Essen. Mediziner der Uniklinik Essen haben erste Erkenntnisse zu Spätfolgen. Eine Betroffene erklärt, wie sich das Post-Covid-Syndrom anfühlt.
Die Infektion mit dem Coronavirus ist schon Monate her, doch dann fühlen sich viele Covid-Patienten plötzlich schwach: Mediziner am Uniklinikum Essen (UKE) sind diesem Post-Covid-Syndrom auf der Spur. In speziellen Ambulanzen untersuchen sie seit mehreren Monaten Patientinnen und Patienten, die auch nach der akuten Krankheitsphase noch Symptome haben oder sie sogar dann erst entwickeln.
„Die Sprechstunde ist sehr gut angenommen worden“, sagt Professor Christoph Kleinschnitz, Direktor der Klinik für Neurologie. Etwa 200 Betroffene seien bereits in Essen untersucht worden. Daher hätten die Mediziner bereits erste Anhaltspunkte dafür, welche Symptome nach Covid-19 häufiger vorkommen. „Viele Patienten berichten, dass sie über Monate abgeschlagen sind“, sagt Oberarzt Dr. Mark Stettner. „Häufig kommen auch Unruhe und Schlaflosigkeit hinzu.“ Woher solche Symptome rühren, welche Therapien in Frage kommen und ob das Coronavirus langfristige Schäden im menschlichen Organismus anrichten kann, diesen Fragen gehen die Mediziner verschiedener Disziplinen gemeinsam nach.
Über die Folgen der Infektion ist bisher erst wenig bekannt, aber die Ärztinnen und Ärzte haben bereits einige Daten ausgewertet, die sie für eine Studie über Post Covid sammeln. Sie stammen von 75 Patientinnen und Patienten im Alter zwischen 22 und 74 Jahren, die sich in der Ambulanz gemeldet haben. Die meisten erscheinen ungefähr drei Monate nach der Infektion, rund 75 Prozent der bisher untersuchten Personen sind Frauen und der Großteil war eher leicht erkrankt. „Über die Hälfte berichtet von Konzentrationsstörungen und Fatigue, also Müdigkeit und Erschöpfung“, sagt Stettner.
Patientin: „Alles kostet unheimlich viel Energie“
So geht es auch seiner Patientin Swantje Klopfer. Die 57-jährige Duisburgerin arbeitet im sozialen Dienst eines Altenheims und hat sich dort infiziert. „Ich hatte sehr hohes Fieber und starke Luftnot“, sagt sie. „Ich war kaum in der Lage aufzustehen und hatte richtig, richtig Angst.“ In der Nachbarschaft hatte es einen Todesfall in Zusammenhang mit dem Coronavirus gegeben und die Krankenschwester achtete genau auf ihre Symptome.
Um einen Krankenhausaufenthalt kam sie herum, nach acht Wochen nahm sie ihre Arbeit wieder auf. Aber sie spürte schnell, dass sie nicht wieder bei alten Kräften war. „Ich habe Tage, da fühlt sich der ganze Körper an wie Blei, alles kostet unheimlich viel Energie“, sagt sie. Sie habe Gelenkschmerzen, komme schneller außer Atem als früher. Obwohl sie sich sehr müde und erschöpft fühlt, kann sie oft nicht schlafen, weil es sie überall juckt, sobald sie zur Ruhe kommt. Was es damit auf sich hat und wie sie Linderung erfahren kann, dazu erhofft sie sich Erkenntnisse nach ihrer Untersuchung in der Uniklinik. Einer Teilnahme an der Studie hat sie schon zugestimmt.
Essener Ärzte haben erste gute Nachrichten
Mit Fragebögen, ausführlichen neurologischen sowie Blut-Untersuchungen wollen die Mediziner der Uniklinik herausfinden, woher solche Symptome rühren und wie sie behandelt werden können. Eine erste gute Nachricht gibt es: Bisher haben die Forscher keinerlei Anzeichen dafür, dass es sich um dauerhafte Einschränkungen handelt. Die Symptome würden mit der Zeit abnehmen.
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Während sich Stettner und seine Kollegen auf die neurologischen Folgen von Covid-19 konzentrieren, kommen zu Oberarzt Dr. Thomas Wessendorf in die Ruhrlandklinik Patienten, die vor allem Beschwerden mit der Atmung haben. Und auch er kann bereits sagen: „Die gute Nachricht ist, dass bei der überwiegenden Mehrzahl der Betroffenen die Lungenfunktion zurückkommt.“
Dabei spricht er vor allem von eher leichter erkrankten Patienten, die nicht auf der Intensivstation beatmet wurden, aber trotzdem später über Luftnot bei Belastung klagen. In 90 Prozent der bisher untersuchten Fälle – es sind ungefähr 50 – habe er keine dauerhaften Veränderungen an der Lunge feststellen können. Vielmehr gehe es um den Atemrhythmus, der unter anderem auch in Angstsituationen verändert sein kann. Deshalb arbeiten sowohl der Lungenexperte als auch die Neurologen eng mit Kollegen aus der Psychosomatik zusammen. Denn die psychische Belastung einer Infektion mit dem Coronavirus sei nicht zu unterschätzen.
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