Essen.. Nur gespielt und doch echt gefühlt: Sängerin Annett Louisan kam mit vertrautem Schmelz und ihrem neuem Album in die proppevolle Essener Lichtburg. Die 37-Jährige trifft bei Frauen wie Männern anscheinend den richtigen Ton.

Eines ihrer frühen Lieder heißt „Die Trägheit“. Es ist eine Ode an das Liegenbleiben, Nichtstun. Keine Zeitung lesen, keine Meinung haben. Und nun, zehn Jahre später, heißt Annett Louisans neues Album folgerichtig „Zu viel Information“. Nachrichten hier, Twittermeldung da. Wollen wir das wissen müssen? „Nein, das wollen wir nicht“ singen sie am Dienstagabend in der rappelvollen Lichtburg im Chor. Lieber mal einen Abend lang zurücklehnen, entspannen und sich mit den Dingen beschäftigen, über die die Frau mit der Schokostimme so viel zu sagen weiß: Männer und Frauen, Einsamkeit und Beziehungsüberdruss oder einfach das Ich und das Du und das manchmal klaftertiefe Kommunikationsloch dazwischen.

Wir reden ja zu wenig miteinander, weiß man doch. Und wenn dann in verschiedenen Sprachen. Aber Annett Louisan trifft bei Frauen wie Männern anscheinend den richtigen Ton: Die Blumensträuße und Zuneigungsbekundungen kamen am Dienstag jedenfalls von beiden Seiten. Und auch die Lichtburg hatte sich für den Auftritt der Sängerin so richtig fein gemacht, strahlte in feierlichem Nachtblau und auffallendem Scheinwerferrot und setzte die zierliche Blondine mit ihrem unwiderstehlichen Bambi-Blick sogar in kleinen Filmeinspielungen wirkungsvoll ins Szene.

Annett Louisan kann unschuldig gucken und dabei kräftig austeilen

Das Puppenhafte, Zerbrechliche hat sie auch mit 37 Jahren behalten. Obschon die Louisan alles andere als ein Hascherl ist, sie weiß nur, wie man emanzipatorischen Ton und feminines Auftreten zusammenbringt. Selbst, wenn sie auf ihrem neuem Album über sein „Ding“ singt. Es geht um ein gepostetes Foto des Ex, für das im Netz jetzt nicht mal die Daumen rauf gehen. „Dingelingdingding.“ Das macht ihr so schnell keiner nach: unschuldig gucken und dabei kräftig austeilen. So wie bei „Thorsten Schmidt“, jenem Song, der zum Inbegriff des Mannes ohne positive Eigenschaften wurde, ein Hit, den an diesem Abend jeder mitsingen kann.

Alte und neue Songs hat Louisan mitgebracht und ihre wunderbare Band, die das Wechselspiel der Sounds und Gefühle bravourös begleitet, die vom Chanson und dem Geist des Berliner Kabaretts der 20er Jahre ganz selbstverständlich in den sambaheiteren „Prosecco“-Sound übergeht, das sterbensschöne „Papillon“ in andächtige Rhythmusruhe bettet und natürlich „Das Spiel“ nicht auslässt, Louisans großer Song, der die alten Wahrheiten von dem männlichen Abenteurer und der weiblichen Treuesucherin kokett auf den Kopf stellt. Die Liebe ist eben die Liebe und Annett Louisan ihr vielleicht zuversichtlichster Zweifler.