Essen-Kettwig. Der Kettwiger Künstler Matthias Scheidig gestaltet die Waschbeton-Fassade des Bades mit einer Insellandschaft. Was daran eine Herausforderung ist.
Während das Grugabad und das Freibad Hesse ihre Tore bereits geöffnet haben, müssen die Kettwiger sich noch in Geduld üben, bis ihr Freibad seinen Sommerbetrieb aufnehmen kann. Eine Vorfreude auf echtes Strandgefühl auf dem großen Außengelände im Teelbruch vermittelt jedenfalls die neue Optik des Schwimmzentrums. Matthias Scheidig, der Illustrator, Zeichner, Wandgestalter und Air-Brusher aus Kettwig, hat dem Eingangsbereich in den vergangenen Tagen ein neues Gesicht gegeben.
Eine Insel mit Palmen nebst Rutsche und Schiff vor der Skyline von Essen und dazu die Kettwiger Altstadt mit der Brücke über den Mühlengraben in greifbarer Nähe sind zu sehen. Farbig und trotzdem nicht zu grell, mit hohem Wiedererkennungswert und dennoch kein reales Abbild der Wirklichkeit. „Es ist wie eine Trauminsel, von allem ist etwas dabei“, erzählt der Kettwiger.
Die Steinstruktur des Waschbetons hat ihre Tücken
Matthias Scheidig, der seit 2016 sein Atelier im nahen Gewerbegebiet hat, war die Fassade des Kettwiger Schwimmzentrums schon lange negativ aufgefallen: „Schmuddelig, ziemlich beschmiert.“ Sein Anliegen, dem Antlitz des Bades zu mehr Glanz zu verhelfen, stieß bei den Sport- und Bäderbetrieben Essen vor einigen Monaten auf große Zustimmung. Der Entwurf einer Insellandschaft stand recht schnell, umgesetzt hat ihn Matthias Scheidig jetzt bei trockenem Wetter und kurz vor dem angepeilten Neustart nach den Pandemie-Lockerungen. „Ich will hoffen, dass die Wiedereröffnung nun auch schnell kommt.“
Der zwar robuste, aber langweilige graue Waschbeton im Eingangsbereich stammt noch aus der Entstehungszeit des Hallenbades Mitte der 1970er Jahre. Für den Allround-Künstler, der weltweit (u.a. in Abu Dhabi, Südkorea, Russland, Südafrika, Kuba und USA) unter dem Namen „Möestyle“ mit seinen Graffiti-Projekten vertreten ist, durchaus eine kleine Herausforderung. „Die Steinstruktur des Waschbetons hat ihre Tücken. Denn ein einfacher Sprühnebel reicht da nicht.“
Damit seine Motive auf diesem Untergrund überhaupt als solche erkennbar sind und die entsprechende Kontur bekommen, musste der 43-jährige Kettwiger also den Steinen von allen Seiten Farbe gönnen, „da benötigt man drei- bis viermal soviel Material wie üblich“. Dafür zeigt die Mauer am Mühlengraben denn auch eine besonders authentische Struktur, und es treten die Sandberge ungewöhnlich plastisch hervor. Witzige Details wie die Kanus am Strand zeigen: In Kettwig wird eifrig Wassersport betrieben.
Erste positive Reaktionen auf die Wandgestaltung
Und die in Holzoptik gehaltenen Lettern „Kettwiger Schwimmzentrum“ deuten auf die vielfältige Abenteuer- und Erlebnislandschaft, die vor allem für Familien das mehr als 20.000 Quadratmeter umfassende Areal des Kombibades so attraktiv macht. „Die Busfahrer, die hier an der Haltestelle warten, und die Taxifahrer haben sich schon lobend geäußert“, sagt Scheidig erfreut.
An Aufmerksamkeit ist Matthias Scheidig gewöhnt. In Haarzopf hat er etliche der Elektro- und Telekomverteilerkästen mit witzigen Illustrationen verschönert. In der Kettwiger Stadtteilbibliothek ist durch seine Hand in der Kinderecke ein Dschungel lebendig geworden. Eine 40 Meter lange Mauer auf dem Gelände des Kleingartenvereins Reuenberg peppte der Künstler 2019 mit Motiven wie dem Doppelbock von Zollverein, Schloss Borbeck und dem Stadion auf. Kettwig ist dort übrigens auch vertreten – mit der Brückenschänke.
Weitere Motive hat der Künstler schon im Kopf
Nur einige Beispiele von vielen vielen Projekten des Streetart-Künstlers. Als solcher hat er leider auch unliebsame Bekanntschaft mit der Polizei gemacht, „wenn aufmerksame Nachbarn meinten, ich würde unberechtigt Wände besprühen“. Meist kläre sich der ganze Spuk aber schnell auf.
Am Kettwiger Schwimmzentrum wird Matthias Scheidig in den nächsten Tagen noch das eine oder andere Motiv vervollständigen. Weitere hat er für die Fassade schon im Kopf – denn gestaltet hat er die Fläche ja nur bis zum Schild des Bistros „Ha Zwei Oh“. Ob es eine Fortsetzung geben wird, sei bislang aber noch nicht Thema gewesen mit den städtischen Bäderbetrieben. „Wir schauen erst mal, wie es bei den Badegästen ankommt.“