Essen.. Die Mehrheitsbildung im neuen Essener Rat wird schwieriger, weil CDU und SPD vorerst auf Rivalität setzen. Die Grünen sind konstant, die AfD zieht klar in den Stadtrat ein. Die FDP schneidet schwach ab und die EBB gewinnt hauchdünn. Gibt es jetzt Rot-rot-grün?

Die Mehrheitsverhältnisse im Rat der Stadt sind nach der Ratswahl am Sonntag noch einmal deutlich schwieriger geworden. Obwohl die CDU sich in etwa halten konnte, hat das bislang knapp dominierende Viererbündnis aus CDU, Grünen, EBB und FDP vor allem wegen der Schwäche der Liberalen Stimmen eingebüßt und mit 45 von 90 Sitzen im neuen Rat keine Mehrheit mehr.

Die SPD konnte allerdings nicht profitieren und blieb gut drei Prozentpunkte unter dem Ergebnis der Ratswahl 2009. Rein rechnerisch wäre eine rot-rot-grüne Koalition möglich, doch gilt diese als schwierig. Die Alternative für Deutschland (AfD) schaffte es auf Anhieb mit 3,8 Prozent in den Rat, auch die Piratenpartei und die rechtspopulistische Pro NRW werden erstmals im Stadtparlament vertreten sein.

Wechselnde Mehrheiten

„Es wird komplizierter, nun da so viele Splitterparteien im Rat sind¨, sagte Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger von den Grünen, die ihre Prozentzahl in etwa halten konnten. Enttäuscht zeigte sich Udo Bayer, Fraktionschef des Essener Bürgerbündnis. Zwar legte das EBB hauchdünn zu und konnte sogar ein Mandat mehr erobern, doch hatte Bayer mehr erwartet. „Wegen der Vielzahl an Mitbewerbern hat es nicht geklappt. Zudem habe die „gezielte Kampagne“ (Bayer) gegen EBB-Ratsherr Karlgeorg Krüger womöglich doch Wirkung gezeigt.

Viele orakelten am Wahlabend, die Mehrheitsbildung werde nicht zuletzt durch die für 2015 anstehende OB-Wahl erschwert: „Eine große Koalition ist undenkbar, wenn in einem Jahr Kandidaten von CDU und SPD gegeneinander antreten werden“ sagte etwa Bürgermeister Franz-Josef Britz (CDU). Und: „Ich denke, bis 2015 wird es wechselnde Mehrheiten geben.“ Ähnliches hatte auch SPD-Fraktionschef Rainer Marschan prognostiziert.

Rot-rot-grünes Bündnis?

Oberbürgermeister Reinhard Paß riet der SPD als erneut größter Fraktion, die Initiative zu ergreifen und unvoreingenommen in Gespräche zu gehen. Allerdings gab er sich zurückhaltend zu Gedankenspielen über ein rot-rot-grünes Bündnis, wie es etwa der Vorsitzende der Essener SPD, Dieter Hilser, favorisiert. „Entscheidend ist, dass man die Stadt nach vorne bringt. Dafür braucht man möglichst zuverlässige Partner“, so Paß warnend.

Übereinstimmend äußerten die Ratsfraktionen ihr Unbehagen über den Einzug radikaler Gruppen. „Dass rechtspopulistische Parteien so klar im neuen Rat vertreten sind, ist schmerzhaft“, sagte Bundestagsabgeordnete Kai Gehring (Grüne).