Essen. Erstmals seit Anfang der 1990er Jahre kommen wieder mehr Nicht-Deutsche nach Essen. Die einen nutzen die neue Freizügigkeit innerhalb der EU, andere fliehen aus Krisenländern – und viele Chinesen nutzen die guten Bildungsangebote. Die Stadt wird durch die Zuzügler jünger und bunter.

Von einem Trend mag noch niemand sprechen, doch Essen ist zum zweiten Mal in Folge gewachsen. Zwischen Ende 2012 und Ende 2013 stieg die Bevölkerungszahl von 571.407 auf jetzt 573.115. Mit den Zuzüglern wurde die Stadt auch jünger und multikultureller.

Das zeigt der Blick ins städtische Zahlenwerk (unter www.essen.de), und das bestätigt Barbara Erbslöh vom Amt für Statistik, Stadtforschung, Wahlen. In den vergangenen vier Jahren habe Essen eine stetige Zunahme an Nichtdeutschen verbucht: 3743 kamen 2013 hinzu, 2010 waren es noch 972. „Das jetzige Plus bewegt sich auf dem Niveau wie zuletzt Anfang der 90er Jahre.“

Vielfältige Altersstrukturen

Erheblichen Anteil an dieser Entwicklung haben Asylbewerber aus Serbien, Kosovo und Montenegro. Am stärksten gestiegen ist indes die Zahl der hier lebenden Polen, Rumänien – und Chinesen. So unterschiedlich wie die Herkunftsländer sind die Motive der Zuwanderer. Bei den einen machen sich EU-Osterweiterung und zunehmende Freizügigkeit bemerkbar, den anderen gehe es um gute Bildungsangebote: So sind die meisten Zuzügler aus China und Indien zwischen 18 und 24 Jahre alt; sie nehmen meist eine Ausbildung oder ein Studium auf.

Vielfältiger sei die Altersstruktur bei Griechen, Spaniern oder Italienern, die wohl in der Hoffnung auf Arbeit ihre krisengeschüttelten Heimatländer verlassen haben. Gern würde Erbslöh genauere Daten zum Hintergrund der Zuwanderer erheben, doch solche Forschung kann ihr Amt nicht leisten. Klar sei aber, dass Zuwanderer mit geringer Qualifikation, Sprachproblemen und kleinen Kindern „eine Herausforderung für die Planung der städtischen Infrastruktur darstellen“.

Hohe Anforderungen an Kitas und Schulen

Dabei geht es gar nicht so sehr um Stadtteile wie Altenessen, Katernberg oder Vogelheim, in denen traditionell viele Migranten leben. „Das verlagert sich seit einigen Jahren vom Norden mehr Richtung Innenstadt, in den Stadtbezirk I“, so Erbslöh. In Altendorf, im Stadtkern, Nordviertel, Ost-, West- und Südostviertel sind zwischen 55,9 und 75,7 Prozent der unter 18-Jährigen nicht deutsch oder haben eine doppelte Staatsangehörigkeit. Eine Zusammensetzung, die hohe Anforderungen an Kitas und Schulen stellt.

Dass Stadtplanung hier positiv gegensteuern kann, zeigt sich im neuen Uni-Viertel, das eine andere Sozialstruktur hat als das umgebende Westviertel. Ähnliches sei rund um den Niederfeldsee in Altendorf oder bei den neuen Allbau-Häusern im Nordviertel zu erwarten, glaubt Barbara Erbslöh. Wichtig sei, dass es nicht zum bloßen Nebeneinander alter und neuer Nachbarn komme. „Wenn sich das mischt, können spannende Viertel entstehen.“