Duisburg. Die Zahlen der Duisburger Polizei alarmieren: Auf Friedhöfen wird immer öfter teurer Grabschmuck gestohlen. Was Betroffene jetzt fordern.

Die Grabstätte seiner Schwiegereltern hat für Kurt Oellig eine besondere Bedeutung. Einmal pro Woche schaut der 71-Jährige auf dem Waldfriedhof in Duisburg-Wanheimerort nach dem Rechten und genießt die Ruhe. Doch was auf dem größten Friedhof der Stadt zuletzt geschah, bringt den Duisburger aus der Fassung.

Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit wurden Gegenstände von dem großen Familiengrab entwendet. „Zuerst haben sie die Grabvase vom Marmorsockel herausgebrochen und gestohlen und wenig später wurde dann eine große Blumenpflanzschale samt Marmorsockel und Betonklotz entwendet“, ärgert sich Oellig.

Diebstähle auf dem Friedhof: Keine Lösung in Sicht

Die Grabstätte seiner Schwiegereltern hat für Kurt Oellig eine besondere Bedeutung. Doch zuletzt gab es hier viel Ärger: Mehrfach entwendeten Diebe Grabschmuck von dem großen, perfekt gepflegten Grab.
Die Grabstätte seiner Schwiegereltern hat für Kurt Oellig eine besondere Bedeutung. Doch zuletzt gab es hier viel Ärger: Mehrfach entwendeten Diebe Grabschmuck von dem großen, perfekt gepflegten Grab. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Beide Male ging es den Tätern wohl um die Bronze, aus der Vase und Schale gefertigt waren. Dabei sei nicht nur das Grab der Schwiegereltern betroffen gewesen. „Hier lagen überall Vasen herum, es war alles herausgerissen, und was sie nicht gebrauchen konnten, haben sie einfach liegengelassen.“

Doch damit nicht genug: Um es Dieben schwerer zu machen, habe ein Steinmetz den Marmorsockel der Vase umgearbeitet und eine versenkte Vase mit Bronzeabdeckung daraus erstellt, erzählt Oellig. „Doch als ich wieder auf den Friedhof kam, konnte ich es kaum glauben: Der Bronzedeckel war weg. Also ein erneuter Diebstahl!“ Kurt Oellig schüttelt den Kopf.

Silke Kersken-Peters, WBD-Sprecherin.

„ Nach unserer Wahrnehmung ist die Zahl der Diebstähle in diesem Jahr außergewöhnlich hoch.“ “

Silke Kersken-Peters
Wirtschaftsbetriebe Duisburg

So wie ihm geht es aktuell vielen Duisburgern. Denn auf Friedhöfen wird immer mehr geklaut. Das bestätigen Zahlen der Polizei: 2022 habe es insgesamt 156 Vorfälle gegeben, bei denen Metall oder ähnliche Stücke vom Friedhof oder von Gräbern gestohlen worden seien, erklärt eine Sprecherin auf Nachfrage der Redaktion. Aus 2023 seien 68 Fälle bekannt. Und in diesem Jahr (bis November) seien bereits 164 Anzeigen eingegangen.

Die Wirtschaftsbetriebe (WBD), die in Duisburg die Friedhöfe verwalten, berichten sogar noch von mehr Diebstählen. „In diesem Jahr mussten wir leider mehrere hundert Fälle von Diebstahl und Vandalismus und letztendlich von Störung der Totenruhe feststellen“, erklärt WBD-Sprecherin Silke Kersken-Peters auf Nachfrage dieser Redaktion.

Eine exakte Aussage sei zwar nicht möglich. Aber so viel stehe fest: „Nach unserer Wahrnehmung ist die Zahl der Fälle in diesem Jahr jedoch außergewöhnlich hoch.“

So viele Diebstähle habe es gegeben, dass die Friedhofsverwaltung – wie zuvor üblich – keine Anzeigen mehr entgegennehmen konnte. „In der Vergangenheit haben wir Angehörige bei der Aufnahme von Anzeigen unterstützt. In diesem Jahr mussten wir sie jedoch wegen der Vielzahl der Fälle bitten, sich direkt an die Polizei zu wenden.“

Grabschmuck wird immer öfter entwendet: Polizei nennt konkrete Zahlen

Auf dem Waldfriedhof haben auch mehrere bekannte Duisburger ihre letzte Ruhestatt gefunden. Im Bild zu sehen ist die Grabstelle der Familie König (König-Brauerei).
Auf dem Waldfriedhof haben auch mehrere bekannte Duisburger ihre letzte Ruhestatt gefunden. Im Bild zu sehen ist die Grabstelle der Familie König (König-Brauerei). © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Für Kurt Oellig ist auch die Stadt Duisburg für diese Entwicklung verantwortlich. „Wenn im Internet öffentlich zu lesen ist, dass der Waldfriedhof rund um die Uhr geöffnet ist, ist das ja eine Einladung für die Diebe.“ Der 71-Jährige wünscht sich eine Kameraüberwachung an den Eingangstoren oder dass die Friedhöfe (wieder) abgeschlossen werden. „Das war ja früher auch so.“

Wirtschaftsbetriebe: Kameraüberwachung ist rechtlich nicht möglich

Für die WBD sind das aber keine sinnvollen Maßnahmen. Zum einen greife eine dauerhafte Videoüberwachung eines öffentlichen Raumes erheblich in die Grundrechte von Personen ein und sei deswegen rechtlich nicht möglich, erklärt Silke Kersken-Peters. Zum anderen zeige die Erfahrung, dass Diebe sich nicht über die offiziellen Zugänge Zutritt zu den Friedhöfen verschafften. In den meisten Fällen würden Kriminelle die Zäune mit Gewalt und/oder professionellem Werkzeug öffnen, um ungesehen auf den Friedhof zu gelangen.

Wie also können Friedhöfe besser geschützt werden? Grundsätzlich, sagt Silke Kerken-Peters, würden die kommunalen Friedhöfe auch als öffentliche Grünanlagen genutzt und seien für alle Bürgerinnen und Bürger frei zugänglich.

„Auf einer offenen, frei zugänglichen Fläche kann leider kein durchgängiger Schutz vor Diebstahl oder Vandalismus erreicht werden.“ Im Alleingang könnten die Wirtschaftsbetriebe deswegen „den anhaltenden negativen Trend der zunehmenden Rücksichtslosigkeit und des abnehmenden Respekts vor dem Eigentum Anderer“ nicht abwenden.

WBD: „Keine wertvollen Gegenstände als Grabschmuck verwenden“

Und so bleibt den WBD nur der Rat, keine wertvollen Gegenstände als Grabschmuck zu verwenden. Im Schadensfall empfehle man, immer Anzeige bei der Polizei zu stellen. „Wenn möglich, unterstützen wir dabei.“

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Für Kurt Oellig ist das keine befriedigende Lösung. Er wolle nicht sagen, dass früher alles besser war. „Aber früher gab es eine Aufsicht, die tagsüber mit dem Dienstrad über den Friedhof fuhr, und die Gräber kontrollierte.“ Mittlerweile seien die Zustände auf dem Waldfriedhof aber „unerträglich“, schimpft der 71-Jährige und zuckt mit den Schultern. Denn eigentlich kommt er zum Grab seiner Schwiegereltern, um einfach nur die Ruhe spüren.