Duisburg. Schüler belästigten einen Obdachlosen im Duisburger Hauptbahnhof. Der reagierte mit einer Attacke – und spricht vor Gericht Klartext.
Ein 65 Jahre alter Obdachloser wurde am späten Abend des 26. Oktober 2021 im Duisburger Hauptbahnhof von drei Jugendlichen belästigt. Der Mann reagierte mit Gewalt: Er schubste einen 14-Jährigen vom Fahrrad. Wegen gefährlicher Körperverletzung stand er nun vor dem Amtsgericht am König-Heinrich-Platz.
Der 14-Jährige landete vor einer Schaufensterscheibe. Die Anklage warf dem 65-Jährigen vor, ihm bei dem Geschehen noch einen Tritt versetzt zu haben. Der Mann gab zu, den Jungen vom Fahrrad geschubst zu haben. Er habe mit dem Außenrist auch noch in seine Richtung getreten. „Ob ich ihn getroffen habe, weiß ich aber nicht. Heute tut es mir Leid.“
Angeklagter aus Duisburg: „Das konnte ich mir nicht gefallen lassen.“
Von wirklichem Schuldbewusstsein konnte bei dem 65-Jährigen aber keine Rede sein. „Die sind mit ihren Fahrrädern um mich rumgefahren“, berichtete er. „Die haben sich wie Halbstarke benommen, haben mich nach Zigaretten gefragt. Ich habe mich bedroht gefühlt.“
Die Bundespolizei hatte zuletzt eingegriffen. Auf die Frage, warum er, statt Selbstjustiz zu betreiben, die Polizei nicht zur Hilfe gerufen habe, hatte der 65-Jährige eine eindeutige Haltung: „Ich konnte mir das doch nicht einfach gefallen lassen“, so der Angeklagte. „Hätte ich den nicht vom Fahrrad geschubst, würde der heute noch hinter mir herfahren. Bin ich als Obdachloser denn Mülleimer für alle?“
Schüler erinnerte sich kaum noch
Der inzwischen 17 Jahre alte Schüler erinnerte sich kaum noch an den Vorfall. Er gab zu, dass er und seine Freunde den Obdachlosen ärgerten. „Dann gab es irgendwie ein Gerangel und er hat mich vom Fahrrad geworfen.“ An einen Tritt erinnerte sich der Jugendliche nicht. Auch verletzt worden sei er nicht. „Man hat mich zwar ins Krankenhaus gefahren, aber da war nix.“ Insgesamt sei das alles nicht so schlimm gewesen, so das Fazit des Teenagers.
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Die Strafrichterin verurteilte den Angeklagten statt wegen gefährlicher nur wegen vorsätzlicher Körperverletzung. Mit Blick darauf, dass die Tat inzwischen lange zurückliegt und der 65-Jährige nicht vorbestraft war, muss er eine Geldstrafe von 200 Euro (40 Tagessätze zu je fünf Euro) zahlen. Ob das dem Angeklagten, der keine staatliche Hilfe in Anspruch nimmt, sondern von Spenden und vom Dosensammeln lebt, gelingen kann, ist fraglich. Falls nicht, wird er knapp sechs Wochen ins Gefängnis müssen.