Essen. Statt ihre Arbeit zu tun, damit die Straßenbahnen nach Schneefall rasch wieder fahren, gefallen sich die Ruhrbahn-Vorstände in billigen Gesten.

Nebelkerzen zünden ist auch eine Kunst, die Vorstände der Ruhrbahn kennen sich da offenbar bestens aus. Denn die Pressestelle des Verkehrsbetriebs erheiterte uns jüngst mit der Mitteilung, dass die hoch bezahlten Manager nun höchstpersönlich beim Schneeräumen die Ärmel aufkrempeln. Das sieht kumpelhaft aus und wirkt sympathisch tatkräftig, kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier nur ein großes Versagen kaschiert werden soll.

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Denn die Kunden haben nichts von derlei populistischer Anbiederung an den kleinen Mann vom Betriebshof. Das Management eines Verkehrsbetriebs hat dafür zu sorgen, dass für den Winter Vorsorge getroffen wird – und zwar bevor die Lage eintritt und bevor binnen einer Nacht nichts mehr geht. Wie das funktioniert, kann die Ruhrbahn bei Verkehrsgesellschaften wie der in Frankfurt lernen, die mit geringem Aufwand Spezial-Straßenbahnen im Bedarfsfall mit Schneeschiebern ausrüsten.

Wer rechtzeitig seinen Job macht, muss nicht tagelang Peinlichkeiten kommunizieren

So werden die Schienen und Oberleitungen vorsorglich frei gehalten, sobald der Wetterdienst Schneefall prognostiziert. Wer rechtzeitig seinen Job macht, für den er gut bezahlt wird, muss nicht tagelang die Peinlichkeit kommunizieren, dass die Straßenbahnen nicht fahren können. Und kann sich dann auch billige Gesten schenken.

Aber die Ruhrbahn-Chefs sind nicht die einzigen, die versagt haben. Exakt zehn Jahre ist es her, dass Essen zum Gespött der Region wurde, als Pendler just beim Erreichen der Stadtgrenze in eine andere Welt eintauchten. Eine Welt, in der die Essener Entsorgungsbetriebe selbst Hauptstraßen entweder gar nicht oder nur schlecht von Schnee und Eis geräumt hatten und es einfach nicht genügend technische und personelle Kapazitäten zu geben schien, um die Stadt funktionsfähig zu halten. Genau dies ist nun erneut eingetreten. Man kann noch froh sein, dass wegen Corona weniger los ist auf den Straßen und an den Haltestellen, sonst wäre der Zorn der Bürger noch viel größer.

Niemand erwartet Wunderdinge nach einem solchen Wintereinbruch – nur etwas mehr Ehrgeiz

Dabei erwartet niemand Wunderdinge bei einem derartigen Wintereinbruch. Es ist klar, dass Verspätungen, vereinzelte Ausfälle und eben auch schlecht geräumte Straßen in einem gewissen Maß hinzunehmen sind. Nur: Etwas mehr Ehrgeiz, solche Lagen in den Griff zu bekommen, darf es in in den Chef-Etagen der städtischen Unternehmen schon geben. Man fragt sich, wie es die Verantwortlichen früherer Jahrzehnte schafften, mit geringeren technischen Möglichkeiten bessere Arbeit abzuliefern. Winter ist schließlich keine ganz neue Erfindung.

Dass auch der OB einräumt, man könne „natürlich nicht zufrieden sein“ ist eine Ohrfeige erster Klasse, der aber mehr folgen muss. Es muss endlich besser gelingen, den Steuern und Beiträge zahlenden Bürgern auch dann ihr Alltagsleben zu ermöglich, wenn es schwierig wird. Das und nichts anderes ist die Aufgabe.