Essen. Die Wohnungspreise sind in Essen im vorigen Jahr deutlich gestiegen. Experten erwarten nun, dass die Corona-Pandemie diesen Trend vorerst stoppt.

Der Essener Immobilienmarkt ist zwar lange nicht so überhitzt, wie der in Berlin, München oder Düsseldorf. Aber auch in Essen kannten die Immobilienpreise in den vergangenen Jahren nur eine Richtung: nach oben.

Diesen Aufwärtstrend könnte die Corona-Pandemie nun stoppen. Hiesige Immobilienexperten erwarten für dieses und nächstes Jahr eher stagnierende, in manchen Lagen möglicherweise auch fallende Preise. "Das wird nicht gleich in den nächsten drei bis vier Monaten passieren. Aber Ende des Jahres oder Anfang nächsten Jahres werden manche Immobilienbesitzer Probleme bekommen", glaubt Stefan Pásztor, Vorstandsvorsitzender vom Ring Deutscher Makler (RDM) in Essen. Vor allem dann, wenn der Lockdown noch deutlich länger andauere, könnte der ein oder andere Immobilienbesitzer gezwungen sein, zu verkaufen.

Preise für Wohnungen in Essen steigen im Schnitt um acht Prozent 

2019 waren die Preise für Neubau- und Bestandswohnungen in Essen um acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Das hat der Gutachterausschuss festgestellt. "Solche Preissteigerungen sehe ich 2020 und 2021 nicht. Aber es wird auch keinen Wertverlust geben", schätzt Georg Meintrup ein. Er leitet die Immobilientochter der Sparkasse Essen. Mit Notverkäufen rechnet Meintrup nicht. 

Stefan Pásztor ist da skeptischer. Die Corona-Krise könnte Haus- oder Wohnungsbesitzer dann in Schwierigkeiten bringen, wenn sie wegen Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit ihre Kredite nicht mehr stemmen können. In der Vergangenheit seien einige Käufer bei der Finanzierung an die Grenzen gegangen.

"Ich erlebe immer wieder bei Zwangsversteigerungen, dass Finanzierungen auf Kante genäht sind", sagt Pásztor, der auch als Zwangsverwalter tätig ist. Auch bei anstehenden Umschuldungen würden Banken in Zukunft wohl genauer hinschauen. "Nicht jeder wird mehr an billiges Baugeld herankommen."

Aber auch kleine Immobilienbesitzer, die sich ein Mehrfamilienhaus als Anlage gekauft hätten, könnten jetzt in die Bredouille kommen, wenn sie einen gewerblichen Mieter im Haus haben, der die Mietzahlungen aussetzen muss. "Dann könnte die Krise auch einfache Immobilieninvestoren treffen", so Pásztor. 

Niedrige Bauzinsen machen Immobilienkauf weiter attraktiv 

Die Folge dürfte sein, dass einige Immobilienbesitzer gezwungen sein werden, zu verkaufen, meint Pásztor. Allerdings wohl nicht so bald. Denn viele Banken bieten ihren Kunden dieses Jahr an, die Tilgung ihrer Kredite auszusetzen. Danach aber könnten vermehrt Immobilien auf den Markt kommen, was dann auch die Preise drücken könnte.

Pásztor rechnet allerdings nicht damit, dass sich der Immobilienmarkt in Essen auf Dauer abkühlen wird. "Das ist allenfalls eine kurzfristige Entwicklung", meint er. Denn es gebe immer noch genügend Leute, die Geld haben, um es in Immobilien zu investieren. Dies sei auch weiterhin attraktiv wegen der nach wie vor niedrigen Bauzinsen. 

Flächendeckende Preiskorrekturen erwartet Pásztor daher nicht. "In guten Lagen in Essen werden sicherlich die Preise hoch bleiben", schätzt der RDM-Chef. In einfachen bis mittleren Lagen könnte es dagegen wieder etwas nach unten gehen. Georg Meintrup von der Sparkasse dagegen meint: "Ich würde nicht auf fallende Preise setzen."

Käufer unsicherer in Corona-Zeiten 

Die Unsicherheit in der derzeitigen Corona-Krise wird sich aller Voraussicht aber auf die Zahl der Verkäufe auswirken. Die Experten glauben, dass Käufer für eine gewisse Zeit vorsichtiger agieren und Kaufentscheidungen dadurch länger dauern. "Bislang ging es flugs, wenn eine Immobilie auf den Markt kam. Doch Verkäufer müssen sich möglicherweise nun etwas gedulden, bis sie den richtigen Käufer gefunden haben", sagte Meintrup.

Beispiele für Preisentwicklungen in Essen

Doppelhaushälfte, 115 bis 130 qm, mittlere Lage, Bestand: 410.000 Euro (Vorjahr 350.000 Euro)

Eigentumswohnung, 80 qm, mittlere Lage, Bestand: 1500 Euro/qm (Vorjahr 1250 Euro)

Eigentumswohnung, 60-120 qm, mittlere Lage, Neubau: 3000 Euro/qm (Vorjahr 3000 Euro)

(Quelle: Preisspiegel Ring Deutscher Makler Essen)