Essen-Bedingrade. Die Essener Initiative „Rettet den Klostergarten“ will eine Bebauung mit selbst errichteten Hinweisschildern verhindern. Nun steht Ärger ins Haus.

Die Bürgerinitiative „Rettet den Klostergarten“ stemmt sich weiterhin vehement gegen die Umsetzung des Bebauungsplans „Moosstraße/Laarmannstraße 17/16“ und die damit geplante Bebauung im parkähnlichen Franziskusgarten. Aus Protest stellten die Anwohner nun eigenmächtig Schilder auf, die darauf hinweisen, dass das Areal seit 1974 im Landschaftsschutzgebiet Pausmühlenbachtal liegt. Eine strafbare Aktion, sagt die Stadt.

Zur Erinnerung: Die Franziskusschwestern hatten einen Teil ihres Areals an die Wohnungsgenossenschaft Essen-Nord abgetreten, die nun am Rande des Klostergartens auf einer Gesamtfläche von 2,25 Hektar 110 Wohneinheiten, eine dreigruppige Kindertagesstätte, drei Tiefgaragen und einen 1.400 Quadratmeter großen Spielplatz errichten will.

Protest begann schon Ende 2019

Seit Bekanntwerden dieser Pläne Ende des Jahres 2019 regt sich Protest der unmittelbaren Nachbarn, der damals in der Gründung der Initiative „Rettet den Klostergarten“ mündete. Die Initiative sieht sich als Gruppe von Umweltschützern, die sich für den Erhalt von Grünflächen in Zeiten des Klimawandels einsetzt. Denn neben einiger Wirtschaftsgebäude des ehemaligen Franziskus-Krankenhauses, Garagen und dem 1930 erbauten Franziskushaus der Ordensgemeinschaft samt Kapelle und Sakristei würden auch 100 Bäume gefällt werden müssen.

An der Schloßstraße haben die Aktivisten ihr selbst erstelltes Schild unter das der Stadt Essen gehängt.
An der Schloßstraße haben die Aktivisten ihr selbst erstelltes Schild unter das der Stadt Essen gehängt. © Initiative „Rettet den Klostergarten“ | Daniel Breiderhoff

Gebaut wurde im Landschaftsschutzgebiet allerdings schon früher: „Seit 2013 haben die Ordensschwestern dort ein neues Mutterhaus errichten lassen und vorher ihrem ehemaligen Verwaltungsleiter ein Grundstück an der Moosstraße 12 verkauft, der dort ein Einfamilienhaus mit zwei Garagen bauen ließ“, erklärt Initiativensprecher Arnulf Breiderhoff. „Damals mit Hilfe eines vermeintlichen Schlupflochs im Baurecht“, wie er sagt. Denn für diesen Teil des Franziskusgartens gebe es einen gültigen Bebauungsplan für einen Krankenhauserweiterungsbau im Jahr 1979, der, laut Breiderhoff, jedoch nie umgesetzt wurde, da das Franziskuskrankenhaus Mitte der 1980er Jahre aufgegeben wurde. Heute befindet sich in dem ehemaligen Krankenhaus das Seniorenstift St. Franziskus und das Cosmas-und-Damian-Hospiz. Damals wurde der Landschaftsschutz nicht aufgehoben und besteht bis heute“, erklärt Breiderhoff. „Dies wollen wir durch die Hinweisschilder deutlich machen.“

Die Initiative stellte daher in Eigenregie acht Schilder mit dem Hinweis „Landschaftsschutzgebiet seit 1974“ an verschiedenen Standorten auf: zwei in der Schloßstraßen-Kurve, zwei am Wendehammer in der Moosstraße in Höhe der Hausnummer 12, eines an der Bergheimer Straße und drei an der Laarmannstraße. „Die Schilder sind etwas kleiner als das Original und wurden von uns aus der eigenen Tasche bezahlt“, sagt Breiderhoff.

Der Initiative könnten nun jedoch weitere Kosten ins Haus stehen, „denn die Kennzeichnung von Landschaftsschutzgebieten könne ausschließlich durch die Untere Naturschutzbehörde erfolgen“, stellt Stadtsprecher Patrick Opierzynski klar. Für das unbefugte Anbringen beziehungsweise Aufstellen speziell von Landschaftsschutzgebiet-Schildern komme eine Strafe wegen Amtsanmaßung nach Paragraf 132 Strafgesetzbuch in Betracht. „Die Zuständigkeit für die Verfolgung von Straftaten und entsprechender Ermittlungen liegt bei der Staatsanwaltschaft.“ Dies könne mit bis zu zwei Jahren Freiheitsentzug geahndet werden.

Arnulf Breiderhoff (li.) und Wolfgang Knipp haben nach Gründung der Bürgerinitiative Unterschriften gesammelt, um die Bebauung des Areals im Franziskusgarten zu verhindern bzw. einzuschränken. Nun stellten sie Hinweisschilder mit dem Vermerk „Landschaftsschutzgebiet seit 1974“ auf. Widerrechtlich, wie die Stadt sagt.
Arnulf Breiderhoff (li.) und Wolfgang Knipp haben nach Gründung der Bürgerinitiative Unterschriften gesammelt, um die Bebauung des Areals im Franziskusgarten zu verhindern bzw. einzuschränken. Nun stellten sie Hinweisschilder mit dem Vermerk „Landschaftsschutzgebiet seit 1974“ auf. Widerrechtlich, wie die Stadt sagt. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Da hilft es wenig, dass die Stadt den Landschaftsschutz des Areals bestätigt: „Das Grundstück des Klosters, um dessen Nachnutzung es geht, befindet sich mit der Teilfläche des Klostergartens im Landschaftsschutzgebiet, ausgewiesen durch die Landschaftsschutzgebietsverordnung aus dem Jahr 1974“, so Opierzynski. Durch diese Verordnung seien die erfassten Grundstücke genauso landschaftsrechtlich geschützt wie durch einen Landschaftsplan.

Dass dort noch keine Landschaftsschutzschilder aufgestellt wurden, liegt daran, dass der Landschaftsplan derzeit vom Umweltamt für das gesamte Stadtgebiet Essen überarbeitet wird, da bis dato im Essener Norden nur die Landschaftsschutzgebietsverordnungen gültig sind, die von der Bezirksregierung Düsseldorf aufgestellt wurden. Nur diese könne als Höhere Naturschutzbehörde den Landschaftschutz für eine mögliche Bebauung des Grundstücks aufheben. „Eine entsprechende Voranfrage wurde bei der Bezirksregierung Düsseldorf bereits gestellt“, so Opierzynski. Unter der Voraussetzung, dass der Baumbestand möglichst erhalten bleibt beziehungsweise Ersatzpflanzungen erfolgen, sei eine Entlassung aus der Landschaftsschutzgebietsverordnung in Aussicht gestellt worden.

Bußgeld schreckt BI nicht

Arnulf Breiderhoff und seine Mitstreiter nehmen die Nachricht ihres „Rechtsbruchs“ eher gelassen zur Kenntnis, zumal es sich bei ihren Schildern nicht einmal um Verkehrsschilder handelt, sondern nur um einen längst überfälligen Hinweis. Von daher ist eher von einem Bußgeld in zweistelliger Höhe zu rechnen.„Wir sind bereit, die fälligen Ordnungsgelder zu bezahlen“, sagt Breiderhoff. Uns geht es um die Sache und den Umfang der im Franziskusgarten geplanten Bebauung.“

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Bei dieser zeigt sich die Initiative bis zu einem gewissen Grad kompromissbereit. Bereits im Oktober 2019 hatte diese dem Oberbürgermeister Thomas Kufen einen Kompromissvorschlag unterbreitet. „Wir wollen die Baumaßnahme auf 55 Wohneinheiten reduzieren“, so Breiderhoff. Die Neubauten sollten ausschließlich auf den versiegelten oder ehemals versiegelten Flächen entstehen. Mit dem Ziel, den parkähnlichen Franziskusgarten zu erhalten. „Im Gegenzug wäre für uns auch die planungsrechtliche Umwandlung des neuen Mutterhauses, sprich die Lösung aus dem Landschaftsschutz, akzeptabel.“

Verkehrszeichen sind allein Sache der Ämter

Das Aufstellen von Schildern ist laut Stadt generell nicht unproblematisch. Dies gelte auch und im Besonderen für Verkehrszeichen. Je nach Fall könnten sich Privatpersonen durch das unerlaubte Anbringen von Verkehrsschildern (beispielsweise Geschwindigkeitsbeschilderungen) im öffentlichen Verkehrsraum wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr nach
§ 315b StGB strafbar machen. Dieser werde mit Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren belegt oder mit Bußgeldern, deren Höhe vom Ausmaß des Eingriffs abhängt. Der Versuch allein ist bereits strafbar.

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Für das Aufstellen beziehungsweise Anbringen von Verkehrsschildern im öffentlichen städtischen Verkehrsraum sei ausschließlich die Verkehrsbehörde zuständig, die dazu die notwendige Anordnung erteilt, so die Stadt weiter. Grundsätzlich gilt: Wenn ein Schild, ein Aufsteller oder eine Hinweistafel im öffentlichen Raum eingebracht wird, bedarf es stets einer Sondernutzungsgenehmigung, die vom Amt für Straßen und Verkehr ausgestellt wird. Privat aufgestellte Straßenschilder entfalten keine Rechtswirkung.

Erlaubt: Hinweise auf Privatgrund

Straßen- und Hinweisschilder können privat von jedermann erworben, dürfen aber nicht aufgestellt werden. Der ADAC hält eine Liste vor, in der alle Verkehrszeichen dargestellt sind. Hinweisschilder wie „Betreten verboten“ oder „Warnung vor dem bissigen Hund“ sind auf Privatgrundstücken erlaubt.