Essen. . ADFC fordert angesichts der steigenden Zahl von Alltagsradlern ein Winternetz mit geräumten Hauptrouten. Stadt erarbeitet neues Konzept.
Hilmar von dem Busche aus Stadtwald ist Alltagsradler und tritt das ganze Jahr leidenschaftlich in die Pedale. Die 16 Kilometer zu seinem Arbeitsplatz in Oberhausen legt er bei Wind und Wetter auf dem Rad zurück. Auch im Winter. „Aber am Donnerstag musste ich notgedrungen den Bus nehmen“, sagt der Sprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Clubs (ADFC) in Essen. Sein Befund: „Einen Winterdienst für Radwege gibt es in dieser Stadt leider nicht.“
Über den Kurznachrichten-Dienst Twitter hat von dem Busche Donnerstagfrüh das Bild eines zugeschneiten Radfahrstreifens veröffentlicht. Auf der Hauptstraße selbst ist ein Streufahrzeug der Essener Entsorgungsbetriebe EBE im Einsatz. „Ey, wir hatten schon vor drei Jahren vereinbart, dass Ihr die Radfahrstreifen miträumt“ steht neben dem Foto. Ein erbitterter Vorwurf, der sich besonders an die Umweltdezernentin richtet.
„Da kriegst du als Radfahrer einen Hals“
Es ist nicht nur der Schnee, der Alltagsradler gefährlich ins Rutschen bringt. „Vereiste Stellen auf den Radrouten sind sogar noch heimtückischer, da kriegst du als Radfahrer einen Hals“, fügt von dem Busche hinzu.
In der Facebook-Gruppe „Radschnellweg Ruhr – RS 1“ ärgern sich Nutzer über die geschlossene Schneedecke auf der Piste zwischen Mülheim und Essen. „Pulverschnee auf dem RS1, endlich ergibt die Après-Ski-Hütte am Kennedy Platz Sinn“, lautet ein ironischer Kommentar.
Die so genannte Radautobahn gilt als Prestigeprojekt des Landes, doch von Winterdienst kann auch hier keine Rede sein. Immerhin: Die Nachbarstadt Mülheim streut jetzt zwischen Hauptbahnhof und Ruhr. Von dem Busche: „Zwar nur 400 Meter, aber ein Anfang.“
Abzweig Borbeck war in den letzten Tagen kaum befahrbar
Am meisten nervt Alltagsradler bei diesem Schnee-Eis-Matsch-und-Nieselwetter jene Radtrassen, die nicht asphaltiert sind, sondern bloß eine wassergebundene Deckschicht haben. Zum Beispiel der Abzweig Borbeck. Facebook-Nutzer Oliver Huckauf klagte am Mittwoch sein Leid: „Heute auf dem Zubringer von Borbeck gefahren. Reine Katastrophe.. der sch... wassergebundene Weg total aufgeweicht und matschig, das Rad schwimmt ob des weichen Untergrunds. Schönes Beispiel wieviel Wert der Radverkehr hat. Dringendst asphaltieren. Die Kanten der Aufpflasterungen sind auch eine Zumutung.“
Der ADFC Essen weist auf die weiterhin steigende Zahl von Alltags- und Winterradlern in Essen hin und erinnert an das hohe Ziel, den Radfahreranteil von jetzt sechs bis 2035 auf 25 Prozent zu heben. Der Verband fordert ein effizientes Winternetz für Radfahrer mit schnee- und eisfreien Hauptrouten. Genannt werden: Altenessener Straße, Kahrstraße, Rüttenscheider Straße und die Route von Stadtwald über Wittenberg- und Von-Einem-Straße Richtung City.
Die Stadtverwaltung will auf die zunehmenden Klagen der Winter-Radfahrer reagieren. „Die Stadt Essen wird ein neues Konzept für den Winterdienst erarbeiten, das auch auf die Wünsche der Radfahrer reagiert“, so eine Sprecherin.
>>>FÜR FAHRRADPREIS NOMINIERT
D ie Essener Fahrrad-Messe wird am Donnerstag, 22. Februar, eröffnet – dort wird auch der „Deutsche Fahrradpreis“ verliehen. Ihn vergeben unter anderem das Bundesverkehrsministerium und die NRW-Arbeitsgemeinschaft „Fahrradfreundliche Städte“, zu der auch Essen zählt.
In der Kategorie „Kommunikation“ ist auch eine Essener Gruppe nominiert: Die inoffizielle Facebook-Gruppe „Radschnellweg Ruhr RS1“. Betrieben wird sie von privaten Rad-Aktivisten. „Wir sind eine Bürger-Initiative, die nicht gegen, sondern für ein Projekt ist“, heißt es dort.