Fabrikhallen und Werksbahn-Brücke bilden Tor zur alten Krupp-Stadt
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Essen. Zwei architektonisch interessante Fabrikhallen und eine Werksbahn-Brücke durften als Veranstaltungsort, Parkhaus und Fußgängerweg ein neues Leben beginnen. Als Ensemble sind sie Zeugen der großen Essener Industriegeschichte.
Dreimal mindestens hätte dieses Ensemble kaputt gehen können, und dreimal hat es überlebt. Im Zweiten Weltkrieg überstand es die Bomben, kurz darauf dann die Demontage durch die Alliierten, und als sich Anfang der 1990er Jahre die Industrie an dieser Stelle der Stadt endgültig verabschiedete, schien Abriss die naturgegebene Lösung. Allen voran die damalige Baudezernentin Irene Wiese-von Ofen hatte da aber schon begriffen, dass Essen hier einen unentdeckten Schatz besaß. Ausgerechnet das „Tor zur Kruppstadt“, das weit über 150 Jahre die Trennlinie zwischen der einst riesigen Fabrik-Welt und dem restlichen Essen markierte, war nahezu unzerstört erhalten. Und architektonisch wertvoll war es - zumindest teilweise - auch noch.
Blickfang ist die gewaltige Kopfwand der 8. Mechanischen Werkstatt, die 1901 fertig gestellt wurde. Krupp war um diese Zeit auf dem Höhepunkt des unternehmerischen Erfolgs angelangt, man hatte die Mittel, um selbst Fabrikhallen wertig, solide und repräsentativ zu bauen. Auf der anderen Straßenseite steht das deutlich bescheidenere Gegenstück: Die Halle des Preß- und Hammerwerks entstand zwischen 1915 und 1917, im Ersten Weltkrieg also, als es mehr um Schnelligkeit ging. Verbindendes Glied ist die uralte, in ihrer Schlichtheit fast elegante Brücke der Werksbahn, die noch der alte Alfred Krupp um 1873 bauen ließ.
Die Atmosphäre der typischen Fabrikstraßen im Ruhrgebiet ist spürbar
Nicht nur von Ferne macht dieser besondere Ort Eindruck. Wer hier entlang spaziert, kann sich über etliche Meter noch in die Atmosphäre der alten Fabrikstraßen hineinfühlen, die das alte Ruhrgebiet prägten und die wegen ihrer Enge immer auch etwas Bedrückendes hatten.
Es war ein harter Kampf, bis die Entscheidung fiel: erhalten! Für die Mechanische Werkstatt fand sich eine glückliche Lösung, die auch das Innere der Halle weitgehend in die neue Zeit rettete: Für das Musical-Theater Colosseum gehören die eisernen Verstrebungen und die Reste von Kränen, Aufzügen und Umläufen fast ein wenig zur Show. Deutlich schwieriger war es auf der anderen Straßenseite. Ikea wollte seinerzeit unbedingt an die Essener Innenstadt und nahm dafür nach langen Verhandlungen in Kauf, das Preß- und Hammerwerk in ein Parkhaus umzuwandeln. Der Preis dafür war die komplette Entkernung der Halle und der riesige Schriftzug auf der Kopfwand. Die alte Brücke schließlich und die von mächtigen Mauern gestützte Trasse der Werksbahn dienen Fußgängern als Weg zum Colosseum.
Es ist erfreulich, dass Essen mit diesen gut genutzten Denkmälern an seine große industrielle Vergangenheit erinnert. Als die Einsicht kam, war eine architektonische Sauerei allerdings schon passiert. Unfassbar unsensibel und unnötigerweise wurde vor die Mechanische Werkstatt ein hässliches Bürogebäude gebaut, das den linken Teil der Fassade optisch versperrt und ihr einen Teil der Wirkung nimmt.
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