Essen. Gute Stimmung herrschte bei der Wahlparty der Essener CDU – und leichtes Bedauern, dass es für eine Koalition mit der FDP nicht mehr reicht.
Es ist ein Sieg, aber ein Abschied ist es auch: Und darum mischt sich bei der Wahlparty der Essener CDU leichtes Bedauern in die Feierstimmung. Denn eins steht schon früh an diesem Abend fest: Die Koalition mit der FDP werden sie nicht fortsetzen können.
Großer Jubel bei der Essener CDU
Erstmal ist der Jubel groß, als sie um 18 Uhr die 35 Prozent für die CDU auf dem Bildschirm aufploppen, beklatscht wird auch, dass die SPD nur 27,5 Prozent erzielt haben soll. Die wackligen 5 Prozent für die FDP quittieren die Christdemokraten dagegen mit ungläubigem Staunen. „Wir drücken der FDP die Daumen, dass sie es noch schafft“, sagt Essens CDU-Chef Matthias Hauer. In Varianten wird man diesen Satz im Laufe des Abends noch häufiger hören.
Wichtiger noch ist es Hauer, den deutlichen Wahlsieg seiner Partei zu betonen: „Als stärkste Kraft haben wir den klaren Regierungsauftrag.“ Mögliche Gedankenspiele der SPD, über eine Ampelkoalition zu verhandeln, weist der CDU-Chef und Bundestagsabgeordnete entschieden zurück: „Bei der Bundestagswahl und anderen Wahlen hat die SPD es ja als geradezu unanständig dargestellt, als zweitstärkste Kraft überhaupt verhandeln zu wollen. Daran muss sie sich jetzt messen lassen.“
Zumal der FDP an einer nordrhein-westfälischen Auflage dieses Bündnisses kaum gelegen sein könne, wie Hauer betont: „FDP-Wähler sind bürgerliche Wähler, die es den Liberalen übelnehmen, dass sie in Berlin einer Ampel den Vorzug vor einer anderen Koalition gegeben haben.“ Auch der Landtagsabgeordnete Fabian Schrumpf spricht von einem schädlichen „Ampel-Effekt“; die Landespolitik sei dagegen nicht für das Beinahe-Ausscheiden der Liberalen verantwortlich. „Wir haben hervorragend mit der FDP zusammengearbeitet, es hat inhaltlich und menschlich gepasst.“
Schrumpf, der erneut das Direktmandat im Südwahlkreis holt, ist trotzdem bester Stimmung, als er gegen 19 Uhr im Mehrgenerationenhaus in Frohnhausen auf der Wahlparty eintrifft. Den ersten Teil des Abends hat er im engsten Kreis verbracht, abgewartet, wie sich die Zahlen entwickeln. Als er zur Party kommt, kann er selbstbewusst vermelden, dass die CDU ihre zentralen Ziele erreicht habe: Stärkste Kraft sei sie, Hendrik Wüst bleibe Ministerpräsident. Ja, es werde nun wohl eine Koalition mit den Grünen geben: „Aber wir haben in Essen ja auch die Erfahrung, dass Schwarz-Grün funktionieren kann.“
CDU entdeckt schon Schnittmengen mit den Grünen
Je später der Abend, desto schöner scheint auch Christdemokraten diese neue Option. „Schwarz-Grün in Essen klappt doch wunderbar“, sagt etwa Jessica Fuchs, die den Wahlkreis im Nordwesten naturgemäß nicht gegen den SPD-Spitzenkandidaten Thomas Kutschaty gewinnen kann. Auch ihre Hoffnung, über die Liste einzuziehen, soll sich spät am Abend zerschlagen.
Auch Eva Großimlinghaus ist zu Beginn des Abends „supernervös“, setzt auf eine Chance im West-Wahlkreis. Am Ende geht der an die SPD. Erwartungsgemäß unterliegt auch Thomas Ziegler im Osten, der sich gegen SPD-Mann Frank Müller von vornherein keine guten Chancen ausrechnen durfte. „Wir haben einen super Wahlkampf gemacht und ein besseres Ergebnis als 2017“, tröstet sich Ziegler.
Freundlicher Applaus für die Liberalen
„Wir sind wieder da, mit uns ist zu rechnen“, das ist die Botschaft, die Essens Christdemokraten aus dem Ergebnis ziehen. So formuliert es auch Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen und erinnert an die Bundestagswahl im vergangenen Jahr: Da traf sich die Essener CDU im Oktoberfestzelt am Flughafen, nun ist das Format kleiner, aber die Laune so viel besser. Als Modell für Düsseldorf will Kufen das von ihm geleitete schwarz-grüne Bündnis im Stadtrat übrigens nicht gleich sehen: „Am Ende kommt es auf die Inhalte an – und auf die Menschen.“ Und er macht auch nicht allein die Ampel in Berlin für das schlechte Abschneiden der Liberalen verantwortlich: „Schulpolitik ist natürlich ein Ressort, mit dem man wenig punkten kann“, sagt er mit Verweis auf die umstrittene NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP).
Dass die FDP doch noch den Einzug in den Landtag schafft, wird von den Christdemokraten freundlich beklatscht. Ansonsten macht am späteren Abend nicht nur Matthias Hauer schon durchaus „Schnittmengen mit den Grünen“ aus. Es müsse nun darum gehen, eine gemeinsame Vision entwickeln. Womöglich auch beim Klimaschutz, der für die CDU ja keineswegs Neuland sei, wie Hauer betont: „Bei uns hieß das immer Bewahrung der Schöpfung.“