Essen-Rellinghausen.. Streit um Lärm und Spielzeiten auf dem Bolzplatz an der Sartoriusstraße in Essen: Politiker lehnen einstimmig einen Zaun um die komplette Anlage ab.
Soll man einen Bolzplatz komplett umzäunen und einen Schließdienst einrichten, um das Spielende um 19 Uhr zu erzwingen? Diese Frage stellt sich im Umfeld der mehr als 100 öffentlichen Spielfelder in Essen häufig. Die Bezirksvertretung (BV) II hat sie nun im Falle der Sartoriusstraße einstimmig beantwortet: Auf keinen Fall solle man Kinder aussperren.
Schon länger schwebt der Streit um Lärm über dem Bolzplatz an der Sartoriusstraße, den die Stadt erst Anfang 2013 mit einem Kunstrasen zum Anziehungspunkt für Freizeitkicker aufrüstete. Auch ein Termin vor Ort, u.a. mit Ordnungsamt, Sozialarbeitern und Verantwortlichen des benachbarten Flüchtlingsheims, brachte keine Lösung. Anwohnerbeschwerden an Christi Himmelfahrt und zu Pfingsten 2015 brachten das Fass zum Überlaufen. Betreiber Grün & Gruga bat die BV II, die legalen Spielzeiten für Kinder bis 14 Jahre mit einem Zaun, Kostenpunkt 8500 Euro, und einem Schließdienst, jährlich 4200 Euro, zu zementieren. Ältere Jugendliche und Erwachsene sind rechtlich sowieso ausgeschlossen.
Auf der Straße ist das Spielen bis 22 Uhr erlaubt
„Das ist ein Paradebeispiel dafür, wie Einzelinteressen dem Gemeinwohl entgegen stehen“, kommentierte Peter Lankes, Sprecher der SPD in der BV II, und wies auf die paradoxe Situation hin: „Ab 19 Uhr ist Spielen auf dem Platz verboten, auf der Straße davor aber bis 22 Uhr erlaubt.“ Wenn es nach ihm ginge, so würde man die Spielzeiten eher verlängern: „Bis 20 Uhr kann man ruhig mal ein Auge zudrücken.“
Recht bekam er von CDU-Sprecher Heinz-Leo Draese. „Wir wollen doch, dass sich die Kinder ausreichend bewegen. Und so ein Riesenlärm entsteht dort auch nicht“, sagte er. Der anwesende Bezirks-Polizeibeamte Michael Börsdörfer berichtete, dass seit Dezember 2014 dort keine Ruhestörungen bei der Polizei gemeldet worden seien. Heinz-Leo Draese sah das Problem an der Sartoriusstraße auch nicht als ein Allgemeines: „Es handelt sich wohl im Wesentlichen um Einzelne. Ich habe den Eindruck, dass jemand am Fenster steht und eine E-Mail an das Ordnungsamt schickt, sobald nach 19 Uhr gekickt wird.“
Kinderbeauftragte plant ein Turnier für den Herbst
Aufhorchen ließ die Politiker die Bemerkung des Polizeibeamten Börsdörfer, dass es sehr wohl Einsätze an der Sartoriusstraße gegeben habe, aber im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsheim. Die Kinderbeauftragte Elke Zeeb (Grüne) berichtete daraufhin aus der Stadtteilkonferenz. „Streetworker haben sich mehrfach mit den Anwohnern getroffen, es geht im Wesentlichen um die Kinder aus dem Flüchtlingsheim. Im Heim wird auch regelmäßig angerufen, wenn nach 19 Uhr noch jemand Fußball spielt“, berichtete sie. Auch FDP-Mann Falk Thorsten Grünebaum brachte dieser Einblick in die Sartoriusstraße zum Stirnrunzeln: „Möglicherweise wird hier versucht, die Verstöße den Bewohnern des Übergangsheimes in die Schuhe zu schieben.“
Nach dem Motto „jetzt erst recht“ – oder um Heimbewohner, Kinder und Anwohner zusammenzubringen – plant die Kinderbeauftragte Elke Zeeb im Herbst ein Turnier auf dem Bolzplatz. Doch ein strukturelles Problem wird sie damit nicht lösen. „Wir haben im Stadtteil keine richtigen Angebote für Jugendliche ab 16 Jahre“, erinnerte SPD-Sprecher Peter Lankes. Ob er nun den Ball aufnimmt und „seine“ rot-rot-grüne Mehrheit an einer Spielerlaubnis für Jugendliche über 14 Jahren arbeitet, verriet er nicht.
Dann müsste man auch nach 19 Uhr an der Sartoriusstraße kein Auge mehr zudrücken. Denn Jugendliche dürfen auch länger draußen bleiben.