausfallen lassen könne – immer seien solche Anfragen negativ beschieden worden, betont Silvia Tuchel.

Schulleiterin rechtfertigt sich: „Keine kurzfristige Lösung möglich“

Noch bevor die Aufsichtsbehörde reagierte, sah sich die Schulleiterin in Heisingen dazu veranlasst, angesichts des sofort aufbrandenden Elternprotestes eine Stellungnahme zu verschicken. Darin begründete sie die Entscheidung, die Schule am Tag nach den Impfungen vorsorglich schließen zu wollen: „Nach der ersten Impfung hatten mehrere Teammitglieder teils sehr starke Nebenwirkungen und waren über Tage - wenige über Wochen - krank.“ Das war in den Ferien, habe also keine Auswirkungen für die Familien gehabt. Den Zweitimpfungstermin habe sie splitten wollen auf zwei unterschiedliche Tage – ohne Erfolg.

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Den Eltern schrieb die Schulleiterin: Es würde auch nicht helfen, wenn sie am Tag nach der Zweitimpfungen den Vätern und Müttern morgens um sieben Uhr mitteilen müsse, dass die Kinder nicht zur Schule kommen könnten. Erfahrungen anderer Schulen hätten gezeigt, dass mehrere Kolleginnen und Kollegen auch nach der Zweitimpfung Symptome gezeigt hätten. Kurzfristig sei das Problem nicht lösbar.

Nach Erst-Impfungen für Erzieher: Viele Kitas machten dicht

Fakt ist im Übrigen auch: Als im März auch ein Großteil der Kita-Erzieherinnen und -Erzieher gegen Corona geimpft wurde, fiel in vielen Einrichtungen anschließend die Betreuung aus – ganze Gruppen mussten geschlossen werden, weil sich die Angestellten krank gemeldet hatten.

Corona- Stadt Essen impft ab Freitag auch ältere Lehrer Die Schulaufsicht räumt jetzt Verständnis dafür ein, dass der Betrieb an Schulen mit einem überschaubaren Kollegium tatsächlich gefährdet ist, wenn eine bestimmte Anzahl von Teammitgliedern fehlt. Man könne auch für Transparenz sorgen, indem man den Impftermin ankündigt und erklärt, dass es am Tag danach zu Engpässen kommen könne, schlägt die Schulrätin vor.

Doch vorsorglich den Unterricht ausfallen zu lassen, sei definitiv nicht machbar. Ein Vater im Stadtteil, der nicht namentlich genannt werden will, sagt außerdem: „Was ist das für ein Vorbild-Verhalten für unsere Kinder, wenn man sich vorsorglich krankmeldet, obwohl man gar nicht weiß, ob es überhaupt Nebenwirkungen gibt?“