Essen. Die sehr aufwändige Logistik hinter den „Lolli-Tests“ zwingt viele Essener Schulen in die Knie – etwa 20 Prozent verschieben den Start.
Der Start des so genannten „Lolli-Tests“ an Essener Grund- und Förderschulen ist am Montag ausgesprochen holprig verlaufen. Etwa 20 Prozent der Schulen im Stadtgebiet haben die Einführung des „Lolli-Tests“ verschoben, heißt es seitens der Stadtverwaltung. Diese Schulen arbeiten in den nächsten Tagen weiter mit den Schnelltests, die bereits seit Wochen benutzt werden.
Eltern müssen Testdaten elektronisch übermitteln
Die Gründe für die Verschiebung sind unterschiedlich: Nicht an allen Standorten ist rechtzeitig das notwendige Material angekommen, andernorts konnten die Schulen nicht mehr die gesamten Abläufe organisieren. Besonders die von einigen Laboren vorgeschriebene Benutzung einer App für Lehrer und Eltern stellt die Beteiligten vor Schwierigkeiten.
Der „Lolli-Test“, bei dem Kinder 30 Sekunden auf einem Wattestäbchen herumlutschen, gilt als einfacher in der Handhabung als die Antigen-Schnelltests, die bislang an Schulen verwendet wurden und an weiterführenden Schulen auch weiter verwendet werden. Die Analyse des „Lolli-Tests“ ist aber wesentlich aufwändiger, weil sie erstens im Labor bearbeitet werden, und weil es sich zweitens um ein zweistufiges Verfahren handelt, bei dem Eltern viel stärker eingebunden sind als beim Schnelltest.
Eltern und Lehrer sollen eine App auf ihr Handy spielen zur Datenübermittlung
Montagmorgen, Ardeyschule Rellinghausen, Klasse 1a: Etwa 15 Kinder bekommen von der Klassenlehrerin ihre Test-Sets ausgehändigt und lutschen 30 Sekunden lang auf einem Wattestäbchen herum. Die Stäbchen werden von der Lehrerin eingesammelt und in einem Behälter verschlossen. Dieser Behälter wird wenig später in ein Labor in Leverkusen gefahren. Ermittelt wird dort, ob in einer Klasse ein positiver Fall existiert. Wer genau infiziert ist, kann dieser so genannte „Pool-Test“ noch nicht benennen.
Dass eine App benutzt werden muss, erfuhren die Schulleiter erst sehr spät
So weit, so klar – aber: „Dass wir eine App benutzen müssen und die Eltern auch, damit die Daten übertragen werden, wurde uns bei einer landesweiten Info-Videokonferenz in der vergangenen Woche nicht gesagt“, berichtet Anke Seifert, die Schulleiterin. Denn wenn die Klassensätze analysiert wurden in den Pool-Tests, geht die Arbeit erst richtig los – zumindest im Fall einer positiven Laborprobe.
So ist der Plan: Jedes Kind bekommt einen zweiten Test mit nach Hause. Taucht in einer Klasse ein positives Ergebnis auf, wird die Schule benachrichtigt. Die Kinder der betroffenen Klasse müssen dann am nächsten Tag zu Hause den zweiten „Lolli-Test“ durchführen. Zu Hause bleiben müssen sie ja sowieso – denn an allen Schulen ist „Wechselunterricht“, bei dem ein Tag in der Schule vom nächsten mit Distanzlernen daheim abgelöst wird. Der zweite Test muss dann morgens in die Schule gebracht, die Daten per App von den Eltern ans Labor übermittelt werden. Dazu müssen die Eltern einen Strichcode mit ihrem Smartphone einlesen, der dem Test-Kit beiliegt.
Mehrheit der Essener Proben wird im Rheinland analysiert
„Als wir realisiert haben, welcher Aufwand betrieben werden muss, um die Eltern einzubinden, haben wir beschlossen, den ,Lolli-Test’ erst in der kommenden Woche einzuführen“, berichtet eine Schulleiterin aus dem Essener Norden.
Allein die landesweite Logistik, mit der die Tests von allen Grund- und Förderschulen in NRW in die Labore gekarrt werden, hat die Verwaltungen wochenlange Arbeit gekostet: So werden die Mehrheit der Tests aus Essener Schulen in Laboren in Leverkusen und Mönchengladbach analysiert. Die Fahrten der Essener Schulen hat die städtische Tochtergesellschaft RGE übernommen, die sonst unter anderem für die Reinigung von Schulen sowie die Mittagsverpflegung für Schüler zuständig ist.
Was für die „Lolli-Tests“ spricht
Die Gründe für die Einführung von „Lolli-Tests“ sind einleuchtend:
Erstens ist die Handhabung für Kinder wesentlich einfacher - statt (wie beim Schnelltest) sich mit einem Wattestäbchen in der Nase zu bohren, müssen sie nur 30 Sekunden lang auf einem Wattestäbchen herumlutschen.
Zweites Argument: Weil es sich um PCR-Tests handelt, die vom Labor analysiert werden, gelten die Ergebnisse als sehr viel sicherer als die Resultate der Antigen-Schnelltests.
Die Idee, so genannte „Pool-Testungen“ durchzuführen, also ganze Klassensätze mit Proben zu analysieren auf eventuelle Covid-Infektionen, hat den Vorteil: Man kann wesentlich mehr Proben in kurzer Zeit nehmen, was angesichts der geringen Infektionszahlen an Schulen auch sinnvoll erscheint. Nachteil: Taucht in einer Klasse ein positiver Fall auf, startet die aufwändige Ermittlungs- und Logistikkette, die durch die zweiten Tests erforderlich wird und nicht ohne die Hilfe von Eltern funktioniert.
Die Ergebnisse der zweiten Tests werden den Schulen und Eltern übermittelt – erst dann steht fest, welches Kind genau mit Corona infiziert ist. Dieses Kind muss dann in Quarantäne.