Essen. Wandelt man heute durch das, was von der historischen Gaststätte Am Hallo übrig ist, dann gibt es eigentlich nur eine treffende Bezeichnung für den Zustand des ehemaligen gesellschaftlichen Zentrums im Essener Stadtteil Stoppenberg: Dornröschenschlaf.
Sie stehen zumeist leer, altern langsam vor sich hin, kosten Geld und sind oft nur sehr schwer an den Mann zu bringen: Viele Gebäude besitzt die Stadt, die hauptsächlich nur noch verwaltet und nicht mehr genutzt werden und die man gerne los wäre. In loser Folge wird diese Zeitung die Interessantesten von ihnen vorstellen: Ungeliebte Häuser, die die Stadt nicht will.
Rauschende Bergmannsbälle und Schaulaufen für den örtlichen „Heiratsmarkt“, große Hochzeiten und Beerdigungsfeiern, bis zu 600 Ausflügler, die ihren Sonntag im Hallo-Park mit Alster und Apfelschorle auf den großräumigen Außenterrassen im Biergarten beschließen: Wandelt man heute durch das, was von der historischen Gaststätte Am Hallo übrig ist, dann gibt es eigentlich nur eine treffende Bezeichnung für den Zustand des ehemaligen gesellschaftlichen Zentrums in Stoppenberg: Dornröschenschlaf.
Hohe Decke und Rundbögen in den Seitenflügeln
Hundert Jahre sind es zwar nicht, in denen die weitläufigen Außenanlagen zugewuchert sind und der historische, 550 Quadratmeter große, Jugendstilsaal vor sich hinstaubt. Aber ein fast schon märchenhaft anmutendes Pflanzenszenario, das sich seinen Weg durch den Steinboden und die vielen Stufen der Außenflächen, entlang der Geländer und die Hauswand empor in den vergangenen 56 Jahren gesucht hat, schaffen eine Kulisse, bei der nur noch die Prinzessin im Tiefschlaf fehlt. Und der Saal, erbaut 1899/99 im Auftrag des Schonnebecker Gutsbesitzers Wilhelm Viefhaus, mit seiner hohen Decke, den Rundbögen an den beiden Seitenflügeln würde sich nach ordentlicher Renovierung fast schon für eine Hochzeit der Prinzessin in Todesstarre mit dem Prinzen eignen.
„1956 war hier wohl ein richtiger Todesfall. Danach war der Jugendstilsaal nicht mehr in Betrieb“, berichtet Klaus Kuhlmann von der Immobilienwirtschaft. Auch die Außengastronomie muss in dieser Zeit eingegangen sein.
Selbst für Helmut Trakowski (73) ist das schon fast ein Stückchen zu lange her. „An die Theke kann ich mich erinnern“, vermutet er, während er die Reste der ehemaligen Holzkonstruktion im Jugendstilsaal inspiziert. „Als ich klein war, war ich ein Mal hier“, berichtet der Vorsitzende des „BSV Gut Schuss 1887 Stoppenberg“. Den Abriss des prägnanten Kaiser-Wilhelm-Aussichtsturm in den 1970er Jahren hat er miterlebt. Bis zuletzt hat er im 1909 errichteten Gastronomie-Anbau mit Saal und Theke ausgeharrt. Aber als die Schießstände nach und nach geschlossen wurden, der letzte im vorigen Jahr, da musste auch er sich eine neue Heimat suchen.
Vermarktung seit 2012
„Seit 2012 ist das Gebäude massiv in der Vermarktung“, berichtet Thomas Tröster vom Amt für Stadterneuerung und Bodenmanagement. Losgegangen waren die Bemühungen viel früher. Schon 1999 wurde eine Machbarkeitsstudie für einen Hotel- und Gastronomiestandort geprüft. „Es müsste halt nur jemand ins Investorenrisiko gehen“, berichtet Petra Beckers, Leiterin der Unteren Denkmalbehörde der Stadt. Fünf bis acht Millionen Euro standen damals in Frage.
Ob es auch günstiger geht, das hängt vom Konzept ab. Wohnen ist hier ebenfalls möglich, auch Büros. 12.000 Quadratmeter Gesamtfläche, 750 im Restaurationsanbau und dann noch der, im Falle eines Verkaufs wohl unter Denkmalschutz gestellte, Jugendstilsaal – so die Kerndaten des Objekts.. Allerdings muss eine der Außenwände schon lange vom Inneren, vom Jugendstilsaal aus, mit massiven Balken abgestützt werden. Und auch Mängel wie Feuchtigkeit und Verformungen der Außenwände wurden schon 1999 festgestellt. Schlechte Zeiten für Prinzen: Ein Kuss wird hier nicht reichen.