Welcher Stadtteil das Vorbild für Duisburg-Neuenkamp war
•
Lesezeit: 7 Minuten
Duisburg. Neuenkamp wurde erst spät besiedelt. In den 1920ern begann die Stadt dort mit Siedlungsbau – nach dem Vorbild eines anderen Duisburger Viertels.
Die längste Zeit war Duisburgs Stadtteil Neuenkamp entweder Flussbett des Rheins oder dessen Überschwemmungsgebiet. Erst als es Deiche gab, führte ein kleines Bergwerk zur größeren Besiedlung. Heute ist Neuenkamp ein Wohnort in bevorzugter Lage, wenn man weit genug von der Autobahn entfernt ist.
Der Name besagt, dass es sich um Neuland handelt. Zuvor aber hat dieses Land mehrfach die Rheinseite gewechselt. Vor der Zeitenwende hat es linksrheinisch gelegen. Ganz rechtsrheinisch wurde es erst, als der Rhein sich vor etwa 500 Jahren seinen heutigen Lauf gesucht hat, der seitdem durch Mauern und Deiche festgelegt ist.
Duisburg-Neuenkamp: Das Gebiet wurde erst im 18. Jahrhundert besiedelt
Die Überschwemmungen hinterließen einen fruchtbaren Lehmboden. Ein Teil davon hieß Königsacker und wird heute von der A40 durchschnitten. Der Königsacker blieb noch lange in Staatsbesitz. 1733 umfasste er 32 Hektar. Aber das übrige Gebiet hatte der Statthalter des deutschen Königs in Duisburg schon 1278 der Stadt geschenkt. Zu den Folgen des Dreißigjährigen Kriegs (1618 bis 1648) gehörte es, dass die Stadt 1672 den neuen Kamp versetzt hat, um andere Schulden zu begleichen.
Erst im 18. Jahrhundert wurde der neue Kamp besiedelt. Erster Siedler war 1747 Dietrich Krins aus Hochemmerich. 1818 zählte das Dorf 158 Einwohner. Die bisherigen Wanderarbeiter aus Holland und von der Lippe, die nach Duisburg kamen, um dort Ziegeln zu brennen, siedelten sich dauerhaft an. Krins‘ Hof wich 1960 dem Ausbau der Essenberger Straße.
Weil Duisburg selbst ein Rheinhafen fehlte, hatte die Börtschifffahrt seit 1674 Bedeutung, ein fester Linienverkehr mit den Niederlanden. Die Schiffe wurden vom Rheinufer aus von Pferden gezogen. Die Anlegestelle war Ende des 18. Jahrhunderts in Neuenkamp. Dorthin konnte der Weg zur Essenberger Fähre genutzt werden, die es seit 1569 gab .1828 bis 1832 wurde auf Drängen der Duisburger Kaufleute der Rheinkanal gebaut. Er läutete das Ende der Börtschifffahrt ein.
In Hochfeld war seit 1854 die Hütte Vulkan in Betrieb. Sie wollte den Kohlebedarf durch eine eigene Zeche decken und stieß 1855 unter Neuenkamp auf geeignete Steinkohle. Aber noch ehe die Zeche Java, wie sie hieß, fördern konnte, ging Vulkan pleite. Die Arbeiten kamen zum Stillstand.
Anschluss über Essenberger Straße erfolgte erst spät
1861 hatte Neuenkamp 427 Einwohner, heute sind es rund 3000. 1864 wurde der Rheinkanal zum Außenhafen ausgebaut. Sein Südufer gehört zu Hochfeld. Der Warenumschlag nahm rasant zu. Anfang der 1890er Jahre siedelte sich die Vorläuferin von Esso dort an. Erst nach 2003 sind diese Anlagen abgebaut worden. Heute gibt es eine vielfältige Nutzung.
Erst die Neuanlage des Schachts Franz Ott ab 1912 durch die Bergwerksgesellschaft Diergardt aus Hochemmerich führte zum Erfolg. 1914 begann die Förderung. Sie war am Ende des Zweiten Weltkriegs nach einem Luftangriff kurz unterbrochen. Aber der weitere Ausbau wäre unrentabel gewesen, so dass sie 1963 eingestellt wurde. Die Stadt Duisburg hat ab 1968 dort ein Neubaugebiet errichtet.
Historische Fotos aus Duisburg-Neuenkamp
1/24
Die Konkurrenz zwischen den Städten Ruhrort, Meiderich und Duisburg um den Schiffsverkehr führte dazu, dass Duisburg 1895 bis 1898 nördlich des Außenhafens den Parallelhafen anliegen ließ. Er diente dem Kohleumschlag. Anfang der 1970er Jahre gab es dort Öltanks und Logistikfirmen. Heute findet auch Containerumschlag statt .Von 1905 bis 1908 wurde das Gebiet zwischen Parallelhafen, Rhein und Ruhr eingedeicht. Aber erst 1910 wurde Neuenkamp mit der Essenberger Straße ans übrige Straßennetz angeschlossen, mit einer Brücke am Marientor (bis dahin nur über Kaßlerfeld).
Brüder montierten in Neuenkamp eigene Flugzeuge
Ab 1911 montierten die Brüder Karl und Peter Strack in Neuenkamp eigene Flugzeuge. 1912 wurde ein Flugplatz eröffnet. Das Gelände gehört heute zu Kaßlerfeld. Der Flugplatz war auch Sitz eines Flugsportvereins. Von 1914 bis 1926 ruhte der Flugbetrieb. Von 1939 bis 1944 nutzte die Luftwaffe den Flugplatz. Die Segelflieger machten nach dem Krieg weiter, zogen aber 1955 nach Wesel.
1912 wurde eine Straßenbahnlinie nach Neuenkamp eröffnet. Die Stadt selbst hat 1927/28 nach dem Vorbild der Dickelsbach-Siedlung in Wanheimerort südlich der Essenberger Straße mit der ersten systematischen Besiedlung begonnen. Vor 1945 wuchs der Stadtteil auf rund 2000 Personen. Viele der 450 Gebäude waren dann aber teilweise oder ganz zerstört.
Für den Wiederaufbau wichtig wurde die 1948 gegründete Siedlungsbaugenossenschaft „Selbsthilfe“. Sie vergab die Wohnungen vor allem an Handwerker, die selbst Hand anlegen konnten Auf dem ehemaligen Flugplatz hat sich 1955 die Westdeutsche Ytong-AG angesiedelt mit einem Werk für Leichtbausteine mit 200 Beschäftigten. Es ging schon 1957 in Konkurs. Die Ruhrbau-Mineralöl-Raffinerie-GmbH aus Mülheim/Ruhr übernahm 79 Hektar, baute darauf bis 1960 die Purfina-Raffinerie. 1988 wurde sie stillgelegt, ist heute nur noch Tanklager.
Hallenbad wurde 1974 gebaut
Seit 1970 führt die A40 über den Rhein und bildet die neue Nordgrenze von Neuenkamp. Seitdem wurden die Flächen zwischen ihr und der Essenberger Straße als Gewerbegebiet ausgebaut. Dabei ist es durch die Verlängerung der Straße Am Schlütershof gelungen, den Lkw-Verkehr von der Autobahn und nach Kaßlerfeld aus dem Wohngebiet herauszuhalten.
1974 wurde das Hallenbad an der Friedrich-Rücker-Straße gebaut. Es wird heute von einem Sportverein betrieben .Die Nahversorgung ist seit 2010 durch einen Neubau an der Ecke Javastraße/Essenberger Straße aufgewertet.
>>Erstes Schulgebäude entstand 1831
Das evangelische Gemeindeleben begann 1897 mit privaten Bibelstunden. Von 1912 bis 2013 gab es das erste Gemeindehaus. Es wurde 1944 zerstört und wieder aufgebaut. Im neuen Gemeindehaus von 2014 sind ein Familienzentrum und eine sozialpädagogische Tagesgruppe zuhause. Gottesdienste finden im benachbarten Seniorenzentrum statt.
Ein erstes katholisches Gotteshaus wurde 1911 als Vereinshaus mit Saal gebaut. Es wurde erst 1954 als Kirche geweiht. Ab 1949 war Neuenkamp eigenständige Pfarrei. 1975 wurde das Provisorium abgerissen, 1976 die neue Heilig-Kreuz-Kirche gebaut. Sie ist seit 2017 geschlossen.
Eine erste Volksschule für 20 Kinder gab es ab 1798. 1831 entstand an der Lilienthalstraße das erste Schulgebäude. 1875 haben drei Lehrer 209 Schüler unterrichtet. 1904 wurde für die katholischen Kinder im gleichen Gebäude eine eigene Volksschule eingerichtet. Sie bezog 1930 an der Lilienthalstraße einen Neubau. Die evangelische Volksschule zog ihr nach. Beide Schulen wurden mit Kriegsbeginn 1939 nach Kaßlerfeld verlegt. Militär zog ein.
Nach Kriegsende 1945 befanden sich im Gebäude eine Gemeinschafts- und eine katholische Volksschule. 1966 zog Erstere in einen Neubau an der Friedrich-Rücker-Straße. Sie wurde dort 1968 zur Hauptschule. Die lief 1995 aus. Das Gebäude wurde dann als Lehrerseminar genutzt, dient seit 2015 als Flüchtlingsquartier. Die katholische Volksschule blieb im alten Gebäude, ist heute Gemeinschaftsgrundschule.
Sie haben vermutlich einen Ad-Blocker aktiviert. Aus diesem Grund können die Funktionen des Podcast-Players eingeschränkt sein. Bitte deaktivieren Sie den Ad-Blocker,
um den Podcast hören zu können.