Duisburg. Die Duisburger Dünen sollen ein Wohn-/Büroviertel mit vielen Innovationen werden. Was dort geplant ist – von Geothermie und Seilbahn bis Rooftop Bar.

Um das Großbauprojekt „Duisburger Dünen“ ist es sehr ruhig geworden nach der Öffentlichkeitsbeteiligung im Herbst 2022. Seit dem Abriss des alten Güterbahnhofs sind die Sträucher auf der 28 Hektar großen Brache zwischen Hauptbahnhof, A59 und Bahntrasse in die Höhe gewachsen. Ursprünglich sollte der Bebauungsplan für das gemischte Quartier 2025 in Kraft treten, laut neuem Zeitplan erst Ende 2026 (siehe unten). Dass die Überarbeitung des Planungskonzeptes länger dauert, liege vor allem daran, dass die Gebag als Grundstücksbesitzerin es sehr ernst nehme mit dem Auftrag, ein „Zukunftsquartier“ vorzubereiten, sagt Projektleiter Stefan Christochowitz: „Wir wollen dort möglichst viele und nachhaltige Innovationen umsetzen.“

Das erfordere, gerade in dieser Größenordnung, besonders viele Untersuchungen und Gutachten, Abstimmungen mit Behörden – manchmal Pionierarbeit, ordnet Christochowitz ein: „Das sind sehr, sehr komplexe Planungsvorgänge.“

Güterbahnhofsgelände: Hoffnung auf Erdwärme für die Duisburger Dünen

Wie im Fall der Wärmeplanung. Der Favorit der Gebag: oberflächennahe Geothermie. „Wir hätten durch Energie, die kostenlos in der Tiefe ganzjährig zur Verfügung steht, einen nahezu autarken Stadtteil.“ Mit der Erdwärme aus den oberen 150 bis 200 Metern könnten theoretisch „70 bis 80 Prozent des Wärme- und Kältebedarfs gut und kostengünstig abgedeckt werden“.

Zur Verdeutlichung: Damit würden Heizungen und Klimaanlagen von etwa 2000 Wohnungen und die Büros von bis zu 8000 Menschen versorgt. Zur Steigerung der Effizienz und der Wirtschaftlichkeit würde das kalte Nahwärmenetz, in das auch Abwärme von Rechenzentren oder anderen Wärmequellen eingespeist werden könnte, durch Wärmepumpen ergänzt.

ONLINE WAZ Duisburg Am Alten Güterbahnhof, Duisburger Dünen 1920x1080px
Der städtebauliche Entwurf für die Duisburger Dünen zwischen Bahnstrecke und A59. © Funke | Anna Stais

Ob der Plan aufgeht, werden demnächst Machbarkeitsuntersuchungen und Erkundungen durch die Gebag zeigen. Unter anderem für die Sondierungsbohrungen starten in Kürze Rodungsarbeiten auf dem Gelände. Im Erfolgsfall wäre für die Versorgung über Geothermie in Kombination mit Wärmepumpen eine hohe Förderung durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) möglich. Die Alternative: Fernwärme.

Schwammstadt mit grünen Dächern und höchstem Gebäude der Stadt

Das Dünen-Viertel soll außerdem eine „Schwammstadt“ werden: Vom Regenwasser wird möglichst viel vor Ort aufgenommen und gespeichert, es soll nicht in der Kanalisation verschwinden. Dazu soll die gesamte Oberfläche im Quartier abgedichtet werde, darüber wird eine ein bis zwei Meter dicke Schicht mit Bodenmaterial aufgetragen, das besonders viel Wasser aufnehmen kann.

Das sorgt nicht nur für ein besseres Mikroklima, sondern auch für Schutz vor Starkregen und Überschwemmungen. Überschüssiges Wasser wird genutzt, um den Grundwasserspiegel zu erhöhen. Auch begrünte Dächer sollen Wasser auffangen, dennoch Platz für viele Photovoltaikanlagen lassen.

Auch interessant

Apropos Dächer: Die aktuellen Planungen sehen meist fünf- bis sechsstöckige Gebäude vor, an der Südspitze ein 15-stöckiges Hochhaus, vier weitere im nördlichen Drittel (15, 15, 20, 29 Etagen). Das neue höchste Gebäude Duisburgs soll eine stadtbildprägende Landmarke werden – und ganz oben könnte vielleicht sogar eine Rooftop-Bar einziehen. „Ob all das umgesetzt wird, werden später natürlich die Investoren entscheiden“, verdeutlicht Jens Sperke, Bereichsleiter Flächenentwicklung bei der städtischen Tochtergesellschaft.

„15-Minuten-Stadt“ – vielleicht mit Seilbahn-Anschluss

Ganz sicher aber sollen die Dünen eine „15-Minuten-Stadt“ werden, in der man von der Grundschule bis zum Supermarkt alles binnen einer Viertelstunde erreicht – ohne Auto. Für Individualverkehr ist Platz nur auf der Haupterschließungsstraße und der Karl-Lehr-Straße.

Die Alternativen zum Auto: Ein Radweg führt – irgendwann hoffentlich als Teil des Radschnellwegs RS1 – ganz im Westen durch den Dünen-Park, verbindet Hauptbahnhof und Dellviertel. Durch die Mitte verläuft eine zentrale Promenade für Fußgänger. Und bekommt Duisburg tatsächlich eine urbane Seilbahn zwischen Hauptbahnhof und 6-Seen-Wedau, wird eine Station in den Dünen liegen (wir berichteten).

Auch interessant

„Urbane Quartiere“ bieten Bauherren Spielraum

Wie ressourcenschonend, energieeffizient und zukunftssicher ein Quartier gebaut wird, bewertet auch die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB). Sie hat ein Bewertungssystem für die Themenfelder Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte sowie technische und prozessuale Qualitäten entwickelt. Für ihr Quartier strebt die Gebag eine Auszeichnung an – „mindestens in Gold“, meint Jens Sperke. Die Krönung wäre Platin.

Jens Sperke, Bereichsleiter Flächenentwicklung bei der städtischen Tochtergesellschaft Gebag.
Jens Sperke, Bereichsleiter Flächenentwicklung bei der städtischen Tochtergesellschaft Gebag. © Gebag | Bettina Osswald

Die Verfolgung dieses Ziels sei kein Selbstzweck. Auch Banken orientierten sich bei der Finanzierung von Bauprojekten an der Zertifizierung, so Christochowitz. „Wir schaffen damit weitere Argumente für Investoren, nach Duisburg zu kommen.“

Ein anderer Faktor: Flexibilität, auch im Rahmen des beschlossenen Bebauungsplanes. Ein Drittel der 24 Baufelder soll als „Urbane Quartiere“ ausgewiesen werden, in denen eine Mischnutzung möglich ist, etwa Gastronomie im Erdgeschoss, Büros und Wohnungen in oberen Etagen. So können Bauherren auch auf aktuelle Marktlagen reagieren. In einer Büromarktkrise wie heute könnten sie mehr Wohnungen bauen.

>> DER NEUE ZEITPLAN FÜR DIE DÜNEN

  • Den neuen Zeitplan für das Bauleitplanverfahren erörtert Jens Sperke, Bereichsleiter Flächenentwicklung bei der Gebag.
  • Das Projektteam bereitet zurzeit die Beteiligung der Behörden und sonstiger Träger öffentlicher Belange vor, diese soll Ende Januar erfolgen.
  • Der Offenlagebeschluss soll vor der Kommunalwahl (14.9.2025) erfolgen; die erneute, formelle Beteiligung der Öffentlichkeit ist im Sommer 2025 vorgesehen.
  • Der Satzungsbeschluss des Rates soll bis Mitte 2026 erfolgen.
  • Nach aktueller Planung könnte der Bebauungsplan Ende 2026 rechtskräftig sein, danach die Vermarktung starten.
  • Die Gebag hatte das Gelände 2018 von Unternehmer Kurt Krieger (Möbelhaus Höffner) gekauft.
  • Projektseite der Gebag: am-alten-gueterbahnhof.de