Duisburg. In Duisburg gibt es seit Jahren zu wenig Kita-Plätze. Wie groß der Mangel wirklich ist, weiß allerdings keiner so genau. Die Stadt will das jetzt ändern.

Im Dezember beginnen die Kindertageseinrichtungen mit der Belegung ihrer Plätze. Eine spannende Zeit für Eltern, die nach der idealen Betreuung für ihren Nachwuchs suchen, aber um die schon Jahre anhaltende Platznot wissen.

In Duisburg gibt es jedes Jahr einige Mütter und Väter, die sogar androhen, vor Gericht zu ziehen, um ihren Anspruch auf einen Betreuungsplatz zu erstreiten. Er gilt rein rechtlich ab dem vollendeten ersten Lebensjahr eines Kindes. Die Stadt Duisburg konnte Rechtsstreitigkeiten bislang meist im Vorfeld verhindern und Lösungen anbieten.

Die Stadtverwaltung bemüht sich seit Jahren, Kitaplätze in Duisburg zu schaffen. Im vergangenen Jahr standen bei der Gebag 15 Neubauten in unterschiedlichen Planungsstadien auf dem Programm, sie sollen perspektivisch den Mangel beheben. Allein 2023 fehlten über 2000 Plätze, 2024 waren es noch rund 1500 Plätze, betreut wurde durch Überbelegungen in vollen Gruppen oder in alternativen Angeboten etwa bei den „FlüKids“.

U3-Plätze: Stadt Duisburg berechnet Quoten mit einer Elternumfrage aus 2009

Wie groß der Mangel wirklich ist, weiß allerdings keiner so genau, denn die Stadt arbeitet mit längst überholten Stammdaten. Die Bedarfsermittlung von U3-Plätzen für Kinder unter drei Jahren basiert auf einer Elternumfrage, die 2009 durchgeführt wurde. Der Rat der Stadt beschloss damals vom Ergebnis ausgehend, dass es reicht, wenn für Kinder unter drei Jahren eine 32-prozentige Bedarfsdeckung gewährleistet ist.

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Darauf basiert bis heute der Kindergartenbedarfsplan. Er zeigt detailliert auf Stadtteilebene, wo Plätze fehlen, wo Plätze entstehen und – seltener – wo genug Plätze vorhanden sind. Die Darstellung hat aber Schönheitsfehler. Immer wieder werden zum Beispiel Plätze in Kitas mit eingerechnet, die noch gar nicht gebaut oder mit den Trägern verabredet wurden.

Teilzeitquote bei Müttern mit Einjährigen liegt bei 46 Prozent

Die Drucksache DS 09-0808 aus 2009 wird alle Jahre wieder als Berechnungsbasis zitiert, zeigt aber schon lange nicht mehr den tatsächlichen Bedarf. Die Erwerbstätigenquote von Eltern mit mindestens einem Kind unter sechs Jahren lag 2023 in Deutschland bei 65,4 Prozent. Bei Vätern liegt die Quote laut Demografie-Portal konsequent über 80 Prozent, die wenigsten davon arbeiten in Teilzeit.

Bei Müttern arbeitet das Gros in Teilzeit, beginnt damit aber früh: Schon wenn das jüngste Kind noch ein Säugling ist, arbeiten elf Prozent der Mütter, ab dem 1. Geburtstag steigt die Quote auf 46 Prozent, ab dem zweiten Geburtstag liegt sie bei 63 Prozent und bei Kindern über drei Jahren bei 74 Prozent. Es ist das Delta von Duisburg, denn die Stadt rechnet mit 32 Prozent aller Eltern, die schon unter Dreijährige betreut wissen wollen.

Das Jugendamt will nun zumindest „prüfen“, ob 2025 eine neue Elternbefragung durchgeführt werden kann, schreibt Stadtsprecher Falko Firlus auf Anfrage. „Ziel dieser Umfrage ist es, die aktuellen Versorgungsquoten mit dem tatsächlichen Bedarf abzugleichen, um sich daraus ergebende Folgeschritte in die Wege zu leiten.“

Stadtsprecher Falko Firlus äußert sich zu Plänen des Jugendamtes, nach 2009 erneut eine Elternumfrage in Duisburg zu starten.
Stadtsprecher Falko Firlus äußert sich zu Plänen des Jugendamtes, nach 2009 erneut eine Elternumfrage in Duisburg zu starten. © Zoltan Leskovar | Stadt Duisburg/Zoltan Leskovar

Stadt arbeitet mit Zielquoten von 40 Prozent für U3-Kinder

Familien, die akut auf Betreuung angewiesen sind, werden durch die Umfrage, so sie denn kommt, keine schnellen Veränderungen spüren. Nur die Größe des Betreuungslochs wird klarer. Und der Personalmangel bleibt als zusätzliches Problem ebenfalls erhalten. Firlus schreibt deshalb: „Für das Kindergartenjahr 2025/2026 werden die bisherigen stadtweiten Zielquoten von 95 Prozent für über Dreijährige (Ü3) und 32 Prozent für unter Dreijährige (U3) zugrunde gelegt.“

Abgesehen von diesen Zielquoten arbeite das Jugendamt mit Zielquoten von 98 Prozent bei über Dreijährigen und 40 Prozent bei unter Dreijährigen, die auch in die Planungen für den Kita-Ausbau einfließen. Für die Einschätzung liefere die Anmeldung über das Online-Portal Kita Place „wertvolle Einblicke in die Bedarfe vor Ort“, schreibt Firlus. „Im Duisburger Süden und in Mitte ist die Nachfrage nach U3-Plätzen besonders hoch. Die Versorgungsquoten sind hier gut und liegen bei bis zu 62 Prozent, während in anderen Bezirken wie Hamborn die Nachfrage geringer ausfällt.“

Solche lokalen Unterschiede fließen direkt in die Planungen ein, um den Familienbedarfen möglichst gerecht zu werden, betont der Stadtsprecher. „Stadtweit ist der Bedarf an Ü3-Plätzen jedoch weitgehend gleichbleibend hoch.“

Angst um Kita-Plätze: Eltern umgehen Tagesmütter

Eine wichtige Stütze bei der Betreuungssicherung sind die Plätze, die Tagesmütter anbieten, im laufenden Kita-Jahr sind es rund 1500. Sie beklagten im vergangenen Jahr erstmals, dass Eltern sie umgehen aus Sorge, später keinen Kita-Platz zu bekommen. Manche Väter und Mütter melden ihren Nachwuchs schon für die U3-Betreuung in einer Kita an. Sicher ist sicher, denkt offenbar manche Familie.

Dazu erklärt Firlus, dass diese „Herausforderung“ dem Jugendamt bekannt sei und sehr ernst genommen werde. 2024 gab es erstmals freie Plätze in der Kindertagespflege – das sei eine Situation, welche auch in umliegenden Kommunen beobachtet wurde. Man habe aber erfolgreich gegensteuern und alle Plätze füllen können. Man habe „alle Anfragen auf Notfallplätze für die Kindertageseinrichtungen im U3-Bereich auf den Bereich der Kindertagespflege umgeleitet.“

Eltern würden bei Kita-Anmeldungen durch die Einrichtungen selbst oder das Kita-Place-Team aktiv über die Möglichkeit der Kindertagespflege informiert, betont der Stadtsprecher. Ziel sei, das Vertrauen in dieses Betreuungsmodell zu stärken und Anmeldungen besser zu lenken. Für Kinder unter drei Jahren gelten Plätze in Kitas und Kindertagespflegen rechtlich als gleichwertiges Angebot.

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>> INFORMATIONEN ÜBER DIE BETREUUNGSARTEN IN DUISBURG

Über die städtische Internetseite können sich Eltern über die Vorteile der Kindertagespflege wie individuelle Betreuung, Flexibilität und familiäre Atmosphäre informieren, sagt Stadtsprecher Falko Firlus.

Auf der Webseite duisburg.de gibt es Infos über die Kitas in städtischer Trägerschaft. Im Vergabeportal Kita Place 2.0 kann man sein Kind für einen Betreuungsplatz anmelden.

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