Duisburg. Thyssenkrupp Steel und der Fernwärmeverbund Niederrhein wollen die Nutzung industrieller Abwärme ausbauen. Wie Duisburg und Dinslaken profitieren sollen.
Zur Produktion von Fernwärme könnte Thyssenkrupp Steel Europe (TKSE) schon bald mehr Energie als bisher liefern. Der Stahlkonzern hat mit dem Fernwärmeverbund Niederrhein (FVN) eine Absichtserklärung zum Ausbau der langjährigen Partnerschaft zur Nutzung industrieller Abwärme unterzeichnet. Die FVN, ein Gemeinschaftsunternehmen der Stadtwerke Dinslaken und Duisburg, sehen Potenzial zur klimaneutralen Versorgung von weiteren 7000 Haushalten.
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Mehrere Anlagen, wie die Hubbalkenöfen des Warmbandwerks 2, die Weiterverarbeitungsanlagen in Beeckerwerth und die Wasserwirtschaft Beeckerwerth, werden auf eine mögliche Nutzung überschüssiger unvermeidbarer Abwärme für die Fernwärmeversorgung überprüft, teilt TKSE mit.
Klimafreundliche Fernwärme für bis zu 40.000 Haushalten
Dabei sollen die technischen und wirtschaftlichen Realisierungschancen untersucht werden. Zusätzlich werde die Integration von speziellen Kältemaschinen zur Kälteerzeugung im Sommer erwogen. Diese Maschinen sollen überschüssige Wärme nutzen, um Fernkälte zu erzeugen, die dann in das Fernkältenetz von Thyssenkrupp Steel in Beeckerwerth eingespeist wird.
Die Nutzung industrieller Abwärme bietet erhebliche Vorteile für beide Partner. Durch die Integration ungenutzter Quellen und die effiziente Nutzung der Ressourcen kann der Einsatz fossiler Brennstoffe und damit der CO2-Ausstoß bei der Fernwärme-Produktion reduziert werden. Insgesamt können die Partner dann bis zu 40.000 Haushalte am Niederrhein mit klimafreundlicher Fernwärme versorgen.
Abwärme ist ein „wesentlicher Baustein“ für die Wärmewende
„Durch die Nutzung unserer Abwärme können wir nicht nur unsere Energiekosten senken, sondern auch einen bedeutenden Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten“, erklärt Peter Petri, Leiter Energie- und Medienmanagement von Thyssenkrupp Steel. „Diese Partnerschaft zeigt, wie Industrie und Energieversorgung Hand in Hand für eine grünere Zukunft arbeiten können.“
Allerdings bleibt ein Grundproblem: Die industriellen Energiequellen für die Fernwärme sind nicht „grundlastfähig“. Die ständige und dauerhafte Verfügbarkeit ist nicht gesichert, die Absicherung gegen mögliche Ausfälle, etwa bei Stillständen der Anlagen, müssen die Nutzer der Abwärme selbst übernehmen. „Geliefert wird nach Können und Vermögen“, sagt Peter Petri.
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Dennoch sei die Nutzung unvermeidbarer Abwärme für die Fernwärmeversorger am Niederrhein „ein wesentlicher Baustein im Rahmen der Transformation der Wärmeversorgung, die bis 2045 komplett klimaneutral aufgestellt werden muss“, betont FVN-Geschäftsführer Josef Kremer. „Nur mit klimaneutralen Wärmequellen ist die Zukunftsfähigkeit der Fernwärmesysteme langfristig gesichert.“
>> THYSSENKRUPP: VERMARKTBARE ENERGIEMENGE IST GERING
- Der Energiebedarf für die Stahlproduktion bei TKSE ist mit 50 Terawattstunde (TWh) pro Jahr zwar gewaltig, doch vermarktet werden aktuell nur rund 150 Megawatt eines Überschusses von rund 300 Megawatt, erklärte TKSE-Energiechef Peter Petri in einem Gespräch mit dieser Zeitung.
- Etwa die Hälfte der aus Kohle produzierten 50 Milliarden Kilowattstunden Energie werde im Produktionsprozess verbraucht, erklärt Petri. Die andere Hälfte werde freigesetzt, zum Großteil als Kuppelgase.
- Das Gas wird entweder im werkseigenen Kraftwerk für den eigenen Bedarf verstromt oder eingesetzt zur Befeuerung der Aggregate wie Winderhitzer an den Hochöfen oder Öfen der Walzwerke.
- Die Auskopplung der Abwärme für externe Fernwärme-Produzenten hat dennoch eine lange Tradition: Die bis zu 400 Grad heißen Abgase des Warmbandwerks Beeckerwerth nutzt die Fernwärme Niederrhein schon seit Ende der 1970er Jahre.