Der Gleispark Frintrop bietet einen Ausblick auf die Güterzüge
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Essen. Im hintersten Winkel Essens, auf dem früheren Sammelbahnhof Frintrop, hat sich die Natur wieder etabliert - allerdings unter Bedingungen, die die Industrie gesetzt hat. Im Grenzgebiet zu Oberhausen haben sich noch Spurenelemente vom alten Ruhrgebiet erhalten.
Stadtgrenze - das Wort hat keinen guten Klang. Wieso gibt’s eigentlich Grenzen, hört man manchmal, wo im Ruhrgebiet doch eh alles ineinander übergeht. Aber Grenzgebiete haben ihre eigene Poesie, irgendwie gehen hier die Uhren langsamer. Das spürt man vielleicht nirgendwo klarer als im letzten Winkel von Frintrop, wo der Gleispark einen Besuch wert ist.
Früher, ab 1885, war hier eine riesige Eisenbahnlandschaft mit 24-Stunden-Betrieb - altes Ruhrgebiet wie aus dem Bilderbuch. Am Sammelbahnhof Frintrop wurden bis in die 1960er Jahre Kohlentransporte zusammengestellt und in die weite Welt geschickt, umgekehrt kam das Erz für das benachbarte Hüttenwerk, das schon auf Oberhausener Gebiet lag. Zu Spitzenzeiten fanden hier mehr als 1000 Eisenbahner ihr Auskommen. Heute hat sich, wie es so schön idyllisierend heißt, die Natur das Gelände zurückerobert.
Industrie-Relikte inmitten wilder Natur
Der Gleispark Frintrop
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Dabei ist eine eigenartige, fast steppenartige Landschaft entstanden. Tausende Tonnen Schotter und die von den Waggons gefallenen Kohle-, Erz- und Gesteinsreste schufen die Grundlage für eine Vegetation, wie sie für Industriebrachen typisch ist. Natürlich gibt’s da die Birke als klassischen Pionier, dann auch trockenliebende Pflanzen wie Nachtkerze und Goldrute. Der Regionalverband Ruhr, Eigentümer seit 1998, schneidet größere Flächen des Gleisparks immer wieder frei, was löblich ist. So bleibt der offene Charakter erhalten. Vorsicht aber: Der Begriff „Park“ könnte allzu hohe Erwartungen wecken. Blumenrabatten gibt’s hier keine, und die robuste Möblierung orientiert sich an jenen Zeitgenossen, die gerne alles kurz und klein hauen, wenn niemand hinsieht. Aber keine Bange: Der Gleispark ist stellenweise einsam, aber deshalb noch nicht gefährlich.
Wer Spaß an Industriearchäologie hat, findet an den zahlreichen Spazierwegen immer wieder Relikte wie etwa die Sockel von Signalen. Der Park ist zudem eingerahmt von zwei noch aktiven, viel befahrenen Schienensträngen, die einen erkennen lassen, dass das alte Ruhrgebiet doch noch nicht ganz Geschichte ist. Endlos lange Güterzüge rumpeln vorbei, einer hatte sogar Kohlen geladen. Ein Park mit Güterzug-Blick - Industrieromantik ist in Essen selten geworden.
Bis vor einigen Jahren überspannte das Gelände noch eine alte, marode, zuletzt gesperrte Eisenbrücke, die gerade noch zu Essen gehörte und das Retro-Feeling perfekt machte. Weil die Ripshorster Brücke für Oberhausen wichtig war, für Essen aber nicht, hat Essen 2006 einige Tausend Quadratmeter abgetreten, damit die Nachbarn neu bauen konnten. Heute glitzert und blinkt die Brücke etwas wichtigtuerisch, doch an der melancholischen Niemandsland-Anmutung dieser Gegend hat das nur wenig verändert. Gut so.
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