Essen. An der Uni Duisburg-Essen sollte das Fach Kommunikationswissenschaft sterben. Jetzt lebt es neu auf. Instituts-Direktor Jens Loenhoff erklärt, wie.

Der traditionsreiche Studiengang Kommunikationswissenschaft an der Uni Duisburg-Essen wagt einen Neustart. Das Fach, das in den 1990er-Jahren als beliebteste Geisteswissenschaft tausende von Studenten aus ganz Deutschland auf den Essener Campus zog, richtet sich inhaltlich neu aus, nachdem im Sommer 2011 vorerst die komplette Schließung geplant war.

Die Hochschulleitung hatte das Ende des Studiengangs beschlossen, der als einzige Geisteswissenschaft nicht vom Magister auf das neue System Bachelor/Master umgestellt hatte. Ab 2006 gab es nur noch einen Einfach-Master. Die Studentenzahlen brachen ein, gleichzeitig erfreute sich am Campus Duisburg die eher technisch ausgerichtete Kognitions- und Medienwissenschaft (Komedia) wachsender Beliebtheit.

Die Anziehungskraft des Fachs

Doch der Senat machte der Rektorat einen Strich durch die Rechnung, forderte die Hochschulleitung auf, das Fach inhaltlich neu aufzustellen. Drei der vier Professoren sind mittlerweile im Ruhestand.

Die Kommunikationswissenschaft, die 1976 eingeführt worden war, war populär für viele Schulabgänger in Deutschland, die „irgendwas mit Medien“ machen wollten. Die damalige Uni Essen, die – bis heute – vor allem als regional bedeutende Hochschule Studierende aus dem Umland anzieht, profitierte von der überregionalen Anziehungskraft der Kommunikationswissenschaft ganz erheblich.

„Kommunikation“, sagt Jens Loenhoff, der geschäftsführende Direktor des neu aufgestellten Instituts für Kommunikationswissenschaft, „ist und bleibt sexy“. Taktisch nicht ganz ungeschickt, versteht sich die Kommunikationswissenschaft in Essen künftig als eine Wissenschaft, die die Kommunikation zwischen Menschen untersucht – vor allem bei großen Unterschieden, zum Beispiel kultureller Art.

Der wissenschaftliche Umgamg

Das ist deswegen strategisch günstig, weil sich die Uni Duisburg-Essen damit von den großen Studiengängen der Kommunikationswissenschaft abgrenzt, die andernorts vor allem als Wissenschaft der Massenmedien betrieben werden. Außerdem hat die Universität Duisburg-Essen, die als erste Hochschule in Deutschland ein eigenes Prorektorat zum Thema „Diversität“ einrichtete, ein profundes Interesse am wissenschaftlichen Umgang mit dem Thema Heterogenität. Da kommt ein Studiengang, der sich auf die Fahnen schreibt, Kommunikation bei kulturellen Unterschieden zum Schwerpunkt zu machen, gerade richtig. „Die Neu-Aufstellung des Fachs“, berichtet denn auch Loenhoff, „ist vom Rektorat stets konstruktiv begleitet worden.“

 Vom kommenden Wintersemester an gibt es die Kommunikationswissenschaft als Ein- und Zweifach-Bachelor sowie als Ein- und Zweifach-Master. Der Studiengang ist kombinierbar auch mit „Komedia“ in Duisburg, sodass hier der Bachelor und später dort der Master – oder umgekehrt – belegt werden kann.

Die Neuen kommen aus Bielefeld

Die entsprechenden Lehrstühle sind neu besetzt worden – mit drei statt früher vier Professoren geht die neue Kommunikationswissenschaft an den Start. Dem Ruf nach Essen gefolgt sind Ethnologe Christian Meyer (43, Bielefeld), der die Professur für „Interpersonale Kommunikation“ angenommen hat. Er untersucht vor allem Phänomene politischer Rhetorik in der EU und die Frage, wie Menschen mit etwas Fremdem umgehen. Ebenfalls neu ist Karola Pietsch (38, Bielefeld), die als Professorin für Institutionelle Kommunikation gewonnen wurde. Sie erforscht unter anderem, wie Sprache, Blicke, Gestik und Körper bei der Kommunikation zusammenspielen.

Loenhoff schließlich steht vor allem für das Thema Kommunikationstheorie. „Diese neue Kommunikationswissenschaft“, ist Loenhoff sicher, „wird wieder stark nachgefragt sein.“