Duisburg. In Duisburg sollen Schüler mit Unterstützungsbedarf künftig präventiv Hilfe bekommen. Warum Schulbegleiter trotzdem am Rathaus protestieren.

Es kann mehr und ist unterm Strich sogar günstiger: Schulbegleitung in Duisburg soll künftig über das präventive Infrastrukturmodell geleistet werden. Im Schulausschuss wurde das Vorhaben begrüßt.

Im vergangenen Schuljahr wurde es erstmals an acht Schulen getestet. Ziel war eine für alle praktikablere Organisation der Schulbegleiter, Inklusionshelfer, Integrationshelfer, all jener, die Kindern zur Seite springen, wenn sie allein im Unterricht und im Schulalltag nicht klar kommen.

Die Bilanz war bei allen Beteiligten durchweg positiv, berichtet die Stadtverwaltung, deshalb sollen zum Schuljahr 2025/26 weitere Schulen mit dem Modell beginnen, parallel will sich die Stadt vom bisherigen IGH-Poolmodell trennen.

Das präventive Infrastrukturmodell ist günstiger und spart Folgekosten

In einer Vorlage erklärt die Stadtverwaltung: „Die entsprechende Hilfe soll allen Schülerinnen und Schülern mit Bedarfen zeitnah, präventiv und niedrigschwellig zur Verfügung stehen.“ Sie kostet im Schnitt pro Kind 21.036 Euro pro Schuljahr und würde Folgekosten verhindern helfen. Schlimmstenfalls wären das Schulersatzmaßnahmen, die 60.000 Euro pro Fall pro Jahr kosten, oder auch eine stationäre Unterbringung, die mit 80.000 Euro zu Buche schlägt.

Die Vorteile des neuen Infrastruktur-Modells:

  • Eltern müssen sich nicht durch komplexe Anträge kämpfen, haben keine langen Wartezeiten bei der Hilfe für ihr Kind.
  • In den Schulen kann Schulbegleitung schon vorbeugend im Unterricht ansetzen. Weil das Modell weitgehend auf eine 1:1-Betreuung verzichtet, ist das Risiko einer Überbetreuung geringer. Die Kinder haben mehr Chancen, sich individuell weiterzuentwickeln, auch die Gefahr der Stigmatisierung sinkt.
  • Jede Schule hat einen festen Träger als Ansprechpartner, ebenso feste Schulbegleiter-Teams. Im ersten Jahr ergaben sich dadurch eine bessere Zusammenarbeit, verbindliche Kommunikations- und Vertretungsstrukturen.
  • Für die Kinder war die Betreuung im ersten Probedurchlauf verlässlicher.
  • Die alte Einzelfallhilfe war für Träger deutlich personalintensiver. Der Fachkräftemangel machte das zunehmend zum Problem.

GEW fordert bessere Arbeitsbedingungen

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert in diesem Kontext erneut bessere Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten. Über ein Dutzend Schulbegleiter von mehreren Trägern postierten sich vor dem Rathaus und beobachteten später von den Balkonen aus die Sitzung.

Ein Ärgernis sind in den Augen von Rüdiger Wüllner und Bianca Wirth vom Arbeitskreis Schulbegleitung die Arbeitsverträge. Sie laufen nur elf Monate, sparen die Sommerferien aus und zwingen Betroffene, sich in den Sommerferien arbeitssuchend zu melden. Das „sind wiederholte Schläge ins Gesicht der Beschäftigten“, schreiben sie.

Eine Schulbegleiterin betont, dass sie für diese Zeit bis heute kein Geld vom Arbeitsamt bekommen habe und sich das ohne familiäre Unterstützung gar nicht leisten könne.

Gewerkschaft fordert mehr Wertschätzung für Beschäftigte

Die Erfahrung von mehrjährig Beschäftigten müssten zudem stärker wertgeschätzt werden. Sie dürften von den Trägervereinen nicht als unerfahrene Berufsanfänger behandelt werden und müssten Chancen bekommen, sich weiterzuqualifizieren. Für eine zumindest mittelfristige Lebensplanung der Beschäftigten müssten Entfristungen möglich werden, fordert die GEW.

Im Ausschuss forderte Wüllner zudem eine Tarifbindung der Trägervereine. Öffentliche Aufträge sollten daran geknüpft werden. Bildungsdezernentin Astrid Neese erklärte, dass sie das Anliegen nachvollziehen könne und den Hinweis mitnehme.

Die ebenfalls von der Gewerkschaft geäußerte Forderung nach mehr Wertschätzung der Schulbegleiter als wichtigem Standbein an Schulen, nach mehr Kommunikation auf Augenhöhe in den Kollegien müsse vor Ort in den Schulen geregelt werden.

Schuldezernentin Astrid Neese  will die Anregung der Gewerkschaft GEW zur Tarifbindung von Trägern im Integrationsmodell „mitnehmen“.
Schuldezernentin Astrid Neese will die Anregung der Gewerkschaft GEW zur Tarifbindung von Trägern im Integrationsmodell „mitnehmen“. © FUNKE Foto Services | Oliver Mueller

>>SCHÜLERZAHLEN STEIGEN UND MIT IHNEN DER FÖRDERBEDARF

  • Insgesamt ist die Schülerschaft in Duisburg zwischen 2016 und 2023 laut Stadtverwaltung um 8,15 Prozent gewachsen, die Anzahl der Schülerinnen und Schüler mit dem Förderschwerpunkt der geistigen Entwicklung um 59,4 Prozent, der emotional-sozialen Entwicklung um 18,7 Prozent sowie der sonstigen Formen von Beeinträchtigung um 26,0 Prozent.
  • In Duisburg ist die Zahl der Schulbegleitungen allein vom Schuljahr 2021/22 zum Schuljahr 2022/23 um 7,8 Prozent gestiegen.