Essen. Der Ruhrländische Künstlerbund zeigt kreative Zukunftsentwürfe und Wunschbilder am Kopstadtplatz. Die Galerie Klose setzt frische „Sightzeichen“.

Wer Visionen hat, so hat es der unlängst verstorbene Altbundeskanzler Helmut Schmidt einmal formuliert, der solle doch besser zum Arzt gehen. Nun ist die Zeit für Visionäre wahrlich nicht einfach geworden, seit die Bewältigung akuter Krisen wenig Raum lässt für mutige Strategien und Wunschbilder. In der Kunst aber ist die Vision immer noch ein Thema, das zu kreativen Gedankenspielen auffordert. Im Forum Kunst & Architektur hat der Ruhrländische Künstlerbund nun Visionen unterschiedlicher Art zusammengetragen.

Fast 60 Arbeiten sind in der großen Jahresschau versammelt, von Peter Buchwalds fotografisch-verfremdetem „Blick über Paris“ bis zu Premyslaw Perschkes „Graffiti-Sprayer“, die aus Eichenholz geformte Skulptur eines blinden Greisen, der seine Botschaft immer noch verbreiten will. Kristin Loehr hat sich unter dem Eindruck der ersten Attentate von Paris auf die Redaktion von Charlie Hebdo mit der Vision einer friedlichen Welt und der Bedeutung christlicher Werte beschäftigt und sie in Gestalt einer am Boden kauernden Nonne festgehalten.

Spiegelbilder und Schattenbilder

Manche Arbeiten führen das visionäre Versprechen schon im Titel wie „Hier ist das Licht“ von Jörg Meuser, der in seiner Installation die Kreuzthematik aufgreift. Andere Arbeiten beschwören Zeitsprünge, die so nur auf der Leinwand stattfinden können wie Helmut Kottkamps „Luther trifft Guevera“. Eine kleine Auswahl erinnert an den 2012 verstorbenen Rüdiger Eschert, dessen visionäre Grafiksprache fast jeder aus dem ZDF-Sportstudio kennt. Blühende Landschaften entwirft zudem der in Essen aufgewachsene Hongkong-Chinese Andre Yuen. Allerdings sehen seine farbigen Collagen ganz anders aus als Bundeskanzler Helmut Kohl sie einst ausgemalt hat. Denn Yuens Baustoffe für eine moderne Gesellschaft sind Liebe, Vertrauen, Respekt und Toleranz. Wahrlich visionär.

Einmal im Jahr greift auch die Galerie Klose in die große Wundertüte und präsentiert mit „Sightzeichen“ einen Aus- und Querschnitt des gesamten Galerie-Programms. Für viele Besucher ist es ein willkommenes Jahrestreffen mit bekannten und vertrauten Künstlern der Galerie wie Max Uhlig oder Titus Lerner. Gan-Erdene Tsends wunderbar zurückgenommenen Spiegelbilder harmonieren da mit Kwang Sung Parks geheimnisvollen Schattenbildern. Ralf Koenemanns Gorillas zeigen auch im Kleinformat große Anziehungskraft und flankieren Jannis Markopoulos’ freizügige „Madonna“. Unerwartetes zeigt der Essener Künstler Jörg W. Schirmer, der neben den großfüßigen Schenkel-Skulpturen diesmal auch kleine Acryl-Arbeiten präsentiert. Unter dem Titel „Heimspiel“ hat er Impressionen entlang der Ruhr eingefangen. Landschaftsminiaturen wie eine Verneigung vor Urgroßvater Johann Wilhelm Schirmer.

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Von Martina Schürmann