Duisburg-Wanheimerort. Am Telefon ist eine Duisburger Tierärztin bedroht worden. Welche Maßnahmen sie jetzt ergreift. Und wieso die Gewalt in Tierarztpraxen zunimmt.
Wer mit seinem Vierbeiner in die Sprechstunde von Tierärztin Anna-Lena Eichenberg in Duisburg-Wanheimerort möchte, der muss seit kurzem klingeln. Die Türe, die direkt in die geräumige Praxis führt und früher immer offen war, ist nun fest verschlossen. Die Mitarbeiterinnen öffnen erst, wenn sie gesehen haben, wer draußen wartet. Denn ihre Chefin wurde bedroht.
Am Telefon sei ein Patientenbesitzer verbal auf sie losgegangen, erzählt Dr. Anna-Lena Eichenberg. Weitere Details könne sie aktuell nicht nennen, da es sich bei der Sache um ein laufendes Verfahren handele. Die 41-Jährige hat Anzeige erstellt. Die Polizei ermittelt.
Verbale Attacke auf Tierärztin: „Man muss das ernst nehmen“
![Auf einem Schild erklärt die Praxis von Dr. Eichenberg, wieso die Türe nicht mehr automatisch öffnet. Auf einem Schild erklärt die Praxis von Dr. Eichenberg, wieso die Türe nicht mehr automatisch öffnet.](https://img.sparknews.funkemedien.de/407725717/407725717_1732199175_v16_9_1200.jpeg)
So viel steht aber fest: Es gab Differenzen über eine Behandlung, und daraus folgten massive Drohungen. Auf einem Zettel, der an der Eingangstüre zur Praxis hängt, ist zu lesen, dass Anna-Lena Eichenberg am Telefon von einem Aggressor mit Körperverletzung bedroht worden sei. Man werde deswegen die automatische Türöffnung bis auf Weiteres einstellen.
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„Man muss das ernst nehmen“, sagt Eichenberg. „Ich bin wirklich entsetzt, dass das passiert ist.“ Angst habe sie zwar keine, nur ein „gewisses Unsicherheitsgefühl“. Aber vor allem ihr Team wolle und müsse sie schützen. Deswegen die verschlossene Türe, die aber von den meisten ihrer Patientenbesitzer gut angenommen werde. Sie bekomme viel Zuspruch dieser Tage, sagt die Veterinärin.
Doch insgesamt habe sich die Gesellschaft verändert. „Die Leute denken viel an sich“, beschreibt Eichenberg. Sie selbst erlebe das immer wieder in ihrem Alltag. „Wenn Termine nicht abgesagt werden oder manche einfach zu spät zum Termin erscheinen.“
„Bei vielen ist die Zündschnur kürzer geworden“
![Tierärztin Dr. Anna-Lena Eichenberg in ihrer Praxis, in der es ein eigenes Wartezimmer nur für Katzen gibt. Tierärztin Dr. Anna-Lena Eichenberg in ihrer Praxis, in der es ein eigenes Wartezimmer nur für Katzen gibt.](https://img.sparknews.funkemedien.de/407725774/407725774_1732199175_v16_9_1200.jpeg)
Auch dass sie bedroht wurde, empfindet die 41-Jährige als Folge eines gesellschaftlichen Wandels. Bei vielen sei die Zündschnur kürzer geworden, es gebe insgesamt weniger Respekt. „Man hört es ja immer öfter, dass Rettungskräfte oder Polizisten angegriffen oder behindert werden. Das ist inzwischen in der Tiermedizin angekommen, leider.“
Ein Grund an der Entwicklung könnten – wie manche Tierklinik aus dem Ruhrgebet berichtet – auch die Kosten sein, mit denen sich viele Tierbesitzer konfrontiert sehen: Ende 2022 war eine neue Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) in Kraft getreten. Die Preise für Behandlungen wurden dadurch kräftig angehoben, teils sogar verdoppelt. „Ich sehe ein, dass es wirklich teuer geworden ist“, sagt Anna-Lena Eichenberg. Aber die Preiserhöhungen sei nötig gewesen. „Tierarztpraxen sind kleine Wirtschaftsunternehmen. Und es hatte zuvor mehr als 20 Jahre lang keine Erhöhung der Gebühren gegeben.“
Immerhin: Dass sie von einem Patientenbesitzer angegangen wurde, hat sie in dieser Form das erste Mal erlebt. Eichenberg will deswegen nicht auf das Negative schauen, sondern das Positive in den Fokus stellen: „Die meisten Menschen, die in unsere Praxis kommen, sind sehr, sehr nett.“
Auch Bundestierärztekammer sieht Zunahme der Gewalt
- Was die Duisburger Tierärztin Anna-Lena Eichenberg erlebt hat, ist kein Einzelfall.
- In einem gemeinsamen Schreiben an das Justizministerium haben Anfang Oktober 2024 die Bundestierärztekammer (BTK) und der Bundesverband praktizierender Tierärzte (bpt) erklärt, dass auch Tierärzte und Tierärztinnen einer erhöhten Gefahr von Gewalt ausgesetzt seien und damit mit Helfern aus Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdienst gleichgestellt werden müssten.
- Hintergrund ist eine Änderung des Strafgesetzbuches, mit der Vollstreckungsbeamte, Rettungskräfte sowie „dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten“ besser vor Übergriffen geschützt werden sollen, und die Anfang September 2024 im Bundeskabinett beschlossen wurde.