Duisburg. Kontroverse Diskussion um Gewalt und Bedrohungen im Walsumer Bezirksamt: Die Stadt Duisburg schaltet sich ein. Was jetzt passieren soll.
Ist es für die städtischen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Bezirksamt von Duisburg-Walsum gefährlich? Häufen sich dort die Übergriffe im Bürgerservice? Davon ist Jörg Nikulka vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) überzeugt und verweist auf Gespräche mit mehreren Betroffenen. Die Angst geht demnach in der Behörde um. Er fordert einen Sicherheitsdienst, damit die Angestellten in Frieden arbeiten können, ohne beleidigt, bedroht oder angegriffen zu werden.
- Die WAZ-Lokalredaktion Duisburg hält Sie auch hier auf dem Laufenden: zum WhatsApp-Kanal +++ Duisburg-Newsletter gratis ins E-Mail-Postfach schicken lassen +++ WAZ Duisburg bei Instagram +++ WAZ Duisburg bei Facebook
Einen enstprechenden Antrag stellte Jörg Nikulka jetzt, unterstützt durch die SPD-Fraktion, in der Bezirksvertretung Walsum. Die Mitglieder dieses Stadtteilparlaments werteten den Antrag mehrheitlich als Ohrfeige gegen Oberbürgermeister Sören Link (SPD). Als oberster Dienstherr ist er für die Sicherheit seiner Mitarbeiter zuständig.
Kontroverse Diskussion um Gewalt im Walsumer Bezirksamt
Deshalb bezweifelte die CDU, dass der Antrag eine Rechtsgrundlage hat. Außerdem waren die Christdemokraten nicht der Ansicht, dass überhaupt die Gewalt im Bezirksamt eskaliert und dass der Kundenkontakt für die Mitarbeiter gefährlich ist. „Im Personalamt gibt es keine Hinweise auf solche schweren Sachverhalte“, betonte Ratsherr Elmar Klein und stärkte damit Sören Link den Rücken.
Auch interessant
Selbst verteidigen konnte der Oberbürgermeister sich nicht; er war in der Sitzung nicht anwesend. „Wenn wir hier eine Gefahrenquelle hätten, dann hätte der OB gehandelt und Personal eingesetzt“, so Klein weiter. Er und die übrigen Christdemokraten gaben sich überzeugt: „Es besteht hier keine konkrete Gefahrenlage.“ Somit war für sie kein Sicherheitspersonal im Walsumer Bürgerservice nötig.
Stadt Duisburg wehrt sich gegen Vorwürfe
Das sah auch die Stadt Duisburg so, wie aus ihrer Stellungnahme hervorging, die Bezirksmanagerin Yvonne Lamontaine verlas. Demnach sind im Jahr 2024 in allen Bürgerservicestationen „fast ausschließlich Polizeieinsätze wegen der Vorlage von gefälschten Dokumenten erfolgt“. Dabei soll es sich vor allem um gefälschte Pässe oder Wohnungsgeberbescheinigungen gehandelt haben. In solchen Fällen sind die Behörden verpflchtet, die Polizei zu rufen.
Zwar wurden Polizistinnen und Polizisten auch nach Beleidgungen und anderen Übergriffen auf Mitarbeiter oder auf Kunden alarmiert, doch die Stadt ordnet ein: „Es kam in allen Bürgerservicestationen zu insgesamt drei Strafanzeigen aufgrund von Beleidigung oder Bedrohung.“ In Walsum gab es keinen Vorfall, der eine Anzeige nach sich zog.
Antragsteller Jörg Nikulka sah trotzdem weiterhin „Gefährdungspotenzial“ und führte als Argument die bislang 24 Polizeieinsätze am Walsumer Rathaus in Aldenrade an. Dass Polizeibeamte sogar ein Messer einkassierten, wie eine Sprecherin gegenüber der Redaktion bestätigt hatte, nannte das BSW-Mitglied als zwingenden Grund für einen Sicherheitsdienst: „Wer geht denn bewaffnet ins Bürgerbüro? Das grenzt an Wahnsinn!“
Bezirksmanagerin ordnet Messerfund ein
Obwohl sich die Bezirksmanagerin nicht an alle 24 Polizeieinsätze in diesem Jahr erinnern konnte, war es ihr möglich, den Messerfund genauer einzuordnen. Behördenmitarbeiter haben demnach einen polizeilich gesuchten Mann erkannt und den Notruf gewählt. Nach dem Einsatz sei das Bezirksamt informiert worden, dass er ein Messer bei sich trug. „Es gab keine Messerattacke“, betonte Yvonne Lamontaine entschieden.
Damit hatte sie offenbar einen Großteil der Bezirksvertreterinnen und Bezirksvertreter davon überzeugt, dass die Beschäftigten im Bürgerservice oder im Bezirksamt nicht stark gefährden sind. Dass sich dort keine Übergriffe häufen und dass dort nicht die Gewalt eskaliert.
Forderung nach einem Sicherheitsdienst ist vom Tisch – zunächst
Auffällig: Während der gesamten Diskussion blieben die Sozialdemokraten mucksmäuschenstill. Zwar hatten sie mit Jörg Nikulka vom Bündnis Sahra Wagenknecht den Antrag auf einen Sicherheitsdienst für den Bürgerservice gemeinsam gestellt. Aber sie sprangen ihrem Mitantragsteller argumentativ nicht zur Seite. Vielmehr nutzten sie eine kurze Sitzungspause, um sich außerhalb des Saals nichtöffentlich mit ihm zu besprechen.
Anschließend wollten die Sozialdemokraten nicht mehr über künftige Security im Bezirksamt entscheiden. Stattdessen beauftragten sie die Stadtverwaltung per Mehrheitsbeschluss, zu überprüfen, wie gefährlich die Arbeit im Bürgerservice tatsächlich ist. Dass seine Forderung nach einer Security in einen Prüfauftrag umgewandelt wurde, trug auch Jörg Nikulka mit; alle übrigen Fraktionen enthielten sich.
Auch interessant
„Mit dieser Lösung kann jeder leben“, befand Detlef Frese später gegenüber der Redaktion. Der SPD-Fraktionschef bereue nicht, dass die Sozialdemokraten den von BSW-Antrag unterstützt und ihm damit erst auf die Tagesordnung verholfen haben. Einzelvertreter ohne eigene Fraktion sind in dem Gremium alleine nicht antragsberechtigt.
„Es geht nicht um die Zahl der Einsätze, sondern darum, dass etwas passiert ist.“
Die Diskussion über die Anzahl der Polizeieinsätze und der Anzeigen hielt Frese aber für wenig zweckmäßig. „Es geht nicht um die Zahl der Einsätze, sondern darum, dass etwas passiert ist.“ War die Forderung nach Security ein Angriff auf den Oberbürgermeister als Dienstherr der Betroffenen? So mochte Frese ihn keinesfalls verstanden wissen. Denn für den Sozialdemokraten gehöre es auch zur Aufgabe der Bezirksvertretung, Beschwerden über mangelnde Sicherheit im Bürgerservice nachzugehen.
+++ Folgen Sie der WAZ Duisburg auch auf Instagram +++
Dass sich die Bezirksvertretung nicht dazu durchgerungen hat, für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bürgerservice einen Sicherheitsdienst zu fordern, damit ist Jörg Nikulka jedoch als Initiator des Antrags „absolut nicht zufrieden“. Da Ausländerämter und das Jobcenter eine Security haben und brauchen, fand er, sollten auch die Bürgerservicestationen Sicherheitskräfte bekommen.
Ob ein Sicherheitsdienst nötig ist, das muss jetzt die Stadtverwaltung offiziell überprüfen. Allerdings scheint das Prüfergebnis durch die vorliegende Stellungnahme aus dem Duisburger Rathaus bereits klar zu sein.
>> Die Polizei hatte im laufenden Jahr bereits 24 Einsätze am Bezirksrathaus in Duisburg-Walsum
- Die Polizei Duisburg musste nach eigenen Angaben im laufenden Jahr bereits 24 Mal zum Walsumer Rathaus (Friedrich-Ebert-Straße 152) ausrücken. Davon ordnet die Behörde neun Einsätze als Übergriffe ein und meint Vorfälle wie Beleidigungen, Belästigungen oder Körperverletzungen.
- Oft reiche es aber, dass die Polizei den Tätern einen Platzverweis ausspricht. Zudem komme es vor, dass sich eine Situation allein dadurch entschärft, dass der Notruf gewählt wird. Dann melden sich die Anrufer kurz darauf und geben Entwarnung. Oder alle Beteiligten sind bereits wieder friedlich, wenn die Polizistinnen und Polizisten eintreffen.
- Zum Bezirksrathaus beziehungsweise zu dessen Adresse werden Polizisteibeamten aber auch gerufen, wenn im Umfeld eine verdächtige Person beobachtet wird. Solch ein Einsatz hat dann nicht zwingend etwas mit dem Bezirksamt oder mit dem Bürgerservice zu tun.
>> Während der Corona-Zeit hatte die Bezirksämter einen Sicherheitsdienst
- Sicherheitsleute haben die Duisburger Bezirksämter während der Corona-Pandemie eingesetzt. Die Security-Mitarbeiter wurden nach Angaben der Verwaltung für Zugangskontrollen gebraucht, bei denen überprüft und überwacht wurde, ob die Corona-Schutzmaßnahmen eingehalten wurden.
- Nachdem die Corona-Krise beendet war, so die Stadtverwaltung, „wurde die Bereitstellung von Security-Kräften eingestellt“.