Essen-Altenessen. Ein Barfußschuh-Laden will weg aus dem Essener Norden. Damit bieten die Betreiber ein Beispiel, warum es dort meist Imbisse und Wettbüros gibt.

„Mini Mauken – Schuhe für Rabauken“: So heißt der Schuhladen den das Ehepaar Erdmann bisher in einem Keller in Altenessen betreibt. Die beiden suchen jetzt nach einem Ladenlokal in Rüttenscheid oder Werden.

Barfuß-Schuhladen im Essener Norden wird von Elternpaar betrieben

Die Schuhkartons im Hause Erdmann stapeln sich allmählich bis unter die Decke. Sorgfältig sind die Boxen in den Regalen einsortiert. „Aber bald platzt der Keller aus allen Nähten“, sagt Vanessa Erdmann. Ungefähr 300 Paar Schuhe stehen in dem kleinen Raum, der zurzeit als Verkaufsfläche dient.

Vor einem Jahr kommt die zweifache Mutter auf die Idee, einen Online-Shop zu eröffnen und Barfußschuhe speziell für Kinder zu vertreiben. Ihr Mann nutzt die Corona-Zeit und entwickelt einen Geschäftsplan.

Barfußschuhe haben eine extrem biegsame Sohle und sind seit einigen Jahren besonders bei Eltern beliebt, die diese für ihre Kinder kaufen.
Barfußschuhe haben eine extrem biegsame Sohle und sind seit einigen Jahren besonders bei Eltern beliebt, die diese für ihre Kinder kaufen. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Die Familie lebt mit den Söhnen in Altenessen, zwei und vier Jahre alt. Moritz Erdmann ist in dem Stadtteil groß geworden. Dass sie mal einen Schuhladen eröffnen, hätte sie nicht geglaubt. „Wir haben uns früher nie Gedanken um gesunde Füße gemacht und Schuhe auch im Discounter gekauft“, erklärt Vanessa Erdmann.

Bis die 32-Jährige mit Fußschmerzen zum Arzt geht und Einlagen verschrieben bekommt. „Die haben aber nicht genützt. Dann habe ich recherchiert,“ erzählt die junge Mama. Sie probiert Fuß-Yoga aus und Laufen mit nackten Füßen. Dann bestellt sie zum ersten Mal Barfußschuhe und ihr Interesse ist geweckt. „Ich trage keine anderen Schuhe mehr“, sagt die gelernte Vertriebskauffrau.

Altenessener Kellershop spricht sich in der Nachbarschaft herum

Dann kommt ihr die Idee eines eigenen kleinen Schuhladens. Sie nutzt die Elternzeit und liest sich ein: in Schuhwerk, Modelle und Hersteller. Ihre Kinder möchte sie nur noch auf gesunden Sohlen laufen lassen. Ein halbes Jahr später gibt es den Online-Shop. Am Anfang sind die beiden unsicher, ob sie überhaupt Käufer finden. Die Familie warnt sie. „Die meinten: Die Schuhe kauft doch niemand. Ihr seid verrückt mitten in der Corona-Zeit“, erinnert sich das Paar. Als der Shop online geht, bricht der Server zusammen. „Damit haben wir nicht gerechnet. Wir hatten direkt mehrere Bestellungen am Tag“, sagt Moritz Erdmann.

Der Kellershop spricht sich in der Nachbarschaft herum. Mittlerweile nehmen einige Kunden sogar eine Stunde Fahrtweg auf sich, um sich beraten zu lassen. „Kinderfüße stecken meistens in zu kleinen Schuhen. Der Barfußschuh passt sich der natürlichen Form an“, erklärt Vanessa Erdmann, die die Füße vor Ort ausmisst. Die Namen der Modelle kennt sie alle auswendig. Es gibt Schuhe in bunten Farben, mit Schnürsenkeln oder Klettverschluss. Sie sind leicht, biegsam und vorne breit geschnitten. Beim Tragen erinnern sie tatsächlich an das Barfußlaufen.

Allee-Center in Altenessen interessiert an Barfußschuh-Laden

Nun will sich das Ehepaar Erdmann vergrößern. Mit dem Laden raus aus der Wohnsiedlung, rein ins Zentrum von Rüttenscheid oder Werden. „Auf der Altenessener Straße gibt es keine Kaufkraft für unseren Laden. Wir brauchen nebenan Eisdielen und Biomärkte, keinen Dönerladen und kein Wettbüro“, sagt Moritz Erdmann, der mit dem Laden im Essener Süden vermehrt auf Laufkundschaft hofft.

Gesündere Alternative

Für eine gesunde Entwicklung der Füße sind Barfußschuhe laut Experten die gesündere Alternative zu herkömmlichen Schuhen. Durch ihre flexible und weiche Sohle ist der Fuß einerseits vor Kälte, Nässe und Steinen geschützt, andererseits berücksichtigen die Schuhe das natürliche Laufen des Kindes. Im Gegensatz zu Erwachsenen setzen Kinder ihre Füße deutlich flacher auf den Boden. Bei Erwachsenen können Barfußschuhe helfen, Fußbeschwerden zu lindern, indem Muskulatur aufgebaut wird. www.minimauken.de

Die Interessengemeinschaft in Altenessen kann dieses Argument nur bedingt nachvollziehen. „Das Allee-Center ist sicherlich eine gute Möglichkeit. Es deckt ein großes Spektrum von Läden ab“, sagt der Vorsitzende Peter-Arndt Wülfing. Allee-Center-Managerin Andrea Schwenke hätte den Schuhladen tatsächlich gerne in ihrem Einkaufszentrum: „Altenessen ist ein kinderreicher Stadtteil, was den Standort hervorhebt.“

Altenessen ist aber auch ein Stadtteil mit einer sehr gemischten Sozialstruktur. Wülfing hatte bereits im vergangenen Jahr betont: „Am Ende ist es die Kaufkraft der Bürger, die die kleinen Läden am Leben hält – und dafür gibt es in Altenessen, anders als etwa in Rüttenscheid, einfach nicht die Klientel.“ Die Struktur des Einzelhandels sei im Süden eine andere. Das Ehepaar Erdmann bleibt bei ihrem Plan: Rüttenscheid statt Altenessen soll es sein.