Essen. Die Corona-Regeln gelockert, das Wetter schön: Die Essener zog es in die Biergärten und ans Wasser. In Rüttenscheid rückte Polizei mehrfach aus.
Das Wetter gut, die Corona-Regeln gelockert – erwartungsgemäß zog es viele Essener am Wochenende ins Freie. Der erste Biergartenbesuch seit einer gefühlten Ewigkeit, eine Runde Minigolf oder ein Ausflug mit dem Tretboot: Für viele war die Pandemie für einige Stunden ganz weit weg.
Zu weit, wie einige meinten. Sie machten ihrem Ärger über fehlende Abstände, Lärm und Dreck, zum Beispiel in Rüttenscheid, unter anderem in den sozialen Netzwerken Luft. In Rüttenscheid gab es in der Nacht auf den 30. Mai etliche Einsätze, bestätigt die Polizei: Alkoholkonsum habe zu Schlägereien, Ruhestörungen und Verstößen gegen die Pandemie-Regeln geführt. Denn bei aller Freude über die Lockerungen: Neben den drei Gs – geimpft, getestet oder genesen – als Voraussetzung für den Biergartenbesuch gelten weiterhin Abstandsregeln und zum Beispiel auf der Rüttenscheider Straße auch die Maskenpflicht.
Ganz entspannt ging es dagegen am Sonntagmittag vor dem Bootsverleih Werden zu. „Die Tage vorher konnten wir wegen der starken Strömung nicht öffnen. Nach den Regenfällen der letzten Wochen hätte man gegen die Wassermengen nicht antreten können“, sagt Hicham El-Moujed, Sohn des Inhabers. Jetzt hofft El-Moujed, die 20 Boote wieder regelmäßig vermieten zu können – auch wenn zwei davon aktuell blockiert sind: Ein Wasservogel bebrütet direkt vor den Booten seine sieben Eier. „Das ist jetzt unser Maskottchen“, sagt Hicham El-Moujed.
Viele Bürger erkundigen sich vor dem Besuch telefonisch
Seit gut einer Woche hat Fred Quast seine Minigolfanlage Am Stadtwald neben dem Ausflugslokal Heimliche Liebe wieder geöffnet. Am Wochenende hatte er gut zu tun, lange Schlangen blieben aber aus. „Ich bekomme ganz viel positive Rückmeldungen, die Leute sind froh, wieder an der frischen Luft etwas unternehmen zu können“, erklärt er. Viele erkundigten sich telefonisch nach den Bedingungen, unter denen das Minigolf-Spielen wieder möglich sei. Manchmal gebe es Verwirrung, weil zum Beispiel in Nachbarstädten aufgrund anderer Inzidenzen auch andere Regeln gelten würden.
Corona-Test neben Biergarten-Eingang
Die beiden „Finca und Bar Celona“ an der Westfalenstraße in Bergerhausen und der Wüstenhofer Straße in Altendorf haben jeweils ein Corona-Testzelt direkt neben dem Eingang, in dem sich nicht nur potenzielle Gäste testen lassen können.In Altenessen war der Biergarten auf dem Karlsplatz gut besucht. Wer dagegen zur Zeche Carl wollte, wurde enttäuscht. Der Biergarten war am Wochenende noch geschlossen. Auch wer spazieren gehen wollte, brauchte an manchen Orten Geduld: Vor dem Grugapark bildeten sich am Sonntag lange Schlangen.
„Die meisten haben Verständnis für die drei Gs und bringen sofort ihren Impfpass oder ihre Testbescheinigung mit“, beobachtet er. Allerdings habe er auch schon eine negative Reaktion per E-Mail bekommen. Jemand wolle die Anlage nicht mehr besuchen, wenn er eine Impfbescheinigung vorzeigen müsse. „Dabei haben wir die Regeln doch gar nicht gemacht“, sagt Quast, der die Anlage seit 19 Jahren betreibt und sie von seinem Vater übernommen hat.
Damit der Abstand gewahrt bleibe, lasse er derzeit nur 18 Gruppen auf die 18 Bahnen. Für Peter Wieler, Frank Brunnenkant und Sabine Kortmann ist das kein Problem. Sie gehören zu den rund 30 „Hardcore“-Minigolfern, die sich regelmäßig dort treffen. „Es ist toll, dass es jetzt wieder losgeht. Dass vorher nichts ging, haben wir aber gut ausgehalten, weil wir ja einsehen, dass der Verzicht wichtig ist, um die Coronazahlen in den Griff zu bekommen“, betont Sabine Kortmann. Sie nutzte das schöne Wetter, um ihr einjähriges Enkelkind erstmals auf die Anlage mitzunehmen. „Nachwuchswerbung“, sagt sie und lacht.
Den „Hardcore“-Minigolfern gehe es um die Bewegung an der frischen Luft, aber auch um Geselligkeit. „Aber man entwickelt schon Ehrgeiz. Irgendwann findet man es nicht mehr seltsam, dass es für jede Bahn und jedes Wetter einen eigenen Ball gibt“, sagt Peter Wieler, der fast täglich trainiert.
Die Abwechslung nach mehreren Wochen zu Hause freut Familien
Für Nadine und Daniel Schüler mit ihren Söhnen Luke (5) und Paul (4) sind solche Ambitionen kein Thema. „Wir sind froh, dass wir nach so vielen Wochen zu Hause mit zeitweiser Quarantäne jetzt nach überstandener Corona-Infektion endlich wieder draußen etwas unternehmen können“, sagt Daniel Schüler. „Aber man muss sich insgesamt erst wieder an die Routinen des Alltags gewöhnen.“
Stefan Romberg, Wirt des benachbarten Ausflugslokals Heimliche Liebe, ist froh, dass die beschauliche Zeit erst einmal vorbei ist und sein Biergarten mit rund 400 Plätzen hoch über dem Baldeneysee am Wochenende sehr gut besucht war. Allerdings hat er seit Tagen nicht nur die Grillzange in der Hand, sondern auch meist das Handy am Ohr.
„Ich bekomme rund 100 Anfragen am Tag, was geht und was nicht, ob man reservieren muss oder nicht.“ Die Verwirrung kann er gut verstehen. Selbst er als Gastronom müsse sich jeden Tag neu informieren, was nun gerade gelte. „Wir legen uns jeden Tag Zettel hin, welches Datum auf dem Impfpass oder Test stehen muss.“
Viele Besucher genießen ein bisschen Normalität und schauen nicht auf den Euro
Die Terrasse sei bis Sonntagmittag gut besucht gewesen, Schlangen vor dem Lokal habe es aber keine gegeben. Zwei, drei Tische seien immer frei gewesen. Allerdings habe er täglich rund 20 Leute wegschicken müssen, die keines der drei Gs erfüllt hätten. „Fast alle reagieren verständnisvoll. Die Leute wollen einfach raus, viele essen etwas und schauen nicht auf den Euro“, freut sich der Wirt, der auf weitere Lockerungen hofft. Für Elena und Christoph Strato (beide 33) ist die aktuelle Situation schon Grund genug zur Freude. Sie genießen es, endlich wieder draußen zu sitzen. „Man weiß solche Dinge jetzt vielmehr zu schätzen.“