Essen. Die Entsorgungsbetriebe Essen wollen ihren Recyclinghof von der Lierfeldstraße an die Emscherstraße verlagern. Darum überrascht das die Politik.

Die Entsorgungsbetriebe Essen (EBE) überraschen mit einer Wende bei der geplanten Verlagerung des Recyclinghofes in Altenessen. Der Müllhof, der seit 1989 an der Lierfeldstraße ansässig ist, soll an die Emscherstraße ziehen. Der eigentlich vorgesehene Umzug auf das Gelände des zentralen Betriebshofes der EBE an der Pferdebahnstraße im Krupp-Gürtel wäre damit hinfällig.

Mit dieser Volte verblüffte die Geschäftsführung der Entsorgungsbetriebe die Mitglieder des städtischen Planungsausschusses. Diese erfuhren zur eigenen Überraschung, dass die Pläne für einen neuen Recyclinghof an der Emscherstraße im Norden von Altenessen bereits weit gediehen sind.

Die Entsorgungsbetriebe Essen wollen eine Fläche von 14.600 Quadratmetern mieten

Dort wollen die Entsorgungsbetriebe ein 14.600 Quadratmeter große Gelände des Schrottverwerters Prison nutzen. Beide Seiten sind sich offenbar bereits über einen Mietvertrag einig geworden, langfristig steht auch ein Kauf des Grundstücks durch die EBE in Rede.

Dem städtischen Planungsausschuss präsentierte die Geschäftsführung bereits einen Entwurf für eine moderne Recyclingstation, die nur noch wenig gemeinsam hat mit der Ansammlung an Containern auf dem Recyclinghof an der Lierfeldstraße.

Die Wende bei der Standortsuche kommt insofern überraschend, schien doch ein Umzug des Recyclinghofes von Altenessen an die Pferdebahnstraße im Krupp-Gürtel ausgemachte Sache. An ihrem zentralen Betriebshof hatte die EBE eine 7500 Quadratmeter große Fläche für diesen Zweck ausgeguckt. Der Bezirksregierung Düsseldorf liegt bereits ein Antrag auf Genehmigung für die Lagerung von bis zu 150 Tonnen gefährlicher Abfälle sowie bis zu 1000 Tonnen nicht gefährlicher Abfälle vor. Nun heißt es, die Fläche wäre zu klein.

Das Genehmigungsverfahren für den neuen Recyclinghof der EBE dürfte ein Jahr dauern

Das Genehmigungsverfahren für den Standort an der Pferdebahnstraße wäre hinfällig, sollte die Aufsichtsbehörde für den geplanten Recyclinghof an der Emscherstraße grünes Licht geben. Das Verfahren bei der Bezirksregierung dürfte nach Einschätzung der EBE zwölf Monate dauern, zwei bis vier Monate kalkulieren die Entsorgungsbetriebe für den Bau des neuen Recyclinghofes ein.

Der Aufsichtsrat der EBE soll das Vorhaben bereits abgesegnet haben. In der Politik löste der geplante Umzug an die Emscherstraße hingegen zwiespältige Reaktionen aus. „Mit dem Gelände wird man sonst kaum etwas anfangen können“, sagt Wolfgang Freye. Der Vertreter der Linken im Planungsausschuss spielt damit auf die Altlastenproblematik an. Die jahrelange Nutzung als Schrottplatz hat ihre Spuren hinterlassen, der Boden soll metertief durch Schadstoffe belastet sein, weshalb das Grundstück beispielsweise für Wohnungsbau nicht infrage komme, so Freye. Insofern sei die Fläche von der EBE gut gewählt.

Das ausgeguckte Grundstück kommt wegen Altlasten für Wohnungsbau nicht infrage

Zwingend erforderlich, so Freye, sei jedoch ein tragfähiges Verkehrskonzept. Denn in unmittelbarer Nachbarschaft zum geplanten Recyclinghof an der Emscherstraße befindet sich das Unternehmen CAT Automobillogistik an der Stauderstraße. Für Anwohner sei der Lkw-Verkehr bereits ein Problem, die Verkehrsbelastung dürfte weiter zunehmen, wenn die EBE ihren Plan umsetzt.

Der Recyclinghof an der Lierfeldstraße zählt pro Tag durchschnittlich 1100 Anlieferungen. Immer wieder staut sich der Verkehr von der Zufahrt bis auf die Straße, auf der es dann kaum noch ein Durchkommen gibt. Für die SPD wirft Ratsherr Martin Schlauch die Frage auf, ob es sinnvoll sei, „das Verkehrsproblem von der Lierfeldstraße an die Emscherstraße zu verlagern“. Der von der EBE ausgeguckte Standort für den neuen Recyclinghof sei alles andere als zentral gelegen, kritisiert Schlauch. Und: „Von einer Aufwertung des Essener Nordens kann keine Rede sein.“

Vor der Zufahrt zum Recyclinghof an der Lierfeldstraße in Altenessen staut sich regelmäßig der Verkehr.
Vor der Zufahrt zum Recyclinghof an der Lierfeldstraße in Altenessen staut sich regelmäßig der Verkehr. © Essen | Kerstin Kokoska

Positive Reaktionen gibt es hingegen von der FDP. Deren Vertreter Thomas Spilker begrüßt den Umzug an die Emscherstraße. Bürgern würde das Anliefern und Entsorgen von Wertstoffen auf dem neuen Recyclinghof erleichtert. An der Lierfeldstraße böte sich die Chance, den Straßenverlauf zu begradigen. „So könnte die Engstelle Bernebrücke entfallen und Radwege verkehrssicher angebunden werden, zeigt Spilker sich überzeugt.

Recyclinghof Lierfeldstraße

Mit der Eröffnung des Recyclinghofes an der Lierfeldstraße setzte die Stadt Essen 1989 Standards in der Abfallwirtschaft. Mittlerweile gilt der Müllhof als zu klein und nicht mehr zeitgemäß. Wer dort Altmetall, Holz und Restmüll entsorgen will, muss die Abfälle in hohe Container wuchten. Auf dem neuen Recyclinghof soll die Entsorgungs komfortabler vor sich gehen. Ein Umzug steht seit Jahren in Rede. Das Grundstück gehört der städtischen Tochtergesellschaft EVB. Schon 2015 war es als potenzielle Fläche für den Wohnungsbau im Gespräch.

Eigentlich hatte die Stadt Essen die von der Automobillogistik genutzte Fläche in Altenessen-Nord als potenzielles Wohnbauland ausgeguckt. Als Ergebnis des Bürgerbeteiligungsverfahrens „Wo wollen wir wohnen?“ war die Fläche für diesen Zweck als geeignet befunden worden – als eine von sieben. Die Frage, wer denn neben einen Recyclinghof ziehen würde, stellt sich allerdings nicht mehr. Nach Angaben des Planungsamtes ist der Grundstückseigentümer nicht gewillt zu verkaufen.