Duisburg. Das Chemiewerk „Venator“ in Duisburg veräußert Immobilien – darunter auch Werkswohnungen. Wir haben nachgefragt, wie es für die Mieter weitergeht.
Vielen Duisburgern ist „Venator“ noch unter dem traditionsreichen Namen „Sachtleben“ bekannt. Der Chemiekonzern hat rund die Hälfte seiner zuvor 726 Arbeitsplätze abgebaut (wir berichteten). Die Titandioxid-Produktion wurde bereits von Homberg nach Krefeld verlagert. Nun prüfe Venator den Verkauf von insgesamt 31 Immobilien, so eine Sprecherin, „Darunter sind auch Werkswohnungen.“ Was das für den Konzern bedeutet und wie es mit den Mietern weitergeht.
Stellenabbau bei Venator: „Wir hatten eine tolle Gemeinschaft“
Gerald Hüfken (61) ist Mieter eines Werkshaus auf der Eisenbahnstraße in Duisburg-Homberg. Der Schalke-Fan wohnt dort seit 2018 mit seiner Frau Claudia und einem kleinen Hund. Auch die anderen Häuser in der Reihe sind oder waren im Besitz von Venator. Der leidenschaftliche Motorradfahrer war fast 30 Jahre Chemikant in der Titandioxid-Produktion. 2021 hat er das Werk verlassen.
„Ich war der Letzte, der auf den Zug aufgesprungen ist und die Abfindung mitgenommen hat“, erzählt der 61-Jährige. Die Strukturen bei Venator hätten ihm nicht mehr gefallen. Trotzdem sei ihm die Entscheidung nicht leicht gefallen: „Das war sehr traurig. Wir hatten eine tolle Gemeinschaft.“ Danach folgte ein Job als Verkäufer beim Baumarkt „Hornbach“. Im vergangenen Jahr wurde er abgeworben: Seitdem arbeitet Hüfken bei der Firma „Moerser Frischeprodukte“ und ist für die Abwassertechnik zuständig.
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Verkauf von Werkswohnungen: Venator verhandelt mit Mietern
Sein Mietshaus ist aus dem Jahr 1907, hat 130 Quadratmeter Wohnfläche und einen Garten. Der Blick auf das Venator-Werk und ein kurzer Weg zum Essenberger See ist inklusive. Das Alter sieht man dem Gebäude nicht an. Es ist in einem guten Zustand – hell, modern eingerichtet und renoviert. „Ich habe bereits 30.000 Euro in das Haus investiert“, berichtet der 61-Jährige. Viele handwerkliche Arbeiten habe er selbst geleistet.
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„Venator und die Hausverwaltung waren immer entgegenkommend“, lobt der 61-Jährige. Direkt nach Einzug wurde die Haustür ersetzt, das Badezimmer erneuert. Diese Erfahrung bestätigt ein anderer Mieter.
Das Manko bei Hüfkens Mietshaus: Der Keller ist feucht und das Dach muss erneuert werden. „Man muss noch etwas Geld in die Hand nehmen“, vermutet der ehemalige Venator-Mitarbeiter. Auch in anderen Werkshäusern sei es feucht im Keller. Die meisten Gebäude seien alt, der Zustand der Wohnungen variiere.
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Laut einer Unternehmenssprecherin habe Venator nie die Räumung der Wohnungen geplant. Der Konzern informierte die Mieter über den Verkauf, „um ihnen die Möglichkeit zum Kauf einzuräumen“. Gerald Hüfken berichtet, dass er im November 2024 über die mögliche Veräußerung per Brief informiert wurde. Der Inhalt war keine Überraschung: „Die Gerüchteküche brodelte bereits im Sommer.“
Schnell war klar, dass die Familie das Haus kaufen möchte. Der 61-Jährige machte Venator Ende November ein Angebot. Aktuell laufen die letzten Verhandlungen. „Der Preis ist gut.“ Gleiches hören wir von einem anderen potenziellen Käufer.
Verkauf von Werkswohnungen: „Kein Anzeichen für Schließung des Werks“
In der Veräußerung der Immobilien sieht Betriebsratsvorsitzender Uwe Sova „kein Anzeichen für eine Schließung des Werks“. Auch andere Unternehmen hätten sich längst von ihren Werkswohnungen und Büroflächen getrennt. Die Belegschaft nehme die Entscheidung gemischt auf: „Einige sagen: Jetzt wird das Tafelsilber verkauft“, so Sova. Der Betriebsratsvorsitzende macht aber deutlich, dass Wohnungsvermietung „keine Kernkompetenz eines Chemieunternehmens ist“.

Die Unternehmenssprecherin betont: „Venator ist sich seiner sozialen Verantwortung bewusst. Erst wenn die Gespräche mit den jeweiligen Mietern abgeschlossen sind, bieten wir die betreffenden Immobilien am freien Markt an.“
Nicht alle Mieter könnten oder wollten laut Gerald Hüfken die Wohnungen kaufen. Ein Nachbar sei bereits umgezogen. Die Hausverwaltung suche aber Käufer, die die aktuellen Bewohner dort leben lassen. Neben Beschäftigten von Venator und ehemaligen Mitarbeitern gibt es auch Bewohner, die nichts mit dem Chemiekonzern zu tun haben.