Essen. Günstiger Wohnraum in Essen wird knapper. Unternehmen scheinen die Gunst der Stunde zu nutzen, wie ein aktuelles Beispiel aus dem Hörsterfeld zeigt.
Wer in Essen eine günstige Wohnung suchte, fand vor nicht allzu langer Zeit im Hörsterfeld auf jeden Fall eine Bleibe. Die Hochhaussiedlung im Osten der Stadt machte durch hohe Leerstände regelmäßig Schlagzeilen. Der schlechte Ruf des sozial schwachen Viertels schreckte potenzielle Mieter eher ab.
Doch das scheint vorbei zu sein. Viele Flüchtlinge – vor allem aus Syrien – haben dort zuletzt Wohnungen angemietet. Anwohner der Geschwister-Scholl-Straße beispielsweise berichten, dass noch vor etwa einem Jahr in ihrer Straße die Häuser bis zu 60 Prozent leer standen. Nun sind sie nahezu komplett vermietet.
Niemanden vertreiben
Die Vermieter freut’s. Denn wo Wohnungen knapp werden, sind höhere Mieten leichter durchzusetzen. Das spüren derzeit beispielsweise dutzende Mieter im Hörsterfeld, die einen Vertrag mit der Diwo Home haben. Ein früherer Vermieter hatte sie noch mit zum Teil kräftigen Mietnachlässen ins Hörsterfeld gelockt. Der Rabatt auf die Kaltmiete soll damals zwischen 50 Cent und zwei Euro pro Quadratmeter betragen haben. In manchen Fällen machte das bis zu 150 Euro im Monat aus. Doch die Diwo Home will diesen nun streichen. „Wir nehmen vom Mieterlass Abstand“, kündigte das Unternehmen den 30 betroffenen Mietern an. Verena Wiedenhues von Diwo Home begründete den Schritt mit den Modernisierungen, die das Unternehmen seit zwei Jahren dort getätigt habe. Man liege nach der Streichung des Nachlasses aber noch immer unter der Vergleichsmiete des Mietspiegels, betonte sie.
Möglicherweise kann sich der ein oder andere Mieter künftig die Miete dennoch nicht mehr leisten, vor allem wenn sie über den Grenzen liegt, die das Jobcenter zahlt. Wiedenhues betont zwar, man wolle niemanden vertreiben. Gleichzeitig ließ sie aber durchblicken, dass es heute leichter sei, die Wohnung wieder zu vermieten.
Keine Strategie sichtbar
Die Mietergemeinschaft Essen rät unterdessen den Mietern, gegen den Wegfall des Mietnachlasses in Widerspruch zu gehen. Denn die Rabatte seien damals ohne Befristung zugesagt worden. „Wir halten die Streichung deshalb für rechtlich nicht zulässig“, so Siw Mammitzsch, Geschäftsführerin der Mietergemeinschaft.
Die Diwo Home ist nicht der einzige Fall, wo Vermieter die Gunst der Stunde nutzen wollen. Siw Mammitzsch berichtet von einem anderen Unternehmen, das versucht habe, die Sozialmieten verbotenerweise anzuheben. Auch dass der Allbau jetzt seine Häuser im Hörsterfeld an einen Investor losgeworden ist, scheint Ausdruck eines Marktes, auf dem sich die Aussichten auf Renditen verbessert haben.
Der Wandel auf dem Wohnungsmarkt wie im Hörsterfeld ist da, auch wenn er schleichend ist. „Den Mangel an günstigem Wohnraum beklagen wir nicht erst seit gestern. Doch nun wird er immer deutlicher sichtbar“, sagt Siw Mammitzsch. In der Politik sei das zwar angekommen. Nur eine Strategie, wie Essen künftig mit dem Thema Wohnen umgeht, die vermisst Mammitzsch.