Essen. Monika Strerath ist Tischlermeisterin. Die 50-Jährige arbeitet besonders gerne mit ausrangierten Möbeln, die sie neu zusammensetzt.
Als Tischlerin muss Monika Strerath einen Spagat schaffen. Auf der einen Seite versteht sie sich als technisch versierte Handwerkerin mit Meisterbrief und Gewerbeschein. Gleichzeitig will die 50-Jährige aber auch kreativ sein und Produkte entwerfen, die nicht nur praktisch sind, sondern auch Emotionen wecken. Nur wer seinen eigenen Stil entwickelt, kann sich gegen die großen Firmen behaupten, da ist sich die Essenerin sicher. Ihrer künstlerische Seite lässt Strerath meistens nachts freien Lauf. Nach Feierabend entwirft sie in ihrer Wohnküche neue Möbel. Zuerst mit dem Bleistift, danach auf dem Computer. Wenn der Entwurf steht, geht es wieder in die Werkstatt.
Gleich über dem Eingang lagern alte Schubladen und Schranktüren. Bestimmt 60, 70 Stück. Monika Strerath weiß selbst nicht genau, wie viele es tatsächlich sind. Die meisten hat sie von Freunden geschenkt bekommen. Einige hat sie aus Kellern geholt oder auf Trödelmärkten gekauft. Je mehr Struktur und Schrammen das Material hat, desto besser. Manchmal bringen Kunden auch eigene Gegenstände mit, die später in einem neuen Möbelstück verbaut werden sollen. „Holz ist so ein tolles Material“, schwärmt Strerath, während sie sich Ohrenschützer aufzieht. „Es verändert seine Farbe und Form, es schrumpft, es quillt auf. Es hat verschiedene Maserungen und es fühlt sich gut an.“
Kleine Serienfertigung
Vor ein paar Jahren hat die gebürtige Schweizerin begonnen, personalisierte Hochzeitsbänke zu bauen. Die Bänke sind mittlerweile so etwas wie ihr Markenzeichen. Und das, obwohl die Materialien alle neu sind. Dafür ist der Brauch bereits Jahrhunderte alt und weitestgehend in Vergessenheit geraten: „Das Brautpaar kann die Bank mit in die Kirche nehmen und während der Zeremonie darauf sitzen“, erklärt Strerath und berichtet, dass viele Kirchen früher sogar eigene Bänke besaßen.
„Nach der Trauung wandert das Möbel in den Garten. Die Familie hat dadurch eine dauerhafte Erinnerung. Wenn die eigenen Kinder irgendwann mal heiraten, können sie dafür die Hochzeitsbank benutzen. Ein Paar hat bei mir auch eine Bank anlässlich des zehnten Hochzeitstages in Auftrag gegeben“, so die Tischlerin. Gut 20 Stunden werkelt Strerath im Schnitt an einer Bank. 640 Euro kostet schließlich das fertige Produkt. Sonderanfertigungen sind etwas teurer.
Fast eine kleine Serienfertigung
Auf eine Wand in ihrer Werkstatt hat Monika Strerath in riesengroßen roten Buchstaben geschrieben: „Ist das Kunst, oder kann das weg?“ In den Regalen liegen Werkzeuge, alte Postkarten und Konserven. Neben der Werkbank steht ein Eimer, in den Strerath Reste von Baumrinde wirft. Dann greift sie sich eine neue Bohle und schneidet sie in gleichgroße Bretter. Noch ein paar Meter weiter lagert bereits das Material für vier weitere Hochzeitsbänke. Mit einem dicken Filzstift hat die Tischlerin darauf kleine Symbole gemalt, die für Bein, Sitz, Lehne und Zarge stehen. „Momentan ist das hier schon fast eine kleine Serienfertigung“, scherzt Strerath. „So kann ich das verleimte Holz gleichzeitig trocken lassen.“
Rostige Lampenschirme
Etwa sieben Arbeitsschritte sind nötig, um aus einem nahezu kompletten Eichenstamm eine Bank zu machen: „Als Erstes werden die Hölzer in Bohlen aufgeschnitten“, berichtet die Tischlerin, die zuvor viele Jahre als Ergotherapeutin gearbeitet hat. „Das habe ich gerade gemacht. Danach wird gehobelt. Im dritten Schritt verleime ich die Bohlen miteinander und lasse das Ganze aushärten. Dann werden die Bretter auf Maß geschnitten, anschließend erneut verleimt – manchmal auch verschraubt. Schritt Nummer Sechs ist das Schleifen und am Ende öle ich das Holz noch ein.“
Die 50-Jährige hat eine Auswahl ihrer Arbeiten im Garten aufgestellt. Besonders stolz ist sie auf ein Regal, auf dessen Schubladen Motive aus einem alten Tischler-Lehrbuch gedruckt sind. Gleich danach kommt ein Fernsehtisch, der aus abgenutzten Supermarktpaletten besteht. Darauf stehen rostige Lampenschirme, die Strerath aus Blechdosen gebastelt und mit Engelfiguren verziert hat. Spätestens jetzt wird klar, warum die Steelerin in ihrer Werkstatt kistenweise Konserven sammelt.
„Wir sind hier in einem alten Stahlwerk“ sagt sie. „Ich arbeite natürlich viel mit Holz, aber auch mit anderen Materialien, zum Beispiel mit Stahl. Deswegen heißt meine Firma Holzschmiede 103. Schmieden heißt ja Verformen. Genau das möchte ich mit den Möbeln machen“, so die Meisterin.“ Schwierig, dieser Spagat zwischen Kunst und Technik.