Duisburg. Nach dem Eklat in Duisburg soll eine externe Kanzlei die Organisation der Feuerwehr überprüfen. Zum Zug kommt ausgerechnet ein alter Bekannter.
Gibt es Fehler im System? Eine externe Kanzlei soll die Organisationsstruktur der Duisburger Feuerwehr unter die Lupe nehmen. Das hatte Stadtdirektor Martin Murrack im September angekündigt, nachdem bekannt wurde, dass er dem Verwaltungsleiter fristlos gekündigt und den Feuerwehrchef beurlaubt hatte.
Einen Betrugsverdacht hegt die Stadt bei der Arbeitszeiterfassung und bei der Anschaffung privat genutzter Dinge. Wie berichtet, ermittelt inzwischen das LKA.
Jetzt ist auch bekannt, wer den Zuschlag für die juristische Analyse bekommen hat: Die ausgeschriebene „Compliance-Beratung für das Amt 37 – Feuerwehr der Stadt Duisburg“ von Januar bis März 2025 übernimmt die Kanzlei mt aus Duisburg.
Neue Kanzlei mit bekanntem Chef für die Compliance-Analyse gewählt
Wem das nichts sagt: Die Kanzlei wurde erst im Sommer gegründet, „Law is in the air“ steht bildschirmfüllend auf der Startseite ihrer Webseite. Die Fotos zeigen keinen Unbekannten: Einer der führenden Köpfe in dieser Kanzlei ist Jürgen C. Brandt, Stadtdirektor a.D., ehemaliger Beigeordneter, ehemaliger SPD-Oberbürgermeisterkandidat und definitiv einer der bekannteren Sozialdemokraten der jüngeren Geschichte Duisburgs.
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Auf der nächsten Seite der Kanzlei folgt die Info: „Wir haben die Lizenz zum klagen“. Dazu sieht man die Rechtsanwälte Michael Teschner und Jürgen C. Brandt aus voller Seele lachend von der Seite.
„Da wurde nichts gekungelt!“
Stadtdirektor Martin Murrack betont, dass es ein offenes Ausschreibungsverfahren gab und mehrere Interessensbekundungen. Die Vergabestelle des Rathauses habe die Angebote ausgewertet, „und das Büro Brandt hat das Rennen gemacht“. Rein fachlich ist das wohl auch unstrittig.
Aber hat es nicht ein Geschmäckle, wenn der amtierende Stadtdirektor dem Amtsvorgänger, einem Genossen zumal, einen Auftrag erteilt? Ist es Compliance-gerecht zugegangen für einen Auftrag zum Thema Compliance? Murracks Antwort: „Da wurde nichts gekungelt.“
Brandt habe auch bei der Auflösung des Immobilienmanagements Duisburg IMD schon die Stadtverwaltung beraten, damit habe sie gute Erfahrung gemacht. Der Vorteil für die anstehende Analyse innerhalb der Feuerwehr sei, dass Brandt die städtischen Strukturen kennt und sein Team sofort starten könne, „jeder Externe hätte sich erst einarbeiten müssen“, erklärt Murrack. „Aus meiner Sicht ist das eine gute Lösung.“
„Parteizugehörigkeit ist kein Ausschlusskriterium“
Kristina Dörnenburg hat ebenfalls keine Bedenken. Die Fachanwältin für Verwaltungsrecht von der Kanzlei Dombert sagt, dass die Parteizugehörigkeit eines Anwalts kein Ausschlusskriterium sei: „Wenn die vergaberechtlichen Vorgaben eingehalten wurden, wenn die Kanzlei die wirtschaftlichste war und die entsprechende Erfahrung mitbringt, ist das eine gute Ausgangslage.“
Complianceregeln, wie es sie etwa bei Polizeibehörden gibt, die bei internen Ermittlungen aus Neutralitätsgründen regelmäßig auf Nachbarbehörden setzen, gebe es für die Beauftragung von Anwälten nicht, sagt Dörnenburg. „Ich gehe davon aus, dass sich die Stadt hier doppelt und dreifach abgesichert hat.“
Weitere Aufarbeitungen innerhalb der Feuerwehr sollen folgen
Stadtdirektor Martin Murrack betont, dass dieser erste Auftrag nur eine kleine Compliance-Analyse sei, die sich vor allem mit den Vorwürfen des Rechnungsprüfungsamtes (RPA) auseinandersetzen soll. Wie berichtet, hatte das RPA schon vor zwei Jahren laut Kritik geäußert am Umgang mit öffentlichen Geldern, beleglosen Ausgaben im fünfstelligen Bereich. Im Laufe des Jahres werde noch ein größerer Auftrag ausgeschrieben.
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Gesucht werden dann Experten, die herausarbeiten sollen, ob es strukturelle Probleme innerhalb der Feuerwehr gibt. „Es geht nicht darum, dass es keine Regeln innerhalb der Feuerwehr gibt, sondern dass sie zum Teil anders gelebt wurden“, verdeutlicht Murrack die Problemlage.
Geklärt werden müsse, welche Regeln im Amt geändert und welche wieder ins Bewusstsein gerufen werden müssen. In dem Zusammenhang müsse geprüft werden, ob die Funktion des Verwaltungsleiters gestärkt werden sollte. „Gab es zuvor eine klare Befehlshierarchie ohne Widerworte?“, fragt sich der Stadtdirektor.
Disziplinarverfahren gegen den beurlaubten Feuerwehrchef
Gegen den seit September beurlaubten Feuerwehrchef Oliver Tittmann soll außerdem noch in diesem Jahr ein Disziplinarverfahren in Gang gesetzt werden. Das ist im Beamtenrecht erforderlich, wenn es den Verdacht eines Dienstvergehens gibt.
Mögliche Disziplinarmaßnahmen reichen von einem Verweis oder einer Geldbuße über Bezugskürzungen und Zurückstufungen bis zur Entfernung aus dem Dienst, der Kürzung oder Aberkennung des Ruhegehaltes.
Dieser Artikel wurde erstmals am 6. Oktober veröffentlicht, das Update mit der Einschätzung einer Fachanwältin erfolgte am 9. Oktober.