Essen-Frillendorf. Über zwei Jahre haben sie zu Hause am Rezept getüftelt. Bald ist ihre erste Sorte im Handel. Was hinter der neuen Essener Braumanufaktur steckt.

  • Zwei Essener lassen ihr eigenes Bier in einer bayrischen Brauerei brauen
  • Verkauft wird es in einem Getränke-Handel in Essen-Frillendorf
  • Zunächst haben die Essener 2000 Liter Bier bestellt, das sind etwa 300 Kisten

Langeweile macht kreativ: Das zeigen nicht nur Studien, sondern auch zwei Männer aus Essen. Die Corona-Zeit nutzen sie, um eine Braumanufaktur zu gründen. Ab November ist ihre erste Biersorte im Handel zu kaufen.

Zwei Jahre lang haben sie in Frillendorf in der eigenen Küche experimentiert. Küche und Keller werden in der Corona-Zeit zur Bierwerkstatt. Zwei Typen aus dem Ruhrgebiet, in Essen aufgewachsen, Mitte 30, eine Leidenschaft: Bier. „Wir trinken beide wahnsinnig gerne Bier. Damit hat alles angefangen“, sagt Philipp Jacobs, einer der beiden Gründer, und lacht.

Bier im kleinen Stil auf dem Kochtopf auf dem Herd gebraut

Das Bier aus der Essener Braumanufaktur soll es in einem Getränkehandel und im Online-Handel geben.
Das Bier aus der Essener Braumanufaktur soll es in einem Getränkehandel und im Online-Handel geben. © FUNKE Foto Services | André Hirtz

Vor ein paar Jahren macht der 37-Jährige ein Seminar zum Bier-Brauen. Danach ist seine Faszination geweckt. „Ich finde es toll, aus welch einfachen Zutaten man ein Bier mit eigener Note herstellen kann“, erzählt Jacobs. Er ist derjenige von beiden, der sich lange ins Handwerk eingelesen hat. Schon vor der Corona-Zeit braut er eigenes Bier – im Kochtopf auf dem Herd und im kleinen Stil. „Das waren nur ein paar Flaschen, für mich und ein paar Freunde“, erzählt der Familienvater.

Dann bricht die Pandemie aus, und mit ihr die Langeweile. Jacobs bestellt sich ein Bierbrau-Set, will im größeren Stil brauen und fragt seinen Kumpel, ob er mitmachen möchte. „Wir hatten viel Zeit. Stadion und Fußballverein hatten zu und auch sonst war nicht viel los“, sagt sein Kollege Denis Fischer, der sofort begeistert ist und sich um die Vermarktung kümmern will.

Die Kumpel tüfteln mehr als zwei Jahre an ihrer ersten Biersorte

Die eigene Wohnküche in Frillendorf mutiert zum Lieblingsplatz und das silberne Braugerät auf der Kochinsel zum neuen Hobbyzubehör. Die beiden Kumpel tüfteln mehr als zwei Jahre an ihrer ersten Biersorte. Bevor das Bier in die Flasche gefüllt wird, sind mehrere Schritte nötig. Das Brauen an sich dauert acht Stunden und ist – laut den Männern – mit viel Putzen verbunden.

Wenn das Malz geschrotet wird, fliegen die Körner wie wild durch die Gegend. Wenn Würze und Hopfen erhitzt werden, kocht das Gebräu auch gerne mal über. „Die Küche sah manchmal aus wie Kraut und Rüben. Das fand meine Frau nicht ganz so toll. Aber wir haben versucht, alles wieder in den Normalzustand zu bringen“, sagt Jacobs mit einem verschmitzten Grinsen.

Kleine Unfälle in den Anfängen des Bierbrauens

Nach dem Putzen heißt es dann: warten. Das Bier muss mehrere Wochen im Keller lagern und gären, bevor probiert werden kann. Einmal ist zu viel Kohlensäure im Getränk. Sie öffnen die Flasche und sofort springt der Kronkorken ab. Das Bier spritzt an die Decke und neue Wandfarbe muss her. Ein anderes Mal schmeckt das Gebräu so scheußlich, dass sie es direkt nach dem ersten Schluck wegkippen.

Immer wieder passen sie die Zutaten an und brauen neu. Am Ende sind es über ein Dutzend Versuche, bis das Rezept steht. Weitere Sorten sind geplant und sollen an das Ruhrgebiet erinnern. Ihr erstes Bier beschreiben die beiden Gründer als naturtrüb, charaktervoll und herb. DasCraftbeerwird stärker gebraut.

Exportbier, das in den 1970er Jahren im Ruhrgebiet getrunken wurde

Wo das Bier erhältlich ist

Das Bier wird ab November im Trinkgut-Laden in Frillendorf, Manderscheidtstraße 18, erhältlich sein.Außerdem folgt in Kürze ein Online-Shop unter www.essener-braumanufaktur.de. Auf Instagram sind die beiden Gründer schon unter ihrem Firmennamen zu finden. Eine Flasche soll im Online-Verkauf 1,99 Euro kosten.

„Das ist unsere Kreation eines Export-Biers, das in den 70er-Jahren im Ruhrgebiet oft getrunken wurde“, erklärt Jacobs. Auch der Name soll an die Heimat erinnern. „Schichtende“ heißt die erste Sorte – in Anlehnung an das Ende des Bergbaus und das traditionelle Bier nach dem Feierabend. Auf der Flasche prangt im Comic-Stil der Doppelbock der Zeche Zollverein. Darüber steht der Firmenname „Essener Braumanufaktur“ mit einer goldenen Krone.

Für den offiziellen Verkauf haben sie eine Partner-Brauerei in Bayern beauftragt. Dort wird das Bier gebraut und abgefüllt. Im November erwarten die Essener ihre erste Lieferung, die dann in Frillendorf im Getränkemarkt zu finden sein wird. „Wir haben schon unseren ersten Abnehmer gefunden. Ein Trinkgut-Laden um die Ecke“, freuen sich die Gründer.

Ansonsten wollen sie das Bier über einen Online-Handel vertreiben. Erstmal haben sie 2000 Liter bestellt – ungefähr 300 Kisten. Wenn die gut ankommen, wollen sie weitermachen. „Wir probieren es einfach mal aus und sehen, was passiert.“ Derzeit tüfteln die beiden auch schon an zwei weiteren Rezepten.