Duisburg/Rostock. 10.679 Kunden geprellt, ein Schaden von 4,34 Millionen Euro. Dafür sollen zwei Duisburger ins Gefängnis. Das Urteil wollen sie nicht akzeptieren.
Erst am 80. Prozesstag brechen Fillipo S. und Bastian D. ihr Schweigen. Die beiden 41-jährigen Duisburger, Italiener der eine, deutscher Staatsbürger der andere, legen umfassende Geständnisse ab und gestehen den massenhaften Betrug mit Fake-Shops im Internet. 10.679 vermeintliche Kunden sollen sie in Deutschland, Österreich und der Schweiz geprellt haben.
„Der angerichtete wirtschaftliche Gesamtschaden beträgt mehr als 4,34 Millionen Euro“, sagt Holger Schütt, Pressesprecher des Rostocker Landgerichts, vor dem die beiden Duisburger fast zwei Jahre lang standen. Das Urteil spricht die 8. Große Strafkammer am 83. Verhandlungstag: Der mutmaßliche Haupttäter S. soll wegen gewerbsmäßigen Bandenbetrugs für sieben Jahre und neun Monate ins Gefängnis, sein Komplize D. für fünf Jahre und neun Monate.
„Geschäftsidee“ kam den Duisburgern schon 2019
Auf ihre „Geschäftsidee“ sollen die beiden Männer im Herbst 2019 gekommen sein. Die Masche war immer die gleiche. Im Netz ziehen sie von Duisburg und anderen Städten aus echt aussehende Plattformen im Internet hoch, auf denen sie diverse Artikel aus dem Sport- und Freizeitbereich, aber auch Haushaltsgeräte und Elektronik anbieten: Fahrräder, E-Bikes, Gartenpools, Gartenhäuser, Rasentraktoren, Trampoline, Crosstrainer, Hantelbänke, Kaffeevollautomaten, Waschmaschinen, Kühlschränke, Laptops, Mobiltelefone, Fernsehgeräte und Spielekonsolen.
Sie kassieren per Vorkasse, geliefert wird nichts. Die Shops nehmen sie Tage oder Wochen darauf wieder offline. Rund 30 davon soll es gegeben haben. Zwei Jahre lang geht das so, dann fliegen die Männer auf. Die Ermittler beschlagnahmen bei der Festnahme der beiden Festplatten, Notebooks, Mobiltelefone und USB-Sticks, pfänden Luxus-Autos und Rolex-Uhren und stellen 371.000 Euro sicher.
Mammut-Prozess: 83 Verhandlungstage, mehr als 200 Zeugen
„Den Angeklagten ging es allein darum, die Gelder für sich zu vereinnahmen und für ihren Lebensunterhalt sowie den Erwerb von Luxusgütern zu verwenden“, sagt Schütt. Sie hätten sich so eine „eine dauerhafte Einnahmequelle zur Finanzierung eines luxuriösen Lebensstils“ erschlossen. Die treibende Kraft soll S. gewesen sein. Er ist mehrfach vorbestraft, auch einschlägig. In Einzelfällen zahlten Betroffene den Betrügern mehrere Tausend Euro, ohne irgendeine Ware zu erhalten.
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Mehr als 200 Geschädigte hat die Kammer im Rahmen des Mammut-Prozesses - allein die Verlesung der Anklage hat mehrere Tage gedauert - als Zeugen vernommen. Das Verfahren gegen die Duisburger ist vor dem Landgericht Rostock geführt worden, weil es auch Opfer in Mecklenburg-Vorpommern gab und dort eine Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Informations- und Kommunikationskriminalität arbeitet, die den Fall übernommen hatte.
Das Urteil gegen die beiden Duisburger fiel bereits Ende November. Inzwischen ist auch klar, dass es nicht rechtskräftig ist. Sowohl die Angeklagten wie auch die Staatsanwaltschaft haben Revision eingelegt. Die Ankläger hatten für D. und S. eine Strafe von acht Jahren und neun Monaten beziehungsweise sieben Jahren und drei Monaten gefordert. Ihre Anwälte hatten sich für deutlich mildere Strafen ausgesprochen. Auf freien Fuß kommen D. und S. nicht. Sie bleiben laut Beschluss des Gerichts weiter in Untersuchungshaft, bis der Bundesgerichtshof über die Revision entschieden hat. Dort sitzen sie jetzt seit drei Jahren.