Essen. 860.000 Euro lässt sich die Stadt Essen den Winterdienst auf Radwegen kosten. Die Räumung auf Routen durch die Natur hat aber eine Kehrseite.
Erfahrungsgemäß sind in der kalten Jahreszeit viel weniger Radfahrer unterwegs. Doch jene, die sich – hoffentlich warm genug eingepackt – aufs Rad trauten, haben ihn vermisst, den Winterdienst auf Essens Radwegen, weiß Mirko Sehnke, Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC), zu berichten.
Mit Beginn des Jahres hat die Stadt beim Winterdienst buchstäblich draufgesattelt. 860.000 Euro hat der Rat der Stadt mit Beschluss des städtischen Haushalts dafür freigegeben. Essens Stadtkämmerer Gerhard Grabenkamp hatte im Haushaltsentwurf nur 360.000 Euro veranschlagt. Der Ratsmehrheit aus CDU und Grünen war das nicht genug.
Insgesamt 180 Kilometer Radwege sollen in Essen vom Winterdienst geräumt werden
Der Auftrag an ein externes Unternehmen ist inzwischen vergeben. Das Unternehmen mit Sitz in Hilden soll drei Jahre lang zur Winterzeit die wichtigsten Radwege der Stadt von Eis und Schnee freihalten. Geräumt werden das sogenannte Hauptroutennetz sowie die Radfahrtrassen wie zum Beispiel der beliebte Grugaradweg – insgesamt handelt es sich um eine zu räumende Gesamtstrecke von 180 Kilometern. Allein der Radschnellweg RS1 fällt in die Zuständigkeit des Landesbetriebes Straßen.NRW.
Vereinbart sei, dass der Winterdienst eigenständig arbeitet, erläutert der Leiter des Amtes für Straßen und Verkehr, Rainer Wienke. Die Firma rückt aus, wenn es die Wetterdaten als geboten erscheinen lassen. Geräumt und gestreut wird zwischen sechs Uhr in der Frühe und 22 Uhr am Abend. Innerhalb von acht Stunden müssen die Radwege und Trassen frei sein. Auch das ist vertraglich festgeschrieben. Das heißt: Zweimal am Tag sollte sich eine Räumkolonne sehen lassen.
Im Winter 2021 kapitulierte der Räumdienst vor Eis und Schneefall
Mit dem Winterdienst auf Radwegen trage die Stadt dem Umstand Rechnung, dass der Radverkehr immer mehr an Bedeutung gewinne. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Stadt eine Firma mit dem Räumdienst beauftragt. Doch die kapitulierte, als Eis und Schnee den Verkehr über Tage nahezu lahmlegten.
Mirko Sehnke vom ADFC ist gespannt, wie sich der Winterdienst in diesem Jahr bewährt. Der Praxistest bei starkem Schneefall steht noch aus. In den vergangenen Tagen war es allerdings sehr wohl glatt. Die beauftragte Firma sei deshalb schon ausgerückt, versichert Rainer Wienke.
Die EBE ist im Winterdienst
Die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) befinden sich im Winterdienst. Macht es die Witterung erforderlich, rücken 24 Streufahrzeuge aus. Überfrierende Nässe wird dann präventiv mit Sole und zusätzlich mit einem Streusalz-Sole-Gemisch bekämpft. Für den Extremfall stehen nach Angaben der EBE 40 Fahrzeuge bereit. Bei extremen Wetterlagen wie lange anhaltender Schneefall, Eisregen oder einer dauerhaften Frostperiode übernimmt die „Koordinierungsstelle Winterdienst“ die Einsatzleitung. EBE, Ruhrbahn und das Amt für Straßen und Verkehr stimmen die Einsätze ab. Vorrangiges Ziel ist es dann zu gewährleisten, dass die verkehrswichtigsten Straßen und Linien des öffentlichen Nahverkehrs befahrbar bleiben.
Essens Fahrrad-Lobby hatte sich vehement für einen Räumdienst auf Radwegen eingesetzt und fand bei der neuen Ratsmehrheit, allen voran bei den Grünen, damit Gehör. Mirko Sehnke weiß nach eigenen Worten um „die andere Seite der Medaille“, wenn es um das Räumen und Streuen auf Radtrassen geht, die – wie die Grugatrasse – durch die Natur führen. Salz zu streuen auf der wassergebundenen Decke verbiete sich. Split sei häufig so grobkörnig, dass die Gefahr bestehe, sich einen platten Reifen zu fahren.
Im vergangenen Winter nutzten übrigens vereinzelt Freunde des Wintersports die verschneiten Radtrassen als Langlaufpiste. Dieses Vergnügen fände ein schnelles Ende, sollte der Räumdienst seinen Job diesmal zur Zufriedenheit der Radfahrer erledigen.